Es ist dir verboten ...
... den Mund aufzumachen, wenn die Erwachsenen sich unterhalten.
... dem Lehrer zu widersprechen.
... in der Kirche laut zu lachen.
... bei Rot über die Straße zu gehen.
... einen kurzen Rock zu tragen.
... deinen Freund mit aufs Zimmer zu nehmen.
... bis weit in den Tag im Bett zu liegen.
... das Tun deiner Eltern in Frage zu stellen.
... am Wort Gottes zu zweifeln.
... zu begehren.
... Geschlechtsverkehr vor der Ehe zu haben.
... deinen Körper zu zeigen.
... dein Haar offen zu tragen.
... den Pfarrer gewisser Dinge zu beschuldigen.
... den Namen des Herrn unnütz zu gebrauchen.
... Andersgläubige oder ihren Gott zu beleidigen.
... deinen Gott zu verleugnen.
... dich vom Glauben abzuwenden.
... deinen Glauben offen zu bekennen.
... deine Kinder nicht impfen zu lassen.
... deine Organe nicht zu spenden.
... in der Öffentlichkeit zu rauchen.
... dein Antlitz zu verhüllen.
... dein Haar zu bedecken.
... dein Kreuz zu tragen.
... ein Geheimnis zu haben.
Es ist dir all dies und noch viel mehr verboten, denn dies ist eine freie und friedliebende Gesellschaft, die mit Vorliebe und voller Weisheit Verbote erlässt, damit niemand durch Abweichungen irritiert wird oder gar provoziert, zum Widerspruch gereizt und einen Streit vom Zaun bricht, der eskalieren könnte, da wir es nicht gewohnt sind, Unbekanntes hinzunehmen und Unliebsames auszuhalten Dies ist eine freie Gesellschaft, deren vielzählige Verbote ebendieser Freiheit und dem inneren Frieden dienen, denn wir sind zu verwöhnt und zu empfindsam, um Störendes auszuhalten, da geraten wir leicht aus der Bahn und sind schnell auf Hundertachtzig, nicht mehr kommunikationsbereit und -fähig, da wird es schnell gefährlich, so empfindlich und harmoniebedürftig sind wir. Da ist es einfach gut und wichtig, dass Papa und Mama Staat uns mit ihrer weisen Verbotgebung schützen, vor allem vor uns selbst und unserer eskalationsbereiten Natur. Deshalb sagen wir auch gerne Ja und Amen zu immer neuen Verboten jeglicher Art, ob es nun um böse, böse Worte geht, um gefährliches Gedankengut vom linken oder rechten Rand, um Zigarette, Impfung, Kopftuch oder Kreuz. Danke, Papa und Mama Staat. Ja, Papa und Mama Staat. Danke, dass alles bis ins kleinste Detail so super geregelt ist und wir uns über nichts mehr Gedanken machen müssen. Und bitte, bitte regelt doch noch viel mehr, noch viele, viele kleine Details unseres alltäglichen Lebens mehr, damit unser Zusammenleben immer einfacher wird, überschaubarer und dadurch freier und friedlicher. Danke, lieber Staat. Und Amen. Und aus.
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Freitag, 19. Mai 2017
Donnerstag, 26. Januar 2017
Stein und Rose reloaded
Vor sieben Jahren habe ich ein kleines pazifistisches Gedicht geschrieben, mit dem ich hin und wieder neu konfrontiert werde, wenn meine Statistik mir anzeigt, dass es jemand aufgerufen hat.
Stein und Rose
Du hebst den Stein
Ich pflücke die Rose
Du holst weit aus
Ich strecke den Arm
Du wirfst den Stein
Ich reiche die Rose
Du triffst mich nicht
Aber ich treffe dich
(Man könnte auch sagen I had a dream)
Was dieses Gedicht für mich bedeutet und wie ich zu seiner Aussage stehe, unterliegt über die Jahre einem Wandel.
Stein und Rose
Du hebst den Stein
Ich pflücke die Rose
Du holst weit aus
Ich strecke den Arm
Du wirfst den Stein
Ich reiche die Rose
Du triffst mich nicht
Aber ich treffe dich
(Man könnte auch sagen I had a dream)
Was dieses Gedicht für mich bedeutet und wie ich zu seiner Aussage stehe, unterliegt über die Jahre einem Wandel.
Ganz am Anfang stand es in meinem Blog an prominenter Stelle, war immer gleich zu sehen und zu lesen. Irgendwann nahm ich es heraus, die Gründe sind komplex und beschämend simpel zugleich: Es wurde mir peinlich, da es mir (zu) naiv schien, nahezu kitschig, unterkomplex in einer komplexen Welt (dreimal komplex in einem Satz, uff ...).
Und heute?
Unablässig bin ich mit Nachrichten aus der Welt beschäftigt, reflektiere sie und meine Reaktion darauf, bin manchmal erstaunt über mich selbst, manchmal auch erschrocken, aber es schält sich etwas heraus, das schon damals, vor sieben Jahren (und wahrscheinlich schon in den Jahrzehnten zuvor) Grundlage meiner inneren Haltung war und ist:
Ich bin Pazifistin und (nicht aber!) eine radikale Verfechterin von Freiheitsrechten. Das ist nicht bequem, unter anderem deshalb, weil sich mein Platz häufig zwischen den Stühlen befindet. Beispiel: Auf welchen Stuhl soll ich mich setzen, wenn (alternativ: unter welchem Hut lässt sich zusammenfassen, dass) ich folgende Ansichten vertrete (eine kleine Auswahl, die willkürlich ist und keinen Prioritäten folgt):
– Refugees welcome! Ausnahmslos.
– Dem Islam ist dringend kritisch zu begegnen. Dies hat mit Islamophobie nichts zu tun und leitet sich ab aus einer grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber ausnahmslos jeder Religion, da jede in fundamentalistischer Ausprägung zu alleinigem Wahrheitsanspruch, geschlossenem Denk- und Argumentationssystem, Unterdrückung und Unterwerfung neigt.
– Frauenrechte sind Menschenrechte sind universell.
– Sexuelle Übergriffe, verbale ebenso wie tätliche, sind zu verfolgen und zu bestrafen bzw. durch jedes mögliche rechtsstaatliche Mittel zu verhindern. Ausnahmslos.
– Jeder Mensch hat ein Recht auf Asyl und darf auch dann nicht abgeschoben werden, wenn er straffällig wird, so lange sein Herkunftsland nicht wirklich sicher ist, d.h. die Menschenrechte vollumfänglich vertritt.
– Dank an die Polizei in der Kölner Silvesternacht 2016 für das Garantieren der Freiheitsrechte der Frauen.
– Nein zu verstärkter Abschiebepraxis (s.o.).
– Ja zum Nein des Verfassungsgericht zum NPD-Verbot. In meinen Augen ein Zeichen der Stärke unserer Demokratie. (auch wenn ich zugegebenerweise erstmal schlucken musste)
– Ja zu einer aktiven unablässigen Erinnerungskultur. Nein zur AfD und ihren nationalsozialistischen, zur Geschichtsklitterung neigenden Tendenzen.
– Ja zur geplanten Abschaffung des Paragraphen 103 der „Majestätsbeleidigung“.
– Nein zur Witzfigur Trump.
– Dank an alle, die gegen ihn und seine Politik der Dummheit demonstrieren.
– ...
Diese Liste stellt ein Sammelsurium dar, das unvollständig ist, aber vielleicht deutlich macht, warum ich mich weder auf links noch auf rechts platzierte Stühle setzen möchte. Und ich will mich noch nicht einmal, obwohl ich mich ihnen am nächsten fühle, den Humanisten anschließen. Solidarisch sein – ja, am ehesten noch mit Frauen (aber auch da nicht ausnahmslos), immer mit Einzelnen, Freiheitsliebenden; einer Gruppierung, einem Verein beitreten – nein.
Ausgangspunkt für diese Gedankensammlung war aber das Gedicht von Stein und Rose.
Ich finde mich wieder darin, nachdem ich es lange als zu einfach, als unterkomplex empfunden habe. Ich möchte wieder Rosen pflücken gegen die Steinewerfer. Keine überzüchteten Rosen ohne Dornen, nein, wildduftende müssen es sein, an denen man sich die Finger blutig sticht. Ich möchte diese Rosen auf die Stühle derer legen, die sich so sicher sind, auf der richtigen Seite zu sitzen. Auf die Rednerpulte derer, die ihre Fäuste niedersausen lassen zur Unterstreichung ihrer populistischen Parolen. Auf die Wege derer, die im Gleichschritt marschieren.
Man könnte auch sagen I have dream. Yes, I have.
Und heute?
Unablässig bin ich mit Nachrichten aus der Welt beschäftigt, reflektiere sie und meine Reaktion darauf, bin manchmal erstaunt über mich selbst, manchmal auch erschrocken, aber es schält sich etwas heraus, das schon damals, vor sieben Jahren (und wahrscheinlich schon in den Jahrzehnten zuvor) Grundlage meiner inneren Haltung war und ist:
Ich bin Pazifistin und (nicht aber!) eine radikale Verfechterin von Freiheitsrechten. Das ist nicht bequem, unter anderem deshalb, weil sich mein Platz häufig zwischen den Stühlen befindet. Beispiel: Auf welchen Stuhl soll ich mich setzen, wenn (alternativ: unter welchem Hut lässt sich zusammenfassen, dass) ich folgende Ansichten vertrete (eine kleine Auswahl, die willkürlich ist und keinen Prioritäten folgt):
– Refugees welcome! Ausnahmslos.
– Dem Islam ist dringend kritisch zu begegnen. Dies hat mit Islamophobie nichts zu tun und leitet sich ab aus einer grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber ausnahmslos jeder Religion, da jede in fundamentalistischer Ausprägung zu alleinigem Wahrheitsanspruch, geschlossenem Denk- und Argumentationssystem, Unterdrückung und Unterwerfung neigt.
„Es gab christlichen Terror wie zu Zeiten der Kreuzzüge, und es gab jüdischen Terror wie durch die Untergrundorganisation Irgun zur Zeit der israelischen Staatsgründung. Es gibt – man mag es kaum glauben – buddhistischen Terror in Myanmar gegenüber der islamischen Minderheit, und es gibt hinduistischen Terror, wie etwa in Form des Massenmords an Muslimen 2002 im indischen Gujarat.“
(aus: Oliver Jeges: Islamophobie? Wir nennen es Aufklärung, Welt online, 28.10.2014, ein Artikel, der nach wie vor aktuell und wichtig ist)
– Frauenrechte sind Menschenrechte sind universell.
– Sexuelle Übergriffe, verbale ebenso wie tätliche, sind zu verfolgen und zu bestrafen bzw. durch jedes mögliche rechtsstaatliche Mittel zu verhindern. Ausnahmslos.
– Jeder Mensch hat ein Recht auf Asyl und darf auch dann nicht abgeschoben werden, wenn er straffällig wird, so lange sein Herkunftsland nicht wirklich sicher ist, d.h. die Menschenrechte vollumfänglich vertritt.
– Dank an die Polizei in der Kölner Silvesternacht 2016 für das Garantieren der Freiheitsrechte der Frauen.
– Nein zu verstärkter Abschiebepraxis (s.o.).
– Ja zum Nein des Verfassungsgericht zum NPD-Verbot. In meinen Augen ein Zeichen der Stärke unserer Demokratie. (auch wenn ich zugegebenerweise erstmal schlucken musste)
– Ja zu einer aktiven unablässigen Erinnerungskultur. Nein zur AfD und ihren nationalsozialistischen, zur Geschichtsklitterung neigenden Tendenzen.
– Ja zur geplanten Abschaffung des Paragraphen 103 der „Majestätsbeleidigung“.
– Nein zur Witzfigur Trump.
– Dank an alle, die gegen ihn und seine Politik der Dummheit demonstrieren.
– ...
Diese Liste stellt ein Sammelsurium dar, das unvollständig ist, aber vielleicht deutlich macht, warum ich mich weder auf links noch auf rechts platzierte Stühle setzen möchte. Und ich will mich noch nicht einmal, obwohl ich mich ihnen am nächsten fühle, den Humanisten anschließen. Solidarisch sein – ja, am ehesten noch mit Frauen (aber auch da nicht ausnahmslos), immer mit Einzelnen, Freiheitsliebenden; einer Gruppierung, einem Verein beitreten – nein.
Ausgangspunkt für diese Gedankensammlung war aber das Gedicht von Stein und Rose.
Ich finde mich wieder darin, nachdem ich es lange als zu einfach, als unterkomplex empfunden habe. Ich möchte wieder Rosen pflücken gegen die Steinewerfer. Keine überzüchteten Rosen ohne Dornen, nein, wildduftende müssen es sein, an denen man sich die Finger blutig sticht. Ich möchte diese Rosen auf die Stühle derer legen, die sich so sicher sind, auf der richtigen Seite zu sitzen. Auf die Rednerpulte derer, die ihre Fäuste niedersausen lassen zur Unterstreichung ihrer populistischen Parolen. Auf die Wege derer, die im Gleichschritt marschieren.
Man könnte auch sagen I have dream. Yes, I have.
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Sonntag, 7. Februar 2016
Auweia oder: Zack, Stempel drauf
Echt extrem, das alles. Was genau? Die ganze Stimmung. Die Lautstärke. Die Positionierungen. Die Gegensätze. Das Be- und Verurteilen. Die Lagerbildung. Die Angst. Das Geschrei. Das Verstummen. Das alles.
