S T I L L E
Um mich her hochkonzentrierte Geschäftigkeit. Nein, keine Hektik, kein Durcheinander. Sie halten an sich und besprechen sachlich das weitere Vorgehen. Aber ich spüre ihr inneres Vibrieren. Sie wollen wissen, unbedingt. Die Ornithologin ist schon eine Nummer. Ein bisschen verrückt, glaube ich. Als sie kurz allein mit mir im Raum war, hat sie mich auf die Stirn geküsst und mir ins Ohr geflüstert, dass sie ganz sanft sein werde. Sie hat einen irren weißen Haarschopf, dem mit einem Kamm wohl nur schwer beizukommen ist. Trägt knallroten Lippenstift. Der ist schon ein bisschen verwischt, weil sie immer wieder den Zeigefinger auf ihre gekräuselten Lippen legt. Dann halten lustigerweise auch alle anderen inne, so deutlich zeigt ihre Geste, dass sie eine Denkpause braucht.
S T I L L E
Ich habe mich ein wenig verliebt. Wie ich mich immerzu verliebt habe. In Menschen, die minimal abweichen. Und das erklärt doch schon alles, nicht wahr? Denn wer, bitteschön, weicht bei genauerem Hinsehen nicht ab von der Masse? Die ganze Masse ist, in ihren Einzelteilen besehen, ein einziges Abweichen und sich Positionieren auf winzigkleinem Raum, der nur eine einzige Person fasst. Nur dass ich bei manchen genauer hinsehe als bei anderen. Weil sie unmittelbar meinen Instinkt ansprechen. Wie Bluhm und Treuer mit ihrer auffälligen stillen Zugewandtheit. Wie die Ornithologin mit ihrer offensichtlichen Schrägheit. Wobei die, natürlich, auch allen anderen hier auffällt. Da werden überraschte und amüsierte und genervte Blicke getauscht. Da wird auch mal hörbar geseufzt. Mir gefällt's.
S T I L L E
Ihr merkt, ich vibriere selbst ein wenig. Meine Melancholie weicht einer Art gespannter Vorfreude. Und fast könnte ich über meiner Menschenverliebtheit den Ernst der Lage vergessen. Aber keine Sorge, Schwestern, das tue ich nicht. Ich traue den Menschen hier im Raum einiges zu. Versteht, dass sie Zeit brauchen, um das alles zu verdauen! Ich bin in guten Händen. Soeben wird das Sezierbesteck ausgebreitet. Es geht los.
S T I L L E
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