Jede Äußerung, scheint mir, wird im Schnellverfahren daraufhin untersucht, in welche Kategorie sie und ihr Absender einzuordnen sind. Und dann: Zack, Stempel drauf und Zack, ab in die Schublade. Von denen gibt es nur zwei: eine linke und eine rechte. Manchmal wird man umsortiert, evtl. sogar mehrmals, sorgt für Verwirrung (Hä? Gestern hat sie noch gesagt, sie will mit dem Islam nichts zu tun haben, heute sagt sie Refugees welcome, und zwar ohne Obergrenze. Gestern ist sie noch für Frauenrechte eingetreten, heute wettert sie gegen #ausnahmslos. Ja was denn nun?)
Leute! Schon mal was von Komplexität gehört? Von Differenzierung? Von Sowohl als auch statt Entweder oder? (Ich weiß, das sagte ich bereits an anderer Stelle, evtl. sogar mehrmals. Das muss so.)
Kann es vielleicht sein, dass sie für einen grundsätzlich scharfen kritischen Umgang mit den Religionen ist, und zwar mit allen? (Achsooooo!)
Kann es vielleicht sein, dass sie sich grundsätzlich einer humanistischen Haltung verpflichtet fühlt, weil sie diese als einzige für geeignet erachtet, ein friedliches und freiheitliches Miteinander zu gewähren? (Achsooooooo!)
Kann es vielleicht sein, dass sie alle Menschenrechte als gleich wichtig erachtet und deshalb beispielsweise die Gleichberechtigung nicht der Meinungsfreiheit unterordnet oder umgekehrt sondern sie nur miteinander verwirklicht sieht? (Ahaaaaaaa!)
Kann es vielleicht sein, dass sie nicht so schnell darin ist, sich eine Meinung festzuzurren, weil sie gerne jedes einzelne Detail anhand der oben genannten Kriterien überprüft? Dass sie Zeit zum Denken braucht, zum Nachdenken, dies gerne auch laut tut, weil es dann klarer wird, es gerne auch öffentlich tut, immer in der Hoffnung auf andere, die nicht gleich mit Zack, Stempel drauf, Zack, Schublade zu reagieren, sondern die ebenso nachdenken, abwägen, gerne in den Dialog treten zwecks eines gemeinsamen Lernprozesses. Und die währenddessen erstmal helfen, wo Hilfe nötig ist, einfach aus dem Grund, weil sie nötig ist ...
Ich bin es so müde, dieses: Zack, Türe zu. Zack, Faust auf den Tisch. Zack, Dagegen demonstriert. Zack, Aktionsbündnis gebildet. Zack, Denkverbot erteilt. Zack, Zäune nach außen errichtet. Zack, Zäune im Inneren errichtet. Zack, Stempel drauf. Zack, Schublade zu.
Erst wird scharf beobachtet, dann wird scharf geschossen, erst mal nur mit Worten und Blicken (Wenn die töten könnten! Auweia.)
Man traut sich kaum noch ...
Dabei müsste man dringend ...
Jede Äußerung, scheint mir, wird im Schnellverfahren daraufhin untersucht, in welche Kategorie sie und ihr Absender einzuordnen sind. Und dann: Zack, Stempel drauf und Zack, ab in die Schublade. Von denen gibt es nur zwei: eine linke und eine rechte. Manchmal wird man umsortiert, evtl. sogar mehrmals, sorgt für Verwirrung (Hä? Gestern hat sie noch gesagt, sie will mit dem Islam nichts zu tun haben, heute sagt sie Refugees welcome, und zwar ohne Obergrenze. Gestern ist sie noch für Frauenrechte eingetreten, heute wettert sie gegen #ausnahmslos. Ja was denn nun?)
Leute! Schon mal was von Komplexität gehört? Von Differenzierung? Von Sowohl als auch statt Entweder oder? (Ich weiß, das sagte ich bereits an anderer Stelle, evtl. sogar mehrmals. Das muss so.)
Kann es vielleicht sein, dass sie für einen grundsätzlich scharfen kritischen Umgang mit den Religionen ist, und zwar mit allen? (Achsooooo!)
Kann es vielleicht sein, dass sie sich grundsätzlich einer humanistischen Haltung verpflichtet fühlt, weil sie diese als einzige für geeignet erachtet, ein friedliches und freiheitliches Miteinander zu gewähren? (Achsooooooo!)
Kann es vielleicht sein, dass sie alle Menschenrechte als gleich wichtig erachtet und deshalb beispielsweise die Gleichberechtigung nicht der Meinungsfreiheit unterordnet oder umgekehrt sondern sie nur miteinander verwirklicht sieht? (Ahaaaaaaa!)
Kann es vielleicht sein, dass sie nicht so schnell darin ist, sich eine Meinung festzuzurren, weil sie gerne jedes einzelne Detail anhand der oben genannten Kriterien überprüft? Dass sie Zeit zum Denken braucht, zum Nachdenken, dies gerne auch laut tut, weil es dann klarer wird, es gerne auch öffentlich tut, immer in der Hoffnung auf andere, die nicht gleich mit Zack, Stempel drauf, Zack, Schublade zu reagieren, sondern die ebenso nachdenken, abwägen, gerne in den Dialog treten zwecks eines gemeinsamen Lernprozesses. Und die währenddessen erstmal helfen, wo Hilfe nötig ist, einfach aus dem Grund, weil sie nötig ist ...
Ich bin es so müde, dieses: Zack, Türe zu. Zack, Faust auf den Tisch. Zack, Dagegen demonstriert. Zack, Aktionsbündnis gebildet. Zack, Denkverbot erteilt. Zack, Zäune nach außen errichtet. Zack, Zäune im Inneren errichtet. Zack, Stempel drauf. Zack, Schublade zu.
Erst wird scharf beobachtet, dann wird scharf geschossen, erst mal nur mit Worten und Blicken (Wenn die töten könnten! Auweia.)
Man traut sich kaum noch ...
Dabei müsste man dringend ...
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Mittwoch, 27. Januar 2016
Das Internet geht mir auf die Nerven (Momentaufnahme)
Dieses Denken in Extremen. Wie verführerisch das doch ist. Welche wunderbare Zugehörigkeit es verschafft. Als Alternative scheint es für viele nur den sogenannten „goldenen Mittelweg“ zu geben, den sie zurecht unattraktiv finden, weil er erstens einsam und unpopulär ist und zweitens in der Regel nichts anderes als einen faulen Kompromiss bedeutet. Augen zu, Ohren zu, Mund zu um des lieben „Friedens“ willen.
Dabei gibt es weitere Möglichkeiten. Nur leider keine für Denkfaule, Mitläufer, Populisten und Feiglinge.
Da wäre zum einen die Möglichkeit der Differenzierung. Etwas, das den Extremen abgeht, immer, gleich welcher Couleur. Das genaue Hinsehen und exakte Benennen. Der Mut zum Fakt; der Verzicht auf ideologischen Rückhalt und auf das berauschende Gefühl, einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten anzugehören.
Da wäre zum anderen das Sowohl als auch. Was sich mit ersterem überschneidet.
Ich kann z.B. sowohl Mitglied bei Amnesty International sein (bin ich), die örtlichen Flüchtlinge freundlich willkommen heißen und unterstützen (tue ich), Kunden mit rechtsextremen Ansichten aus dem Laden werfen (habe ich getan), Leserbriefe gegen rechte Hetze schreiben (habe ich auch getan) als auch ein links-feministisches Aktionsbündnis wie #ausnahmslos ablehnen. Warum, habe ich den beiden letzten Blogartikeln andeutungsweise dargelegt.
Das Internet geht mir gerade auf die Nerven wie schon lange nicht mehr. Diese lauten Ränder! Trotzdem stürze ich mich ständig und fast schon suchtmäßig auf die neuesten Artikel und Kommentare, um meinen Unmut zu nähren. Dasist tut mir nicht gut.
Vielleicht klinke ich mich mal für eine Weile aus. Oder versuche, mich aus den Diskussionen im Netz herauszuhalten und stattdessen über andere Dinge zu schreiben ... Mal sehn, ob es mir gelingt.
Es geht um Freiheit. Immer. In jeder Hinsicht.
Dabei gibt es weitere Möglichkeiten. Nur leider keine für Denkfaule, Mitläufer, Populisten und Feiglinge.
Da wäre zum einen die Möglichkeit der Differenzierung. Etwas, das den Extremen abgeht, immer, gleich welcher Couleur. Das genaue Hinsehen und exakte Benennen. Der Mut zum Fakt; der Verzicht auf ideologischen Rückhalt und auf das berauschende Gefühl, einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten anzugehören.
Da wäre zum anderen das Sowohl als auch. Was sich mit ersterem überschneidet.
Ich kann z.B. sowohl Mitglied bei Amnesty International sein (bin ich), die örtlichen Flüchtlinge freundlich willkommen heißen und unterstützen (tue ich), Kunden mit rechtsextremen Ansichten aus dem Laden werfen (habe ich getan), Leserbriefe gegen rechte Hetze schreiben (habe ich auch getan) als auch ein links-feministisches Aktionsbündnis wie #ausnahmslos ablehnen. Warum, habe ich den beiden letzten Blogartikeln andeutungsweise dargelegt.
Das Internet geht mir gerade auf die Nerven wie schon lange nicht mehr. Diese lauten Ränder! Trotzdem stürze ich mich ständig und fast schon suchtmäßig auf die neuesten Artikel und Kommentare, um meinen Unmut zu nähren. Das
Vielleicht klinke ich mich mal für eine Weile aus. Oder versuche, mich aus den Diskussionen im Netz herauszuhalten und stattdessen über andere Dinge zu schreiben ... Mal sehn, ob es mir gelingt.
Es geht um Freiheit. Immer. In jeder Hinsicht.
Samstag, 23. Januar 2016
Lichtblicke in der Debatte um Köln
Es gibt Lichtblicke in der Debatte um die Silvesternacht in Köln, einer Debatte, die nun doch zunehmend stattfindet, auch wenn die Vertreter*innen der extremen Positionen, seien es rechtspopulistische oder links- u./o. feministisch-ideologische, samt ihrer Anhängerschaft noch so laut tönen. Es gibt sie inzwischen, die sachlichen, nüchtern argumentierenden Stimmen, die weder beschönigen noch polemisieren, sondern benennen und gemeinschaftlich nach Lösungsansätzen suchen.
Die „Kölner Botschaft“ ist so ein Lichtblick. Ein Statement prominenter Bürger der Stadt, das leidenschaftlich ist im Ausdruck seiner Liebe zu Köln und das sachlich ist in seinen Forderungen, die den Ereignissen der Silvesternacht und ihren Folgen entspringen:
Juttas Blogbeitrag „Kölner Botschaft“ statt #ausnahmslos ist ein weiterer Lichtblick in der Debatte. Sie analysiert in gewohnt kluger Weise, sieht genau hin, differenziert, und benennt konkret. Sie schreibt zu Beginn ihres Artikels:
Juttas Text wiederum wird von Bersarin in seinem Blogbeitrag „Kölner Botschaft“, Teil 2 aufgegriffen. Es pflanzt sich fort. Das lässt hoffen.
[...] Um der wachsenden Polarisierung in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken, ist es wichtig, an das Gemeinsame zu erinnern – und zwar auch ganz konkret mit Blick auf die Ereignisse der Silvesternacht. Denn gleich welchen Geschlechts und Alters wir sind, welcher Herkunft und Religion, welchen Beruf wir ausüben und welcher Partei wir angehören, welche sexuelle Orientierung wir haben und welche private Leidenschaft - wir alle wollen uns in Köln sicher, frei und offenen Blicks bewegen. So haben wir vier Forderungen aufgeschrieben, von denen wir glauben, dass sie nicht nur unsere eigenen sind. Und wir haben jeweils Erläuterungen hinzugefügt, die bei manchen wahrscheinlich Widerspruch provozieren – aber das ist auch gut, solange es ein konstruktiver, im Ton nicht verletzender Widerspruch ist. Nichts tut aus unserer Sicht mehr not, als die Debatte zu versachlichen, die wir in Köln und über Köln hinaus spätestens seit der Silvesternacht zu Recht führen. [...]Die vier Forderungen (in ihren Überschriften):
1. Keinerlei Tolerieren von sexueller Gewalt
2. Kampf gegen bandenmäßige Kriminalität
3. Konsequenzen aus dem behördlichen Versagen
4. Schluss mit fremdenfeindlicher Hetze – Deutschland bleibt ein gastfreundliches Land
Juttas Blogbeitrag „Kölner Botschaft“ statt #ausnahmslos ist ein weiterer Lichtblick in der Debatte. Sie analysiert in gewohnt kluger Weise, sieht genau hin, differenziert, und benennt konkret. Sie schreibt zu Beginn ihres Artikels:
Ich habe #ausnahmslos, den "Aufruf des progressiven Feminismus", wie "Der Freitag" diese Reaktion auf die Silvesternacht von Köln nennt, nicht unterzeichnet. Obwohl ich - selbstverständlich - ausnahmslos gegen sexualisierte Gewalt, Sexismus und Rassismus bin, egal von wem sie ausgehen.Liebe Jutta, ich freue mich sehr über deinen Mut und deine Klarheit. Danke dafür!
Wer allerdings sexualisierte Gewalt, Sexismus und Rassismus auch für strukturelle Probleme (patriarchaler) Gesellschaften und Weltanschauungen hält - und nicht nur für individuelle Defekte - , muss sich durchaus Fragen zum sogenannten "soziokulturellen Hintergrund" von Tätern stellen. [...]
Juttas Text wiederum wird von Bersarin in seinem Blogbeitrag „Kölner Botschaft“, Teil 2 aufgegriffen. Es pflanzt sich fort. Das lässt hoffen.
Liebe Leser*innen, das ist viel Stoff, der sich aber lohnt, wenn man unter all den einseitigen Überzeugungen, die einem vor allem im Netz verzehrfertig aufgetischt werden, Anstöße zum differenzierten und vor allem Selber-Denken sucht.
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Textfund
Sonntag, 17. Januar 2016
2Wochenrückblick 4. - 17. Januar 2016
gelesen:
Don Winslow: Missing. New York
Zwei Mädchen sind verschwunden, die eine wird schon bald gefunden, ermordet, der Täter ist schnell gefasst, die Akte wird daraufhin geschlossen. Nur Frank Decker glaubt nicht an ein Ende des Falls und ermittelt auf eigene Faust weiter, ganz das Klischee des guten Detectives und des harten Typs mit dem weichen Kern, ein Mann nicht nur auf der Suche nach einem verschwundenen Kind, sondern auch nach sich selbst. Man(n) kennt das. Trotzdem: Die Geschichte ist in sich glaubwürdig, gut aufgebaut und vor allem so fesselnd geschrieben, dass ich den Alltag um mich herum komplett vergaß. Das ist Entspannung pur, dafür lese ich Krimis.
Kleines Aber: Winslows bei Suhrkamp verlegte Krimis sind besser, komplexer, nicht wegen Suhrkamp, sondern umgekehrt, vermutlich; außerdem gibt es in Missing. New York patriotische Anklänge (Irakkrieg gut, Todesstrafe gut), weshalb ich ihn stellenweise mit ambivalenten Gefühlen gelesen habe.
Robert Seethaler: Ein ganzes Leben
Der Mann kann schreiben. Und zwar mit einer solchen Leichtigkeit, dass das Lesen der reinste Genuss ist. Schon mit dem Vorgängerroman Der Trafikant ging es mir so, hier nun wieder, wenn auch die Geschichte eine ganz andere und der Erzählstil diesmal karger, damit dem Sujet absolut angemessen ist.
Worum geht‘s: Um nicht mehr und nicht weniger als das ganze Leben eines einfachen Mannes, eines Einzelgängers in einem österreichischen Bergdorf, der im Laufe seines Lebens und in Anpassung an die politischen, gesellschaftlichen, technischen Veränderungen als Hilfsknecht, Seilbahnbauer, Soldat, Touristenführer arbeitet, eine einzige kurze große Liebe erlebt und am Ende, auf die anderen Dorfbewohner leicht verschroben wirkend, in selbstgesuchter Einsamkeit stirbt.
Gut 130 Seiten angefüllt mit Beschreibungen von archaischer Schönheit, taktvoller Charakterzeichnung und Würdigung eines Lebens in Schlichtheit und Selbstbescheidung, ohne Beschönigung oder Glorifizierung, beispielhaft für vermutlich viele Leben, die nunmal so und nicht anders verlaufen sind.
Laline Paull: Die Bienen
1. Freiheit ist eine Menschenpflicht.
2. #Hashtags machen Wörter kaputt.
(Ich wünsche uns allen, dass ausnahmslos jeder Aufschrei frei von Vereinnahmung durch ideologisch begründete #Hashtag Aktionen und Bündnisse gehört wird. Und ich wünsche den Wörtern, dass sie ideologisch unbesetzt bleiben. Ja. nennt mich ruhig naiv.)
3. Das Sprachlos ist wahrlich kein leichtes.
gefreut:
über einzelne Stimmen der Vernunft zwischen den sich gegenseitig übertönenden Gruppen von dumpfem gewaltbereitem Pack, pöbelnden Rassist*innen und ideologiegeschwängerten Besserwisser*innen und Welterklärer*innen
getrauert:
um David Bowie und Alan Rickman, zwei Wunderbare
Where are you now?
Im Netz gibt's so viele Nachrufe, Videos, Zitate, Links ..., dem muss ich nichts mehr hinzufügen
gehört:
klar, David Bowie
klar, Bob Dylan, The Cutting Edge 1965-1966, mein Weihnachtsgeschenk (und gedacht, bitte stirb du jetzt nicht auch noch)
und, in Dauerschleife, nachdem The Killing endgültig zu Ende war: den Schlusssong der letzten Folge der letzten Staffel (das Video mit Filmsequenzen zeige ich hier natürlich nicht, aus Spoilergründen :-))
Don Winslow: Missing. New York
Zwei Mädchen sind verschwunden, die eine wird schon bald gefunden, ermordet, der Täter ist schnell gefasst, die Akte wird daraufhin geschlossen. Nur Frank Decker glaubt nicht an ein Ende des Falls und ermittelt auf eigene Faust weiter, ganz das Klischee des guten Detectives und des harten Typs mit dem weichen Kern, ein Mann nicht nur auf der Suche nach einem verschwundenen Kind, sondern auch nach sich selbst. Man(n) kennt das. Trotzdem: Die Geschichte ist in sich glaubwürdig, gut aufgebaut und vor allem so fesselnd geschrieben, dass ich den Alltag um mich herum komplett vergaß. Das ist Entspannung pur, dafür lese ich Krimis.
Kleines Aber: Winslows bei Suhrkamp verlegte Krimis sind besser, komplexer, nicht wegen Suhrkamp, sondern umgekehrt, vermutlich; außerdem gibt es in Missing. New York patriotische Anklänge (Irakkrieg gut, Todesstrafe gut), weshalb ich ihn stellenweise mit ambivalenten Gefühlen gelesen habe.
Robert Seethaler: Ein ganzes Leben
Der Mann kann schreiben. Und zwar mit einer solchen Leichtigkeit, dass das Lesen der reinste Genuss ist. Schon mit dem Vorgängerroman Der Trafikant ging es mir so, hier nun wieder, wenn auch die Geschichte eine ganz andere und der Erzählstil diesmal karger, damit dem Sujet absolut angemessen ist.
Worum geht‘s: Um nicht mehr und nicht weniger als das ganze Leben eines einfachen Mannes, eines Einzelgängers in einem österreichischen Bergdorf, der im Laufe seines Lebens und in Anpassung an die politischen, gesellschaftlichen, technischen Veränderungen als Hilfsknecht, Seilbahnbauer, Soldat, Touristenführer arbeitet, eine einzige kurze große Liebe erlebt und am Ende, auf die anderen Dorfbewohner leicht verschroben wirkend, in selbstgesuchter Einsamkeit stirbt.
Gut 130 Seiten angefüllt mit Beschreibungen von archaischer Schönheit, taktvoller Charakterzeichnung und Würdigung eines Lebens in Schlichtheit und Selbstbescheidung, ohne Beschönigung oder Glorifizierung, beispielhaft für vermutlich viele Leben, die nunmal so und nicht anders verlaufen sind.
Laline Paull: Die Bienen
Aus den Klappentexten der gebundenen Fassung und des Taschenbuchs:
„Ihr Name ist Flora. Ihre Nummer 717. Sie ist ziemlich groß. Ihr Pelz ist struppig. Andere finden sie hässlich. Doch sie ist klug und mutig. Und sie muss sich gegen die Regeln des Bienenstocks behaupten, denn Flora 717 ist eine Biene. Genauer: eine Säuberungsbiene aus der untersten Kaste im Bienenkorb. Ausgestattet mit Fähigkeiten, die ihren Rang weit überschreiten, steigt sie schnell auf und darf sogar an der Seite der Königin leben. Alles scheint perfekt. Doch ohne es zu wollen, gebiert Flora eines Tages ein Ei. Ein Umstand, der allein der Königin vorbehalten ist und bei Missachtung schwer bestraft wird. Es beginnt ein Wettlauf um Zeit, Nahrung und Geschicklichkeit, um ihr Leben und das ihres geliebten Kindes zu bewahren. Laline Paull inszeniert gekonnt einen Roman über Aufstieg, Liebe und Gerechtigkeit.“
„Ihr Name ist Flora. Ihre Nummer 717. Sie ist ziemlich groß. Ihr Pelz ist struppig. Andere finden sie hässlich. Doch sie ist klug und mutig. Und sie muss sich gegen die Regeln des Bienenstocks behaupten, denn Flora 717 ist eine Biene. Genauer: eine Säuberungsbiene aus der untersten Kaste im Bienenkorb. Ausgestattet mit Fähigkeiten, die ihren Rang weit überschreiten, steigt sie schnell auf und darf sogar an der Seite der Königin leben. Alles scheint perfekt. Doch ohne es zu wollen, gebiert Flora eines Tages ein Ei. Ein Umstand, der allein der Königin vorbehalten ist und bei Missachtung schwer bestraft wird. Es beginnt ein Wettlauf um Zeit, Nahrung und Geschicklichkeit, um ihr Leben und das ihres geliebten Kindes zu bewahren. Laline Paull inszeniert gekonnt einen Roman über Aufstieg, Liebe und Gerechtigkeit.“
Dieses Buch ist ein Märchen für Erwachsene, es ist Abenteuerroman und düstere Fabel um das Leben in einem totalitären Staat, allerdings mit gutem Ausgang und einer extrem originellen Heldin.
„Ein hinreißendes Debüt“ meinte Denis Scheck und ich meine das auch.
„Ein hinreißendes Debüt“ meinte Denis Scheck und ich meine das auch.
geschaut:
The Killing
alle vier Staffeln
als Neuverfilmung der dänischen Serie Kommissarin Lund – Das Verbrechen produziert, aber in vielem abweichend und eigenständig, weshalb man die beiden nicht miteinander vergleichen muss, sie stehen jeweils für sich und ich habe die eine im letztem Jahr und die andere in den ersten zwei Wochen des neuen Jahres mit Begeisterung und fast suchtmäßig geschaut (Ach, und wie sich mein romantisches Herz über den Schluss der vierten Staffel von The Killing gefreut hat! Ich will hier aber nicht spoilern, falls jemand mitliest, der die Serie noch später als ich entdeckt.)
Bin jetzt in Linden & Holder verliebt.
alle vier Staffeln
als Neuverfilmung der dänischen Serie Kommissarin Lund – Das Verbrechen produziert, aber in vielem abweichend und eigenständig, weshalb man die beiden nicht miteinander vergleichen muss, sie stehen jeweils für sich und ich habe die eine im letztem Jahr und die andere in den ersten zwei Wochen des neuen Jahres mit Begeisterung und fast suchtmäßig geschaut (Ach, und wie sich mein romantisches Herz über den Schluss der vierten Staffel von The Killing gefreut hat! Ich will hier aber nicht spoilern, falls jemand mitliest, der die Serie noch später als ich entdeckt.)
Bin jetzt in Linden & Holder verliebt.
Season 1-3 Trailer
Season 4 Trailer
geschrieben:
wenig
Es gibt ein paar Dinge in meinem Privatleben, die mich momentan sehr einnehmen.
Und es gibt die Reaktionen von verschiedenen Seiten, teilweise ideologiebesetzt, auf die Silvesternacht in Köln, die mich allesamt ebenso fassungslos machen wie die Ereignisse selbst. Und die mich entgegen meiner sonstigen Art im Netz verstummen ließen. Aus Feigheit? Aus dem Gefühl, mit meiner Sicht, meinen Gedanken allein dazustehen? Aus der kleinlichen Sorge, mich vielleicht unbeliebt zu machen?
Natürlich ist es nie leicht, zwischen all den laut und selbstbewusst Auftretenden und sich immer gleich in Aktionsbündnissen Zusammenschließenden als Einzelne eine abweichende Meinung zu vertreten, eine, die sich irgendwie nirgendwo einordnen lässt.
Ich brauche Bedenkzeit, Einkehrzeit, andere einzelne Stimmen (die es zum Glück gibt! s.u.), den Austausch mit ihnen ...
Ich habe mich also bisher darauf beschränkt, wenn überhaupt, dann „um den heißen Brei“ herum zu schreiben und tue das auch hier wieder. Gefällt mir zwar nicht, geht aber einfach (noch) nicht anders.
Zwischendurch überlegte ich, über andere Dinge zu schreiben, aber das war mir nicht möglich, zu sehr bin ich innerlich von dem einen Thema besetzt. Lediglich das Dilemma Dinge, die mir auf der Seele brennen vs. selbstverordnete Sprachlosigkeit konnte ich ansatzweise formulieren.
So der derzeitige Stand. Immerhin reichte es für einen Wochenrückblick. Eine im letzten Jahr erwachte und nach wenigen Monaten schon wieder eingeschlafene neue Tradition in meinem Blog. Vielleicht lässt sie sich wachküssen.
gedacht:wenig
Es gibt ein paar Dinge in meinem Privatleben, die mich momentan sehr einnehmen.
Und es gibt die Reaktionen von verschiedenen Seiten, teilweise ideologiebesetzt, auf die Silvesternacht in Köln, die mich allesamt ebenso fassungslos machen wie die Ereignisse selbst. Und die mich entgegen meiner sonstigen Art im Netz verstummen ließen. Aus Feigheit? Aus dem Gefühl, mit meiner Sicht, meinen Gedanken allein dazustehen? Aus der kleinlichen Sorge, mich vielleicht unbeliebt zu machen?
Natürlich ist es nie leicht, zwischen all den laut und selbstbewusst Auftretenden und sich immer gleich in Aktionsbündnissen Zusammenschließenden als Einzelne eine abweichende Meinung zu vertreten, eine, die sich irgendwie nirgendwo einordnen lässt.
Ich brauche Bedenkzeit, Einkehrzeit, andere einzelne Stimmen (die es zum Glück gibt! s.u.), den Austausch mit ihnen ...
Ich habe mich also bisher darauf beschränkt, wenn überhaupt, dann „um den heißen Brei“ herum zu schreiben und tue das auch hier wieder. Gefällt mir zwar nicht, geht aber einfach (noch) nicht anders.
Zwischendurch überlegte ich, über andere Dinge zu schreiben, aber das war mir nicht möglich, zu sehr bin ich innerlich von dem einen Thema besetzt. Lediglich das Dilemma Dinge, die mir auf der Seele brennen vs. selbstverordnete Sprachlosigkeit konnte ich ansatzweise formulieren.
So der derzeitige Stand. Immerhin reichte es für einen Wochenrückblick. Eine im letzten Jahr erwachte und nach wenigen Monaten schon wieder eingeschlafene neue Tradition in meinem Blog. Vielleicht lässt sie sich wachküssen.
1. Freiheit ist eine Menschenpflicht.
2. #Hashtags machen Wörter kaputt.
(Ich wünsche uns allen, dass ausnahmslos jeder Aufschrei frei von Vereinnahmung durch ideologisch begründete #Hashtag Aktionen und Bündnisse gehört wird. Und ich wünsche den Wörtern, dass sie ideologisch unbesetzt bleiben. Ja. nennt mich ruhig naiv.)
3. Das Sprachlos ist wahrlich kein leichtes.
gefreut:
über einzelne Stimmen der Vernunft zwischen den sich gegenseitig übertönenden Gruppen von dumpfem gewaltbereitem Pack, pöbelnden Rassist*innen und ideologiegeschwängerten Besserwisser*innen und Welterklärer*innen
getrauert:
um David Bowie und Alan Rickman, zwei Wunderbare
Where are you now?
Im Netz gibt's so viele Nachrufe, Videos, Zitate, Links ..., dem muss ich nichts mehr hinzufügen
gehört:
klar, David Bowie
klar, Bob Dylan, The Cutting Edge 1965-1966, mein Weihnachtsgeschenk (und gedacht, bitte stirb du jetzt nicht auch noch)
und, in Dauerschleife, nachdem The Killing endgültig zu Ende war: den Schlusssong der letzten Folge der letzten Staffel (das Video mit Filmsequenzen zeige ich hier natürlich nicht, aus Spoilergründen :-))
The Jezabels: Peace of Mind
Montag, 23. November 2015
Zeichensetzen (Meta)
Eben stieß ich über mehrere Querverweise auf den Artikel Ein Zeichen setzen bei Holio, der mich dazu bewegte, über das Thema Zeichensetzen, speziell nach den Anschlägen in Paris, nachzudenken. Ich schrieb einen Kommentar unter seinen Artikel und stellte während meines Schreibens fest, dass ich von einer konkreten Reaktion auf einen Abschnitt in seinem Artikel mehr und mehr zu einem assoziierenden Nachdenken über meine eigenen Beweggründe hindriftete. Deshalb kopiere ich meinen Kommentar zusätzlich als eigenen Post hier herüber:
„Sie schreiben: „Bei Zeichen stellen sich Fragen.“ und fragen: „An wen richtet sich das Zeichen?“ und stellen ein paar Antwortmöglichkeiten vor: Terroristen (die aber weniger, sagen Sie), Medien, nähere Umgebung, als Ausdruck der Trauer (an wen gerichtet, sagen Sie da nicht).
Ich stelle mir auch Fragen zu den verschiedenen Zeichen, auch und vor allem zu denen, die ich selbst setze. (Kann ich, will ich, soll ich, darf ich, muss ich?) Die Frage, die ich mir dabei bisher nicht gestellt habe, ist die nach einem Adressaten. Deshalb verblüfft sie mich im ersten Moment, als ich sie hier bei Ihnen lese. Und ich überprüfe dann doch noch einmal meine Motivation, denn klar, das Zeichen, das ich setze, geht ja nach außen, wird sichtbar für jeden, der hinsieht. Beabsichtigt oder unbeabsichtigt?
Die Ereignisse in Paris begleiten mich seit ich davon erfuhr in meinem Denken und Tun. Ich schrieb darüber ( http://iris-bluetenblaetter.blogspot.de/2015/11/koln-paris-koln-oder-jetzt-erst-recht.html ), persönlich und ohne Manifestcharakter, mehr in dem Sinn eines Entwicklungsschritts, dem mit Sicherheit weitere folgen werden. Während ich für mich zu einer „Jetzt erst recht“-Haltung kam, war mein Blick auf Paris und auf mein Inneres gerichtet, nicht auf einen möglichen Adressaten. Das Gefühl, meine Haltung der Welt zeigen zu müssen, kam später dazu, aber auch da ohne einen bestimmten Adressaten im Blick. Der Gedanke dahinter vor allem, dass ich es mir selbst schulde und – vielleicht etwas abstrakt – den Werten, die mir wichtig sind. Und eigentlich zeige ich es damit dann allen. Alle, die hinsehen, sollen sehen, was ich denke. Ich verstecke es/mich nicht.
Es klingt vielleicht nach einem unwesentlichen Unterschied in der Motivation, am Ergebnis kaum abzulesen, für mich aber doch bedeutend. Denn einen Adressaten im Blick zu haben, würde meine Beweggründe verwässern, würde mein Zeichensetzen, würde mein Reden und Schreiben beeinflussen, es wäre auf Wirkung ausgerichtet. Es wäre wie das Überstreifen einer (öffentlichkeitswirksamen) Maske. Ohne die Ausgerichtetheit auf einen Adressaten ist es aber genau das Gegenteil, nämlich das Ablegen einer Maske. Gesicht zeigen, das ist wohl das eigentliche Zeichen.
[...]“
Ich stelle mir auch Fragen zu den verschiedenen Zeichen, auch und vor allem zu denen, die ich selbst setze. (Kann ich, will ich, soll ich, darf ich, muss ich?) Die Frage, die ich mir dabei bisher nicht gestellt habe, ist die nach einem Adressaten. Deshalb verblüfft sie mich im ersten Moment, als ich sie hier bei Ihnen lese. Und ich überprüfe dann doch noch einmal meine Motivation, denn klar, das Zeichen, das ich setze, geht ja nach außen, wird sichtbar für jeden, der hinsieht. Beabsichtigt oder unbeabsichtigt?
Die Ereignisse in Paris begleiten mich seit ich davon erfuhr in meinem Denken und Tun. Ich schrieb darüber ( http://iris-bluetenblaetter.blogspot.de/2015/11/koln-paris-koln-oder-jetzt-erst-recht.html ), persönlich und ohne Manifestcharakter, mehr in dem Sinn eines Entwicklungsschritts, dem mit Sicherheit weitere folgen werden. Während ich für mich zu einer „Jetzt erst recht“-Haltung kam, war mein Blick auf Paris und auf mein Inneres gerichtet, nicht auf einen möglichen Adressaten. Das Gefühl, meine Haltung der Welt zeigen zu müssen, kam später dazu, aber auch da ohne einen bestimmten Adressaten im Blick. Der Gedanke dahinter vor allem, dass ich es mir selbst schulde und – vielleicht etwas abstrakt – den Werten, die mir wichtig sind. Und eigentlich zeige ich es damit dann allen. Alle, die hinsehen, sollen sehen, was ich denke. Ich verstecke es/mich nicht.
Es klingt vielleicht nach einem unwesentlichen Unterschied in der Motivation, am Ergebnis kaum abzulesen, für mich aber doch bedeutend. Denn einen Adressaten im Blick zu haben, würde meine Beweggründe verwässern, würde mein Zeichensetzen, würde mein Reden und Schreiben beeinflussen, es wäre auf Wirkung ausgerichtet. Es wäre wie das Überstreifen einer (öffentlichkeitswirksamen) Maske. Ohne die Ausgerichtetheit auf einen Adressaten ist es aber genau das Gegenteil, nämlich das Ablegen einer Maske. Gesicht zeigen, das ist wohl das eigentliche Zeichen.
[...]“
Ich bin tatsächlich dankbar für den Anstoß, denn ich finde das Nachdenken über meine Beweggründe wichtig. Mir bedeutet es viel, nicht für jemanden zu schreiben, sondern aus mir. Wer regelmäßig hier liest, weiß das vielleicht, ich thematisiere es in regelmäßigen Abständen. Inwieweit mir das tatsächlich gelingt sei dahingestellt, ich lebe ja nicht in einem bezugslosen Raum. Es ist nur so, dass dieses Schreiben (und Reden und Handeln) nicht für jemanden, sondern aus mir heraus, für mich ein wesentliches Kriterium für Aufrichtigkeit ist. Und nur diese, glaube ich, bringt mich und uns weiter. Nicht zuletzt deshalb weil sie immer auch die Vorläufigkeit alles Denkens erkennt, die Möglichkeit des Irrens und Scheiterns und die Notwendigkeit des inneren und äußeren Dialogs.
Und raus damit.
(Metameta: Manchmal frage ich mich, ob Metatexte nicht sogar die eigentlichen Texte sind ...)
(Metameta: Manchmal frage ich mich, ob Metatexte nicht sogar die eigentlichen Texte sind ...)
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Donnerstag, 19. November 2015
In erster Linie Mensch – vom humanistischen Eigensinn
Gestern ging durch Facebook wieder einmal Jürgen Todenhöfers „Offener Brief an den Kalifen des [sogenannten] IS Abu Bakr al Baghdadi“ vom 3.Mai 2015, hier nachzulesen. In seinem Brief erklärt Todenhöfer dem Kalifen den Islam und warum die Aktionen des [sog.] IS zutiefst antiislamisch sind.
Warum nervt mich das?
Es gibt derlei Erklärungsansätze zuhauf. Sie stören mich nicht, wenn sie von Muslimen kommen und zu einer innerislamischen Diskussion und weiter zu einem klaren Signal an die Gesellschaft führen, in dem man sich von Gewalt und dem vermeintlichen Aufruf des Koran zu einem Glaubenskrieg distanziert. Das finde ich hilfreich, und ich bin dankbar, wenn eine solche öffentliche Erklärung erfolgt. Einen Anspruch darauf gibt es nicht. Deshalb nochmals: Danke. Zum Beispiel für Aktionen wie diese.
Meiner Ansicht nach lässt sich das in sich geschlossene System, das jede Religion darstellt, aber nicht öffnen, indem man sich von außen hineinbegibt und dann selbst innerhalb der vorgegebenen Grenzen diskutiert. Vielmehr muss von den Religionen, und zwar von allen, verlangt werden, sich ihrerseits einer übergeordneten Argumentation zu öffnen und die Verbindlichkeit zumindest der Regeln des Staates, in dem ihre Mitglieder leben, als primäres Gesetz anzuerkennen. Dass dies ein Spannungsfeld erzeugt, zumindest dann, wenn es sich um eine tiefe religiöse Überzeugung handelt, ist klar. Hier ist das Individuum gefragt. Und die Einsicht, dass wir alle in erster Linie Menschen sind.
Wir können uns, davon bin ich überzeugt, nur auf Augenhöhe begegnen, wenn wir dies als – im übertragenen Sinne – nackte Menschen tun, dem Gesetz von Geburt und Tod unterworfen, für eine begrenzte Zeit auf dem Planeten Erde lebend. Darin sind wir uns gleich. Alle.
Ich möchte von niemandem eine Diskussion über seine/ihre Religion aufgezwungen bekommen, darüber, welche Regeln in dieser Religionsgemeinschaft existieren und welche nicht und ob diese allgemeingültig sind und deshalb missionarische Tätigkeit nach sich ziehen. Dies alles interessiert mich ausschließlich im Zusammenhang mit der ebenbürtigen (freundschaftlichen) Beziehung zu einem Menschen, an dessen Leben und Denken ich aufgrund der freiwillgen Bindung natürlich teilhaben möchte.
Ich habe keine Lust, den Koran oder sonstige religiöse/„heilige“ Schriften zu studieren, um Argumente für eine Diskussion über Freiheitsrechte zu sammeln. Die Grundlage unseres Zusammenlebens ist eine andere, nämlich unsere Verfassung, sprich das Grundgesetz. Dieses gilt vollumfänglich und nichts darüber hinaus.
Ich wünsche mir sehr eine echte laizistische Gesellschaft.
Und bestehe ansonsten auf meinem humanistischen Eigensinn.
Warum nervt mich das?
Es gibt derlei Erklärungsansätze zuhauf. Sie stören mich nicht, wenn sie von Muslimen kommen und zu einer innerislamischen Diskussion und weiter zu einem klaren Signal an die Gesellschaft führen, in dem man sich von Gewalt und dem vermeintlichen Aufruf des Koran zu einem Glaubenskrieg distanziert. Das finde ich hilfreich, und ich bin dankbar, wenn eine solche öffentliche Erklärung erfolgt. Einen Anspruch darauf gibt es nicht. Deshalb nochmals: Danke. Zum Beispiel für Aktionen wie diese.
Meiner Ansicht nach lässt sich das in sich geschlossene System, das jede Religion darstellt, aber nicht öffnen, indem man sich von außen hineinbegibt und dann selbst innerhalb der vorgegebenen Grenzen diskutiert. Vielmehr muss von den Religionen, und zwar von allen, verlangt werden, sich ihrerseits einer übergeordneten Argumentation zu öffnen und die Verbindlichkeit zumindest der Regeln des Staates, in dem ihre Mitglieder leben, als primäres Gesetz anzuerkennen. Dass dies ein Spannungsfeld erzeugt, zumindest dann, wenn es sich um eine tiefe religiöse Überzeugung handelt, ist klar. Hier ist das Individuum gefragt. Und die Einsicht, dass wir alle in erster Linie Menschen sind.
Wir können uns, davon bin ich überzeugt, nur auf Augenhöhe begegnen, wenn wir dies als – im übertragenen Sinne – nackte Menschen tun, dem Gesetz von Geburt und Tod unterworfen, für eine begrenzte Zeit auf dem Planeten Erde lebend. Darin sind wir uns gleich. Alle.
Ich möchte von niemandem eine Diskussion über seine/ihre Religion aufgezwungen bekommen, darüber, welche Regeln in dieser Religionsgemeinschaft existieren und welche nicht und ob diese allgemeingültig sind und deshalb missionarische Tätigkeit nach sich ziehen. Dies alles interessiert mich ausschließlich im Zusammenhang mit der ebenbürtigen (freundschaftlichen) Beziehung zu einem Menschen, an dessen Leben und Denken ich aufgrund der freiwillgen Bindung natürlich teilhaben möchte.
Ich habe keine Lust, den Koran oder sonstige religiöse/„heilige“ Schriften zu studieren, um Argumente für eine Diskussion über Freiheitsrechte zu sammeln. Die Grundlage unseres Zusammenlebens ist eine andere, nämlich unsere Verfassung, sprich das Grundgesetz. Dieses gilt vollumfänglich und nichts darüber hinaus.
Ich wünsche mir sehr eine echte laizistische Gesellschaft.
Und bestehe ansonsten auf meinem humanistischen Eigensinn.
„Humanistischer Eigensinn ist das Bestehen auf persönlicher Urteilskraft gegenüber weltanschaulichen, wissenschaftlichen oder religiösen Wahrheitsansprüchen.
Wissenschaft und Kultur unterliegen vielfältigen gesellschaftlichen und politischen Interessen. Ihr humanistischer Sinn aber besteht immer darin, das Leben auf der Erde so gut wie eben möglich zu gestalten.
Dabei gehört es zum humanistischen Eigensinn, sich stets ein persönliches Urteil vorzubehalten: Gegenüber jedweder weltanschaulichen oder religiösen Dogmatik, gegenüber diesem oder jenem modischen Meinungstrend und auch gegenüber den Wahrheitsansprüchen wissenschaftlicher Ergebnisse. Das Engagement für humanistische Überzeugungen und humanistische Praxis ist neben einer rationalen immer auch eine sehr persönliche – emotionale und sinnliche – Haltung zur Welt.
Humanistische Verantwortung bedeutet, eine Entscheidung für oder gegen etwas letztlich selbst verantworten zu müssen. Weltanschauungen, Religionen, naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten, überlieferte Texte oder kulturellen Traditionen können einem diese Verantwortung nicht abnehmen. Auch die Berufung auf eine humanistische Überzeugung entbindet nicht von eigenständiger ethischer Reflexion und eigenverantwortlichen Entscheidungen. Dies ist ein ständiger Prozess, der auch für unser Humanistisches Selbstverständnis gilt.“
(aus dem Entwurf des Humanistischen Verbandes Deutschlands HVD zum Humanistischen Selbstverständnis)
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Donnerstag, 29. Oktober 2015
Meine Meinung (Brief an Akif Pirinçci)
Herr Pirinçci,
tut mir ja echt leid, dass Sie jetzt so im Regen stehen. Leider kann auch ich Ihnen weder einen Schirm noch ein Dach anbieten, nee, geht wirklich nicht, da müsste ich mich dermaßen verbiegen, das ist anatomisch gar nicht möglich.
Dumm gelaufen, echt, das mit Ihrer Rede und den Reaktionen darauf. Find ich auch überhaupt nicht gut, dass die Ihnen diesen einen Abschnitt, Sie wissen schon, den mit den KZs, dass die Ihnen den so im Mund herumdrehen. Kapieren echt nix, diese ewigen Herumdreher. Weder die, die Sie jetzt am liebsten mundtot machen wollen, noch die, die Ihnen applaudieren. Applaudieren Ihnen doch glatt für etwas, das Sie gar nicht so gesagt haben. Mist.
Dabei haben Sie sich solche Mühe gegeben mit Ihrem Pamphlet. Das haben Sie wirklich drauf, muss ich Ihnen neidlos zugestehen (hihi, als könnte man auf so ne „Fähigkeit“ neidisch sein); alle Stilmittel drin: Überspitzung, Polemik, Herabsetzung anderer, null Argumentation, dafür jede Menge Beleidungen und kunstvoll verschachtelte Sätze. Alle Achtung!
Wobei Ihnen genau letztere, nämlich die kunstvoll verschachtelteten Sätze, zum Verhängnis geworden sind. Haben Sie im Ernst geglaubt, die von was auch immer, jedenfalls nicht von hehren Motiven bewegte Masse könne solch einer komplexen Ausdrucksweise folgen? Was für eine Fehleinschätzung. Gejubelt haben die und applaudiert fürs richtig wie fürs falsch Verstandene. So ist sie nunmal, die Masse. Feiert gerne, sich und ihren Herdentrieb, geht voll ab dabei. Yeah!
Und nun? HamSe den Salat. Bzw. den Regen, in dem Sie nun stehen und keiner hält Ihnen den Schirm hin oder bietet Ihnen ein Dach überm Kopf. Ist ja auch keiner zu verpflichtet. Ist nämlich ein freies Land. So frei, dass keiner sich Ihre frei geäußerte Meinung anhören muss, oder ihr gar beipflichten. Nö, so frei geht es hier zu, dass man nicht gezwungen werden kann, Ihnen eine Plattform in welcher Gestalt auch immer zu bieten. So frei, dass niemand einen zwingen kann, stumm zu ertragen, was Sie frei von sich geben, sondern dass man widersprechen darf, ja, stellen Sie sich vor, sogar das! Und zwar nach Belieben in schärfster Form, ja, soweit geht diese Freiheit, in schärfster Form und wie Sie polemisierend. Kaum zu fassen, nicht wahr, wie weit diese Freiheit reicht. Zu gerne hätten Sie allein und allmächtiglich ein paar Grenzen und Zäune um Ihre individuellen Rechte gezogen. Tja, is nich.
Wissen Sie, Herr Pirinçci, ich find‘s, wie gesagt, auch blöd, dass Ihnen manche Ihrer Worte so falsch ausgelegt werden. Ich find‘s blöd und vor allem überflüssig. Bleibt doch auch ohne diese Verdrehung genug in Ihrer Rede und Schreibe und Denke, das einem (mir!) den Magen umdreht und zum schärfsten Widerspruch auffordert.
Ich mag es nicht, wenn man nicht genau hinhört. Und ich mag es nicht, wenn man hetzt wie Sie. Ich mag es nicht, wenn man Ihnen applaudiert (Magenumdrehgeräusch). Und ich mag es nicht, wenn man gegen Sie hetzt. Ja, das mag Sie nun erstaunen, ist aber so. Getreu dem Prinzip „Freiheit ist immer die Freiheit des ... „ Na, können Sie den Satz vervollständigen?
Aber ich mag es, wenn man Ihnen widerspricht, wenn man sich weigert, Ihnen zuzuhören oder Ihre Texte zu lesen, wenn man sich weigert, Ihnen eine Plattform zu bieten (benutzen Sie doch Ihr eigenes Wohnzimmer dafür oder sprechen Sie von Ihrem Balkon herab, nur so‘n spontaner Vorschlag), wenn man sich weigert, Ihre schriftlichen Ergüsse zu verlegen und zu vertreiben. (Was bestehende Verträge betrifft, wird das sicher juristisch zu klären sein.)
((Wieso allerdings der Manuscriptum Verlag sich von Ihnen trennt und auch der Kopp Verlag Sie nicht drucken will, ist mir ein Rätsel. Würde doch super passen.))
(((Ich bin übrigens Buchhändlerin und werde mich weigern, irgendjemandem eins Ihrer Bücher zu verkaufen. Hat aber auch noch niemand nach gefragt. Vielleicht sind Sie weniger interessant, als Sie glauben?)))
Ja, das war‘s im Großen und Ganzen. Sollte ich was vergessen habe, kann ich‘s ja nachliefern. Derweil widme ich mich lieber interessanteren, wichtigeren, schöneren, angenehmeren, klügeren, befriedigerenden, inspirierenderen, ansprechenderen, höherwertigen, anspruchsvolleren, relevanteren, weltbewegenderen, vorwärtsbringenderen, menschenfreundlicheren Dingen.
Machen Sie‘s gut.
(Meine Reaktion auf Aki Pirinçcis Rede bei der Pegidaversammlung vom 19.10.2015 in Dresden, die Reaktionen darauf und die Reaktionen auf die Reaktionen ... Ich verlinke hier absichtlich nicht, bitte selber googeln oder bei Youtube schauen.)
tut mir ja echt leid, dass Sie jetzt so im Regen stehen. Leider kann auch ich Ihnen weder einen Schirm noch ein Dach anbieten, nee, geht wirklich nicht, da müsste ich mich dermaßen verbiegen, das ist anatomisch gar nicht möglich.
Dumm gelaufen, echt, das mit Ihrer Rede und den Reaktionen darauf. Find ich auch überhaupt nicht gut, dass die Ihnen diesen einen Abschnitt, Sie wissen schon, den mit den KZs, dass die Ihnen den so im Mund herumdrehen. Kapieren echt nix, diese ewigen Herumdreher. Weder die, die Sie jetzt am liebsten mundtot machen wollen, noch die, die Ihnen applaudieren. Applaudieren Ihnen doch glatt für etwas, das Sie gar nicht so gesagt haben. Mist.
Dabei haben Sie sich solche Mühe gegeben mit Ihrem Pamphlet. Das haben Sie wirklich drauf, muss ich Ihnen neidlos zugestehen (hihi, als könnte man auf so ne „Fähigkeit“ neidisch sein); alle Stilmittel drin: Überspitzung, Polemik, Herabsetzung anderer, null Argumentation, dafür jede Menge Beleidungen und kunstvoll verschachtelte Sätze. Alle Achtung!
Wobei Ihnen genau letztere, nämlich die kunstvoll verschachtelteten Sätze, zum Verhängnis geworden sind. Haben Sie im Ernst geglaubt, die von was auch immer, jedenfalls nicht von hehren Motiven bewegte Masse könne solch einer komplexen Ausdrucksweise folgen? Was für eine Fehleinschätzung. Gejubelt haben die und applaudiert fürs richtig wie fürs falsch Verstandene. So ist sie nunmal, die Masse. Feiert gerne, sich und ihren Herdentrieb, geht voll ab dabei. Yeah!
Und nun? HamSe den Salat. Bzw. den Regen, in dem Sie nun stehen und keiner hält Ihnen den Schirm hin oder bietet Ihnen ein Dach überm Kopf. Ist ja auch keiner zu verpflichtet. Ist nämlich ein freies Land. So frei, dass keiner sich Ihre frei geäußerte Meinung anhören muss, oder ihr gar beipflichten. Nö, so frei geht es hier zu, dass man nicht gezwungen werden kann, Ihnen eine Plattform in welcher Gestalt auch immer zu bieten. So frei, dass niemand einen zwingen kann, stumm zu ertragen, was Sie frei von sich geben, sondern dass man widersprechen darf, ja, stellen Sie sich vor, sogar das! Und zwar nach Belieben in schärfster Form, ja, soweit geht diese Freiheit, in schärfster Form und wie Sie polemisierend. Kaum zu fassen, nicht wahr, wie weit diese Freiheit reicht. Zu gerne hätten Sie allein und allmächtiglich ein paar Grenzen und Zäune um Ihre individuellen Rechte gezogen. Tja, is nich.
Wissen Sie, Herr Pirinçci, ich find‘s, wie gesagt, auch blöd, dass Ihnen manche Ihrer Worte so falsch ausgelegt werden. Ich find‘s blöd und vor allem überflüssig. Bleibt doch auch ohne diese Verdrehung genug in Ihrer Rede und Schreibe und Denke, das einem (mir!) den Magen umdreht und zum schärfsten Widerspruch auffordert.
Ich mag es nicht, wenn man nicht genau hinhört. Und ich mag es nicht, wenn man hetzt wie Sie. Ich mag es nicht, wenn man Ihnen applaudiert (Magenumdrehgeräusch). Und ich mag es nicht, wenn man gegen Sie hetzt. Ja, das mag Sie nun erstaunen, ist aber so. Getreu dem Prinzip „Freiheit ist immer die Freiheit des ... „ Na, können Sie den Satz vervollständigen?
Aber ich mag es, wenn man Ihnen widerspricht, wenn man sich weigert, Ihnen zuzuhören oder Ihre Texte zu lesen, wenn man sich weigert, Ihnen eine Plattform zu bieten (benutzen Sie doch Ihr eigenes Wohnzimmer dafür oder sprechen Sie von Ihrem Balkon herab, nur so‘n spontaner Vorschlag), wenn man sich weigert, Ihre schriftlichen Ergüsse zu verlegen und zu vertreiben. (Was bestehende Verträge betrifft, wird das sicher juristisch zu klären sein.)
((Wieso allerdings der Manuscriptum Verlag sich von Ihnen trennt und auch der Kopp Verlag Sie nicht drucken will, ist mir ein Rätsel. Würde doch super passen.))
(((Ich bin übrigens Buchhändlerin und werde mich weigern, irgendjemandem eins Ihrer Bücher zu verkaufen. Hat aber auch noch niemand nach gefragt. Vielleicht sind Sie weniger interessant, als Sie glauben?)))
Ja, das war‘s im Großen und Ganzen. Sollte ich was vergessen habe, kann ich‘s ja nachliefern. Derweil widme ich mich lieber interessanteren, wichtigeren, schöneren, angenehmeren, klügeren, befriedigerenden, inspirierenderen, ansprechenderen, höherwertigen, anspruchsvolleren, relevanteren, weltbewegenderen, vorwärtsbringenderen, menschenfreundlicheren Dingen.
Machen Sie‘s gut.
(Meine Reaktion auf Aki Pirinçcis Rede bei der Pegidaversammlung vom 19.10.2015 in Dresden, die Reaktionen darauf und die Reaktionen auf die Reaktionen ... Ich verlinke hier absichtlich nicht, bitte selber googeln oder bei Youtube schauen.)
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Montag, 28. September 2015
Schreiben ist ... (Antwort auf einen Text, der gar nicht fragt)
Einer, den/dessen Blog ich seit kurzem lese, schreibt:
Ja!
Und nein.
Denn ja, genau das (so vereinnahme ich die Worte, den einen stark behauptenden Satz) bedeutet mir mein Schreiben: Mittel zur Befreiung. Zur Befreiung von – schon da trenne ich mich von den Worten des anderen, denn ja, Fesseln sind es auch bei mir, von denen ich mich in einem langen und andauernden Prozess befreie, aber ob diese Fesseln aus dem gleichen Material sind? Darum geht es auch nicht. Und natürlich brauche ich, um dies über mich und mein Schreiben zu sagen, nicht die Worte, den starken Satz eines anderen, denn ich weiß das ja in mir, weiß es besser und richtiger, als es ein von außen drauf Schauender wissen oder auch nur ahnen kann, dass es genau so ist und stimmt, für mich. Ich brauche diese Worte nicht, die vertrauten des Fremden, brauche diesen starken Satz nicht, den ganzen kleinen großen Text nicht, der da aus fremder Feder kommt. Brauche ihn nicht, da er längst in mir ist. Okay, hin und wieder ein Spiegel zur Bestätigung: Ja, du bist noch da, Entfesslungswille, bist noch genauso wahr und stark da wie je, wirst bleiben, ja, das wirst du. Und ein Spiegel zur Erinnerung: Da sind noch Reste der Fesseln, lass nicht nach. Ja, dafür sind sie gut, diese fremden Worte, Sätze, Texte. Deshalb greife ich zu, nehme sie mir, verleibe sie mir ein, erlaube mir das, überhaupt: nichts als Erlaubnis, Selbsterlaubnis, entfesselte.
Und nein. Nein, nein, nein!, tobt es zugleich in dir, denn eine deiner Fesseln heißt „Ausschließlichkeit“, heißt „die eine Wahrheit“. Von der hast du dich zuerst befreit, als es soweit war, als du anfingst. Von der hast du dich befreit und willst es bleiben, in aller Konsequenz. Willst kein „entweder oder“ mehr, sondern nur noch das „sowohl als auch“, das „alles“, selbst im krassest scheinenden Widerspruch, ja, dann erst recht, weil dich das herausfordert wie ein unermesslicher Ozean.
Verzettele ich mich? Nein. Was ist das überhaupt für ein Wort: verzetteln? Darüber will ich jetzt nicht nachdenken. Nein, ich begebe mich hinein und lasse mich mitreißen, bewusst, und jetzt hangele ich mich wieder ans Ufer, schüttle mich, nehme meine Umgebung wahr, denke: ach, du hast ja noch ein paar Stündchen, bis du zur Arbeit musst, könntest bei diesem schönen Wetter doch ... dies und das und jenes ... alles ist möglich, hab mich schon für eins entschieden, jedenfalls hinaus, beschwingt, danke für den Text, den einen starken Satz, die Worte, danke für den Spiegel, der mich nicht meinte, in den ich trotzdem, ohne um Erlaubnis zu fragen!, einen Blick warf und dann sah, was wichtig ist, für mich, immer noch. Danke.
„[...] Schreiben ist entweder das Mittel der Befreiung von gesellschaftlichen Fesseln, Konventionen und Zwängen, oder es ist nichts. Null und nichtig.“ (hier der ganze Artikel)Und meine innere Antwort/Reaktion darauf? Ja! Was sonst? Ich meine, wie sonst sollte ich antworten/reagieren (mal ganz abgesehen davon, dass der Text ja gar keine Antwort will/fordert/braucht).
Ja!
Und nein.
Denn ja, genau das (so vereinnahme ich die Worte, den einen stark behauptenden Satz) bedeutet mir mein Schreiben: Mittel zur Befreiung. Zur Befreiung von – schon da trenne ich mich von den Worten des anderen, denn ja, Fesseln sind es auch bei mir, von denen ich mich in einem langen und andauernden Prozess befreie, aber ob diese Fesseln aus dem gleichen Material sind? Darum geht es auch nicht. Und natürlich brauche ich, um dies über mich und mein Schreiben zu sagen, nicht die Worte, den starken Satz eines anderen, denn ich weiß das ja in mir, weiß es besser und richtiger, als es ein von außen drauf Schauender wissen oder auch nur ahnen kann, dass es genau so ist und stimmt, für mich. Ich brauche diese Worte nicht, die vertrauten des Fremden, brauche diesen starken Satz nicht, den ganzen kleinen großen Text nicht, der da aus fremder Feder kommt. Brauche ihn nicht, da er längst in mir ist. Okay, hin und wieder ein Spiegel zur Bestätigung: Ja, du bist noch da, Entfesslungswille, bist noch genauso wahr und stark da wie je, wirst bleiben, ja, das wirst du. Und ein Spiegel zur Erinnerung: Da sind noch Reste der Fesseln, lass nicht nach. Ja, dafür sind sie gut, diese fremden Worte, Sätze, Texte. Deshalb greife ich zu, nehme sie mir, verleibe sie mir ein, erlaube mir das, überhaupt: nichts als Erlaubnis, Selbsterlaubnis, entfesselte.
Und nein. Nein, nein, nein!, tobt es zugleich in dir, denn eine deiner Fesseln heißt „Ausschließlichkeit“, heißt „die eine Wahrheit“. Von der hast du dich zuerst befreit, als es soweit war, als du anfingst. Von der hast du dich befreit und willst es bleiben, in aller Konsequenz. Willst kein „entweder oder“ mehr, sondern nur noch das „sowohl als auch“, das „alles“, selbst im krassest scheinenden Widerspruch, ja, dann erst recht, weil dich das herausfordert wie ein unermesslicher Ozean.
(Und warum wechsle ich jetzt eigentlich vom ich zum du? Immer wieder passiert mir das, erst im letzten Blogeintrag habe ich mich selbst darauf aufmerksam gemacht. Es muss etwas bedeuten, deshalb ändere ich es nicht, wie ich es kurz überlegt habe, das du im Nein-Abschnitt zum ich, wie es noch im Ja-Abschnitt steht. Nein, ich lasse es so, es ist relevant, denke ich mir, in irgendeiner mir noch nicht einleuchtenden Weise.)
Nein auch deshalb, weil ich die anderen Beweggründe und Formen des Schreibens nicht so als null und nichtig abtun kann und will. Immerhin liebe ich Geschichten, Fiktion, halte das Erzählen, ob mündlich, schriftlich oder im Film oder ... für gesellschaftlich bedeutend, mag in gewissem Maße sogar den Schund (den ich nicht in Anführungszeichen setze, weil ich mir durchaus erlaube, hin und wieder, ein Urteil zu fällen über gewisse Literatur und sie Schund zu nennen und dann nicht zu sagen „Ich finde“ oder „Meiner Meinung nach“, sondern „Das ist“, ja, so, das erlaube ich mir hin und wieder, auch das ist Teil meiner Freiheit), mag also diesen Schund auch, weil er Teil des Ganzen ist, wichtig für die Beleuchtung und die Reibung, physikalisch ausgedrückt, wichtig für die Freiheit, die über meine eigene Freiheit, die keine wäre ohne die der anderen, hinausgeht.Verzettele ich mich? Nein. Was ist das überhaupt für ein Wort: verzetteln? Darüber will ich jetzt nicht nachdenken. Nein, ich begebe mich hinein und lasse mich mitreißen, bewusst, und jetzt hangele ich mich wieder ans Ufer, schüttle mich, nehme meine Umgebung wahr, denke: ach, du hast ja noch ein paar Stündchen, bis du zur Arbeit musst, könntest bei diesem schönen Wetter doch ... dies und das und jenes ... alles ist möglich, hab mich schon für eins entschieden, jedenfalls hinaus, beschwingt, danke für den Text, den einen starken Satz, die Worte, danke für den Spiegel, der mich nicht meinte, in den ich trotzdem, ohne um Erlaubnis zu fragen!, einen Blick warf und dann sah, was wichtig ist, für mich, immer noch. Danke.
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Sonntag, 19. Juli 2015
„Wir möchten mit Ihnen über Gott sprechen.“
Gestern hat ein Twitterer einen fünf Jahre alten Tweet von mir ausgegraben und retweetet. Seitdem macht er auf Twitter die Runde. Damals gingen (und es gehen immer mal wieder) Minidialoge mit dem Ausgangssatz „Wir möchten mit Ihnen über Gott sprechen ...“ durch die Timeline. Mir fiel da spontan folgender Dialog ein:
Ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich über das Thema Gott keine Witze machen konnte. Eine Zeit, in etwa unterteilt in zehn Jahre und noch einmal zehn Jahre, in deren erster Hälfte ich Gott und Glaube und christliche Gemeinschaft sehr ernst genommen habe. Zu ernst. Ich habe mich damals für erleuchtet gehalten, war aber verblendet. Wir nannten es auch erweckt, waren aber in Wirklichkeit eingeschläfert. Eine fundamentalistische evangelikale Gemeinschaft war das. Eine Sekte. Und auch in den etwa zehn Jahren danach konnte ich noch nicht darüber lachen, nicht frei oder gar humorvoll mit dem Thema umgehen. Die Befreiung dauerte ungefähr so lang wie die Gefangenschaft. Das mag übertrieben drastisch formuliert klingen, entspricht aber exakt meinem Erleben. Wer selbst in einer solchen Situation war, wird das bestätigen können.
Ich will aber hier und jetzt nicht über diese lang zurückliegende Zeit sprechen, habe schon viele Texte dazu verfasst, mal mehr, mal weniger direkt. Eigentlich dient ein großer Teil meines Schreibens der Aufarbeitung dieser Zeit.
Mir wurde nur gestern beim Wiederlesen meines Tweets bewusst, wie wichtig es für mich ist und was für ein Zeichen eines [be]frei[t]en Geistes es für mich bedeutet, Witze über Gott machen zu können. Das Thema mit Humor und aus verschiedenen, auch auf den Kopf gestellten Winkeln zu beleuchten. Auch mal boshaft und respektlos sein zu können, ganz ohne Angst und auch ohne Groll ob der selbst erlittenen Bosheit und Respektlosigkeit. Keine Rachegelüste, die mich treiben. Darüber bin ich nicht nur längst hinaus, nein, das wäre mir auch zu primitiv. Es würde meinen Geist genauso beleidigen oder gar beschädigen wie die damals eingeimpfte Lehre. Nein, es geht mir wirklich und einzig um die ausgeübte Freiheit, die hinter einer solchen Form des Ausdrucks steht.
Ich habe mich dann auch gefragt, was wäre, wenn ich in meinem Tweet den Begriff Gott durch Allah oder Jahwe oder Jehova oder ... ersetzen würde ... Das weiterzudenken, überlasse ich Ihrer/Eurer Fantasie.
Die Freiheit des Geistes ist für mich das höchste Gut. Vielleicht wäre es anders, wenn ich Hunger leiden müsste oder in einem Kriegsgebiet wohnte oder in Gefangenschaft lebte. So aber ist meine Priorität klar.
„Wir möchten mit Ihnen über Gott sprechen.“
„Warum? Was hat er denn jetzt schon wieder angestellt?“
(Hier der Originaltweet )Als ich ihn jetzt wieder gelesen habe, musste ich schmunzeln. Wie damals, als ich ihn verfasst habe.
Ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich über das Thema Gott keine Witze machen konnte. Eine Zeit, in etwa unterteilt in zehn Jahre und noch einmal zehn Jahre, in deren erster Hälfte ich Gott und Glaube und christliche Gemeinschaft sehr ernst genommen habe. Zu ernst. Ich habe mich damals für erleuchtet gehalten, war aber verblendet. Wir nannten es auch erweckt, waren aber in Wirklichkeit eingeschläfert. Eine fundamentalistische evangelikale Gemeinschaft war das. Eine Sekte. Und auch in den etwa zehn Jahren danach konnte ich noch nicht darüber lachen, nicht frei oder gar humorvoll mit dem Thema umgehen. Die Befreiung dauerte ungefähr so lang wie die Gefangenschaft. Das mag übertrieben drastisch formuliert klingen, entspricht aber exakt meinem Erleben. Wer selbst in einer solchen Situation war, wird das bestätigen können.
Ich will aber hier und jetzt nicht über diese lang zurückliegende Zeit sprechen, habe schon viele Texte dazu verfasst, mal mehr, mal weniger direkt. Eigentlich dient ein großer Teil meines Schreibens der Aufarbeitung dieser Zeit.
Mir wurde nur gestern beim Wiederlesen meines Tweets bewusst, wie wichtig es für mich ist und was für ein Zeichen eines [be]frei[t]en Geistes es für mich bedeutet, Witze über Gott machen zu können. Das Thema mit Humor und aus verschiedenen, auch auf den Kopf gestellten Winkeln zu beleuchten. Auch mal boshaft und respektlos sein zu können, ganz ohne Angst und auch ohne Groll ob der selbst erlittenen Bosheit und Respektlosigkeit. Keine Rachegelüste, die mich treiben. Darüber bin ich nicht nur längst hinaus, nein, das wäre mir auch zu primitiv. Es würde meinen Geist genauso beleidigen oder gar beschädigen wie die damals eingeimpfte Lehre. Nein, es geht mir wirklich und einzig um die ausgeübte Freiheit, die hinter einer solchen Form des Ausdrucks steht.
Ich habe mich dann auch gefragt, was wäre, wenn ich in meinem Tweet den Begriff Gott durch Allah oder Jahwe oder Jehova oder ... ersetzen würde ... Das weiterzudenken, überlasse ich Ihrer/Eurer Fantasie.
Die Freiheit des Geistes ist für mich das höchste Gut. Vielleicht wäre es anders, wenn ich Hunger leiden müsste oder in einem Kriegsgebiet wohnte oder in Gefangenschaft lebte. So aber ist meine Priorität klar.
„Wir möchten mit Ihnen über Gott sprechen.“
„Okay. Dann machen Sie sich mal frei.“
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Sonntag, 3. Mai 2015
Wochenrückblick 27. April - 3. Mai 2015
Gefunden:
ein wunderbar vielschichtiges Frühlingsgedicht bei einem, der nur ab und zu Gedichte schreibt und dessen Blog deshalb treffenderweise Abundzugedichte heißt (Es lohnt sich, ab und zu bei ihm reinzuschauen!):
Gefreut:
über zwei Bücher:
1. den soeben erschienenen neuen Roman von Siri Hustvedt (endlich! Ja, ich bin absoluter Fan dieser klugen Frau und Schriftstellerin):

Der wird meine Urlaubslektüre in der Woche vom 16.-23. Mai (*).
2. den im Juli erscheinenden zweiten Roman von Harper Lee:

Er knüpft an ihren weltberühmten ersten und über Jahrzehnte einzigen Roman „Wer die Nachtigall stört“ („To Kill A Mockingbird“) an.
Wie habe ich dieses Buch geliebt; mit fünfzehn zum ersten Mal gelesen, seitdem mindestens sechsmal wiedergelesen, verliebt in alle Figuren, in die Geschichte; es gehört zu den wenigen Büchern, die mich, mein Denken, meine Weltsicht nachhaltig beeinflusst haben und käme deshalb mit auf die einsame Insel.
Und nun eine Fortsetzung!, ein Wiedersehen!, was für ein unerwartetes Glück!
„Eine inzwischen erwachsene Jean Louise Finch, „Scout“, kehrt zurück nach Maycomb und sieht sich in der kleinen Stadt in Alabama, die sie so geprägt hat, mit gesellschaftspolitischen Problemen konfrontiert, die nicht zuletzt auch ihr Verhältnis zu ihrem Vater Atticus infrage stellen.“ (Zitat DVA)Ich bin so gespannt.
Gehört:
Nils Frahm rauf und runter, der hat sowas Beruhigendes, Kontemplatives, das kann ich gerade gut gebrauchen
*
Gewundert:darüber, dass 145 PEN-Mitglieder (die Zahl ist vom 26. April und kann noch steigen) einen Brief unterzeichnet haben, mit dem sie gegen die diesjährige Verleihung des „PEN/Toni and James C. Goodale Freedom of Expression Courage Award“ an das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ protestieren.
Geteilt:
und zwar absolut, Salman Rushdies Meinung zur oben genannten Aktion seiner Schrifstellerkollegen und -kolleginnen:
“This is a clear cut issue,” [...] “The Charlie Hebdo artists were executed in cold blood for drawing satirical cartoons, which is an entirely legitimate activity. It is quite right that PEN should honour their sacrifice and condemn their murder without these disgusting ‘buts’."
(zitiert aus Scroll.in, 27.April 2015, hier der ganze Artikel)
Damit bleibe ich bei meiner Meinung, Charlie Hebdo betreffend, wie ich sie hier bereits im Januar geäußert habe.
*
Gedacht:
(und als Loses Blatt bereits hier veröffentlich):
Die Gedanken sind frei, das Denken ist es theoretisch auch.
Gebucht:
(*) ganz spontan und kurz entschlossen: ein kleines Ferienhäuschen in der Bretagne, genauer an der Côte de Granit Rose; eine Woche Wandern und Luftholen; Wind und Meer und Felsenküste und hoffentlich ein wenig Sonne
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Freitag, 1. Mai 2015
Die Gedanken sind frei (Loses Blatt #77)
Die Gedanken sind frei, das Denken ist es theoretisch auch.
Sonntag, 29. März 2015
Wochenrückblick 23. - 29. März 2015
Gelesen:
Anne Tyler: Der leuchtend blaue Faden
Ich habe mal an irgendeiner Stelle gesagt, dass ich in meinem nächsten Leben am liebsten eine Romanfigur von Elizabeth Strout wäre. Hiermit füge ich hinzu, dass ich mich bei Anne Tyler genauso gut aufgehoben fühlen würde. Sie selbst bezeichnet ihre Familienromane als "Milch und Kekse"; für mich sind sie großartige Abbildungen ganz gewöhnlicher Menschen in ganz gewöhnlichen Beziehungsgeflechten, liebevoll, klug und psychologisch genau gezeichnet, erhellend und wärmend zugleich. Ich verschlinge jedes einzelne ihrer Bücher, so auch ihr jüngstes, in dem sie – zum wiederholten Male und trotzdem neu – die Geschichte "einer mehr oder weniger glücklichen Familie über mehrere Generationen" (NDR) erzählt.
Geschaut:
True Detective
Es gab schon einige Serien, die mich wirklich begeistert haben. Erst in der vorigen Woche habe ich mich nach der letzten Folge schweren Herzens von den Protagonisten von "Borgen" verabschiedet.
Diese Woche dann "True Detektive", und ich muss sagen, es ist die erste Serie seit "Twin Peaks", die einen vergleichbar unwiderstehlich-schauerlichen Zauber auf mich ausübt wie Lynchs Kultserie.
Das verdankt sich dem perfekten Zusammenspiel von atmosphärisch starken Bildern, ungewöhnlichen Dialogen und Exkursen, die sich in einer Bandbreite zwischen abweisend-wortkarg und düster-philosophisch-ausschweifend bewegen, einem wunderbaren, der morbiden Stimmung angepassten Soundtrack:
Desweiteren natürlich der ganzen verwickelten, leicht surrealen, auf drei Zeitebenen erzählten Geschichte um die Aufklärung einer ritualartigen Mordserie. Und last but not least den wirklich grandiosen Hauptdarstellern Matthew McConaughey und Woody Harrelson. Die beiden sind echt ein Traumpaar. Applaus!
Ich bin gespannt auf die zweite Staffel der Serie, die mit einer komplett neuen Story und neuem Cast daherkommen wird.
Vorerst aber:
Fünf ✰✰✰✰✰ für "True Detective I".
Gedacht:
Irgendwas blüht (dir) immer.
Gemieden:
Twitter, in den Tagen nach dem Absturz der Germanwings-Maschine am 24.3., weil ich die Kommentar- und Replyflut nach solchen Ereignissen nicht ertrage.
Gesucht:
einen Ort, irgends
Gefunden:
Fiktion,
– alle Titel kostenlos
– alle Titel simultan deutsch/englisch
– Aufbau eines internationalen Autorennetzwerks
– Vertiefung der Debatte über das Uberheberrecht
– Entwicklung eines neuen, die Konzentration fördernden digitalen Leseformats
Dies könnte im weitesten Sinne eine Übung in Freiheit und Unabhängigkeit sein. Grund genug für mich, dieses Projekt gespannt zu verfolgen.
Darauf gestoßen bin ich über einen Beitrag im Literaturcafé.
Gepriesen sei das Netz. Halleluja.
Gefreut:
über Astrid, die seit dem 13. Januar wöchentlich einen ausführlichen Artikel über Raif Badawi schreibt und darin die neuesten Infos mit eigenen Gedanken zum Thema verknüpft. Sie hat sich vorgenommen, "erst dann auf[zu]hören, über diesen mutigen Blogger zu posten, wenn seine Strafe ausgesetzt ist."
Es ist enorm wichtig, dranzubleiben, auch bzw. erst recht dann, wenn das Medieninteresse langsam nachlässt und sich verlagert. Daher an dieser Stelle noch ein Link zu einem Appell von Raif Badawis Frau Ensaf Haidar.
Gearbeitet:
Viel. Und deshalb bis auf einen Amnestyaufruf und meinen Rückblick nichts gebloggt in dieser Woche. So what? Time works.
Anne Tyler: Der leuchtend blaue Faden

Geschaut:
True Detective
Es gab schon einige Serien, die mich wirklich begeistert haben. Erst in der vorigen Woche habe ich mich nach der letzten Folge schweren Herzens von den Protagonisten von "Borgen" verabschiedet.
Diese Woche dann "True Detektive", und ich muss sagen, es ist die erste Serie seit "Twin Peaks", die einen vergleichbar unwiderstehlich-schauerlichen Zauber auf mich ausübt wie Lynchs Kultserie.
Das verdankt sich dem perfekten Zusammenspiel von atmosphärisch starken Bildern, ungewöhnlichen Dialogen und Exkursen, die sich in einer Bandbreite zwischen abweisend-wortkarg und düster-philosophisch-ausschweifend bewegen, einem wunderbaren, der morbiden Stimmung angepassten Soundtrack:
Desweiteren natürlich der ganzen verwickelten, leicht surrealen, auf drei Zeitebenen erzählten Geschichte um die Aufklärung einer ritualartigen Mordserie. Und last but not least den wirklich grandiosen Hauptdarstellern Matthew McConaughey und Woody Harrelson. Die beiden sind echt ein Traumpaar. Applaus!
Ich bin gespannt auf die zweite Staffel der Serie, die mit einer komplett neuen Story und neuem Cast daherkommen wird.
Vorerst aber:
Fünf ✰✰✰✰✰ für "True Detective I".
***
und weiter mit dem Wochenrückblick:Gedacht:
Irgendwas blüht (dir) immer.
Gemieden:
Twitter, in den Tagen nach dem Absturz der Germanwings-Maschine am 24.3., weil ich die Kommentar- und Replyflut nach solchen Ereignissen nicht ertrage.
Gesucht:
einen Ort, irgends
Gefunden:
Fiktion,
"ein Modellprojekt deutsch- und englischsprachiger Autoren, das die sich durch die Digitalisierung eröffnenden Chancen für die Wahrnehmung und Verbreitung anspruchsvoller Literatur weiterzuentwickeln sucht. Dies geschieht auf mehreren Ebenen:"(in Stichworten; hier im Detail nachzulesen)
– alle Titel kostenlos
– alle Titel simultan deutsch/englisch
– Aufbau eines internationalen Autorennetzwerks
– Vertiefung der Debatte über das Uberheberrecht
– Entwicklung eines neuen, die Konzentration fördernden digitalen Leseformats
Dies könnte im weitesten Sinne eine Übung in Freiheit und Unabhängigkeit sein. Grund genug für mich, dieses Projekt gespannt zu verfolgen.
Darauf gestoßen bin ich über einen Beitrag im Literaturcafé.
Gepriesen sei das Netz. Halleluja.
Gefreut:
über Astrid, die seit dem 13. Januar wöchentlich einen ausführlichen Artikel über Raif Badawi schreibt und darin die neuesten Infos mit eigenen Gedanken zum Thema verknüpft. Sie hat sich vorgenommen, "erst dann auf[zu]hören, über diesen mutigen Blogger zu posten, wenn seine Strafe ausgesetzt ist."
Es ist enorm wichtig, dranzubleiben, auch bzw. erst recht dann, wenn das Medieninteresse langsam nachlässt und sich verlagert. Daher an dieser Stelle noch ein Link zu einem Appell von Raif Badawis Frau Ensaf Haidar.
Gearbeitet:
Viel. Und deshalb bis auf einen Amnestyaufruf und meinen Rückblick nichts gebloggt in dieser Woche. So what? Time works.
Was man so:
oder so:
oder anders interpretieren kann.
***
***
Freitag, 20. März 2015
(Spiel)Raum
Es muss einen Raum geben innerhalb des Widerspruchs, dass Worte einerseits nie genügen und ihrer andererseits stets zu viele sind. Einen Raum, der eng und weit genug, umschließend und zugleich freigebend ist. Einen Raum für Genauigkeit und Entfaltung. Es muss diesen Raum innerhalb der Sprache geben. Es gibt ihn, schätze ich und nenne ihn – – – nein, ich (be)nenne ihn nicht. Poesie wollte ich zuerst schreiben, dann fiel mir der Wandel ein, den die Bedeutung des Begriffs im Lauf der Zeit durchgemacht hat. Zu ungenau und missverständlich also. Dichtung dachte ich als nächstes, aber ähnlich problematisch auch das. Tja, welches Wort, welcher Begriff könnte passen? Ich suche hier ja gar nichts objektiv Richtiges, allgemein Gültiges. Oder vielleicht doch? Ich weiß es nicht sicher. Mir würde schon ein Begriff genügen, der genau ausdrückt, was ich meine und sagen will. Wie also kann ich diesen Raum bezeichnen? Einen Raum, dessen Existenz ich ja nur vermute oder spüre, so sage ich jedenfalls, weil ich nicht wage, zu behaupten, dass ich um diesen Raum weiß. Denn dann müsste ich vielleicht einen Beweis antreten, und wie soll ich das bewerkstelligen, wenn mir noch nicht einmal das passende Wort für diesen Raum einfällt. Aber, so denke ich gerade, vielleicht muss es ja so sein, dass es keine Bezeichnung für diesen Raum gibt. Denn eine konkrete Bezeichnung würde ihn ja definieren, würde ihn damit ein- und begrenzen. Möglicherweise entzieht er sich dem, will/muss unbenannt und somit frei und wandelbar bleiben, anpassungs- und entwicklungsfähig, je nach Bedarf. Vielleicht ist dieser Raum innerhalb des Zuviels und Zuwenigs an Worten genau dieses Spielfeld, auf dem alles möglich und erlaubt ist, in dem aber aus eben diesen Gründen nichts zwingend erfolgen muss, sondern sein und bleiben und vergehen kann, wie es will, in vollem spielerischen Ernst. Vielleicht will dieser Raum nicht benannt, sondern einfach genutzt werden. Zum Spiel. Und vielleicht ist dieses Spiel, dieses Spielen eine ähnlich komplexe Herausforderung wie Lieben und Sterben es sind. Ja, denke ich, genau darum handelt es sich, genau das ist es, ist er: ein Spielraum. Ohne jetzt gleich viel klüger zu sein, nachdem ich dieses Wort, oder besser die Möglichkeit eines frei definierenden Wortes gefunden habe, so klug war ich vielleicht als Kind, da wusste ich noch, wie das geht: Spielen, ohne zu wissen, dass ich spiele und ohne zu wissen, dass ich (es) weiß. Heute weiß ich (es) nicht mehr, oder weiß nur zu gut/zu viel, es gibt da zwar diese Momente, die immens glückvollen, weil unbewussten, die leider immer viel zu kurz sind, sich nicht konservieren lassen und auch in der Erinnerung verblassen. Aber es gibt sie, und es gibt sie zuhauf, wenn ich mich im oben genannten unbenannten Raum bewege. Spielerisch wild wie ein junges flüchtiges Tier. (Huch, sogar Metaphern und Vergleiche sind dort erlaubt. Ich bin fasziniert.)
Und gegen den Takt meines Wortflusses schlägt irgendwo ein Vogelherz mit einem schöneren wärmeren Geräusch als ich es je werde produzieren können ...
Und gegen den Takt meines Wortflusses schlägt irgendwo ein Vogelherz mit einem schöneren wärmeren Geräusch als ich es je werde produzieren können ...
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Dienstag, 10. März 2015
Ankunftsort (aus der Reihe Kleine Bekenntnisse am Morgen)
Sollte mein Bedürfnis, endlich irgendwo anzukommen, eines Tages übermächtig werden, dann hoffe ich sehr, dass ich mir als Ankunftsort nicht eine feste Überzeugung wähle, sondern die Kapitulation vor einer Wahrheit, deren ganzes Ausmaß mit unseren beschränkten menschlichen Mitteln nicht zu fassen ist. Ich stelle mir diesen Ort der Kapitulation als einen sehr freien und friedlichen vor, und vielleicht stehe ich längst mit einem Fuß darin, sehnsüchtig, aber noch zögerlich, denn vorerst bin ich noch unglaublich gerne ziel- und absichtslos unterwegs.
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Sonntag, 8. März 2015
Lieber Freund und Kritiker (Nein, dies ist keine Polemik)
an einen/jeden – auch den imaginierten – Kritiker gerichtet
Warte!, sagst du, sagst: Halt!, du bist noch nicht soweit, dir fehlt noch dies und vor allem noch das, lies noch mehr, lerne noch intensiver, beschäftige dich noch konzentrierter mit diesem und vor allem mit jenen, die sich schon lange vor dir damit beschäftigt haben, die es bereits von zahllosen Seiten beleuchtet, die es auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt haben, die viele kluge und aufschlussreiche Dinge schon lange vor dir geäußert haben, tu das, sagst du, lies die, sagst du, wenn du mitreden willst, aber ..., sage ich, nichts aber, sagst du, doch, sage ich, doch, es muss da ein voraussetzungsloses Denken geben, ein frischgebürtliches, das etwas Neues hinzufügt aus einer Ungeprägtheit heraus, nicht aufbauend oder anschließend an etwas Altes, Übermitteltes, Angeeignetes, sondern ausgehend vom ersten erblickten Lichtstrahl, vom ersten wahrgenommenen Geruch, vom ersten gehörten Laut, von der ersten gefühlten Berührung, vom ersten erlebten Geschmack, so etwas Frisches, Eigenes, Unnachahmliches, den Wunsch nach Wiederholung Einpflanzendes, so etwas ..., Blödsinn, sagst du, das alles ist nichts ohne Referenz, ohne ein Bezugssystem, dafür braucht es Jahre und Jahrzehnte des Fleißes und des klar ausgerichteten Interesses, das kriegst du nicht so schwupps aus dem Mutterleib gleitend mit, das musst du dir hart erarbeiten, das dauert, das fordert, darüber wirst du unter Umständen faltig und grau, ja, sage ich, und dann bin ich tot, da hab ich dann aber wirklich was von gehabt, habe meinen Beitrag des gläubigen Zitierens geleistet, brave Jüngerin, ich, treue Vermittlerin der Altehrwürdigen, supersupertoll das, nichts Besseres, Schöneres, Wahreres kann ich mir vorstellen, danke danke danke für die Lektion, großer Meister, Hey, stopp, sagst du, jetzt aber mal nicht so polemisch, nee, stimmt ja, sage ich, die Polemik ist ja dein Fachgebiet, ich sollte mal schön bei meiner Naivität bleiben, da gehöre ich hin, in die einfältigen Räume, die ich mir selbst auffächere, nach außen stülpe, in denen ich mich selbst frei bewege, aus mir heraus und über mich hinaus, in denen ich Rahmen in unvorbestimmte Richtungen sprenge und Grenzen mal überschreite, mal untergrabe, in denen ich lese, was ich will, das ist mein Gesetz, es gibt ja auch kein anderes und wenn, wäre es eingebildet, künstlich, und klar, sage ich, klar will ich lernen, begierig sogar, aber ohne Zwang, künstlich auch der, ohne überhöhtes Muss, ohne jegliche Gläubigkeit und Folgsamkeit, ohne all das, und, sage ich, ich wünschte, jeder und jede wäre so frei, ach was, das sind sie ja, aber sie nutzen diese Freiheit nicht, bitten erst um Erlaubnis, machen sich klein, vorgeburtlich klein, wie so ein Embryo, ich aber, sage ich, ich will mich strecken, weit ausstrecken, nicht nach den alten Büchern, sondern nach dem Himmel, dem azurnen Raum über mir und weit am Horizont, den will ich berühren und greifen, in den will ich mich vertiefen, den will ich bitten, sich zu offenbaren, mich zu lehren, dem will ich glauben ..., und jetzt sagst du nichts mehr, hältst mich vielleicht für einen hoffnungslosen Fall, kurz bin ich versucht, deinem sich bereits abwendenden Blick die Tür zu öffnen in einen meiner Räume, der mit Büchern vollgestellt ist, alle von mir gelesen, verschlungen, ja, was sagst du nun, und denke, du wärest für einen Augenblick komplett verwirrt, wie jetzt?, würdest du mit hochgezogenen Augenbrauen fragen, also doch nicht so jungfräulich naiv?, und ich würde lachen, nee, würde ich sagen, ich liebe es, zu lesen und zu lernen, da staunste, was?, aber ich lasse mir nicht befehlen, lasse mich nicht konditionieren, nicht von Buchstaben, und dann würde ich dich stehen lassen in deiner Perplexität und würde hinaustreten an die Luft und in die von ihr umschlossene Komplexität und würde einmal tief durchatmen, lieber Freund und Kritiker, ja, du hast richtig gehört: Freund, als den ich dich in aller Freiheit immer noch sehe und bezeichne, sag, bist du auch so frei?
Warte!, sagst du, sagst: Halt!, du bist noch nicht soweit, dir fehlt noch dies und vor allem noch das, lies noch mehr, lerne noch intensiver, beschäftige dich noch konzentrierter mit diesem und vor allem mit jenen, die sich schon lange vor dir damit beschäftigt haben, die es bereits von zahllosen Seiten beleuchtet, die es auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt haben, die viele kluge und aufschlussreiche Dinge schon lange vor dir geäußert haben, tu das, sagst du, lies die, sagst du, wenn du mitreden willst, aber ..., sage ich, nichts aber, sagst du, doch, sage ich, doch, es muss da ein voraussetzungsloses Denken geben, ein frischgebürtliches, das etwas Neues hinzufügt aus einer Ungeprägtheit heraus, nicht aufbauend oder anschließend an etwas Altes, Übermitteltes, Angeeignetes, sondern ausgehend vom ersten erblickten Lichtstrahl, vom ersten wahrgenommenen Geruch, vom ersten gehörten Laut, von der ersten gefühlten Berührung, vom ersten erlebten Geschmack, so etwas Frisches, Eigenes, Unnachahmliches, den Wunsch nach Wiederholung Einpflanzendes, so etwas ..., Blödsinn, sagst du, das alles ist nichts ohne Referenz, ohne ein Bezugssystem, dafür braucht es Jahre und Jahrzehnte des Fleißes und des klar ausgerichteten Interesses, das kriegst du nicht so schwupps aus dem Mutterleib gleitend mit, das musst du dir hart erarbeiten, das dauert, das fordert, darüber wirst du unter Umständen faltig und grau, ja, sage ich, und dann bin ich tot, da hab ich dann aber wirklich was von gehabt, habe meinen Beitrag des gläubigen Zitierens geleistet, brave Jüngerin, ich, treue Vermittlerin der Altehrwürdigen, supersupertoll das, nichts Besseres, Schöneres, Wahreres kann ich mir vorstellen, danke danke danke für die Lektion, großer Meister, Hey, stopp, sagst du, jetzt aber mal nicht so polemisch, nee, stimmt ja, sage ich, die Polemik ist ja dein Fachgebiet, ich sollte mal schön bei meiner Naivität bleiben, da gehöre ich hin, in die einfältigen Räume, die ich mir selbst auffächere, nach außen stülpe, in denen ich mich selbst frei bewege, aus mir heraus und über mich hinaus, in denen ich Rahmen in unvorbestimmte Richtungen sprenge und Grenzen mal überschreite, mal untergrabe, in denen ich lese, was ich will, das ist mein Gesetz, es gibt ja auch kein anderes und wenn, wäre es eingebildet, künstlich, und klar, sage ich, klar will ich lernen, begierig sogar, aber ohne Zwang, künstlich auch der, ohne überhöhtes Muss, ohne jegliche Gläubigkeit und Folgsamkeit, ohne all das, und, sage ich, ich wünschte, jeder und jede wäre so frei, ach was, das sind sie ja, aber sie nutzen diese Freiheit nicht, bitten erst um Erlaubnis, machen sich klein, vorgeburtlich klein, wie so ein Embryo, ich aber, sage ich, ich will mich strecken, weit ausstrecken, nicht nach den alten Büchern, sondern nach dem Himmel, dem azurnen Raum über mir und weit am Horizont, den will ich berühren und greifen, in den will ich mich vertiefen, den will ich bitten, sich zu offenbaren, mich zu lehren, dem will ich glauben ..., und jetzt sagst du nichts mehr, hältst mich vielleicht für einen hoffnungslosen Fall, kurz bin ich versucht, deinem sich bereits abwendenden Blick die Tür zu öffnen in einen meiner Räume, der mit Büchern vollgestellt ist, alle von mir gelesen, verschlungen, ja, was sagst du nun, und denke, du wärest für einen Augenblick komplett verwirrt, wie jetzt?, würdest du mit hochgezogenen Augenbrauen fragen, also doch nicht so jungfräulich naiv?, und ich würde lachen, nee, würde ich sagen, ich liebe es, zu lesen und zu lernen, da staunste, was?, aber ich lasse mir nicht befehlen, lasse mich nicht konditionieren, nicht von Buchstaben, und dann würde ich dich stehen lassen in deiner Perplexität und würde hinaustreten an die Luft und in die von ihr umschlossene Komplexität und würde einmal tief durchatmen, lieber Freund und Kritiker, ja, du hast richtig gehört: Freund, als den ich dich in aller Freiheit immer noch sehe und bezeichne, sag, bist du auch so frei?
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