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Freitag, 8. Februar 2013

führst die Welt noch einmal zum Mund

Wenn kein und jedes Wort stimmt, wenn das Revidieren kein Ende nimmt und die Umschreibungen immer nur Annäherungen an etwas sich stetig Entfernendes sind, wenn ein Abschied ansteht und ein täuschend beliebiger Neuanfang, wenn das Grab wieder und wieder geöffnet wurde zu Zwecken der Obduzierung, wenn dies einem Leichenschmaus gleichkam, einem kannibalischen, wenn es entgleitet und am Ende die Hände leer sind und nichts, rein gar nichts bleibt, kein Vor und kein Zurück, wenn du dann mit diesen leeren Händen ins Nichts greifst,
dann
- vielleicht -
wachst du zum zweiten Mal auf
und
führst die Welt noch einmal zum Mund
lässt ihr Drehgeräusch noch einmal in den Ohren zergehen
schmiegst dich noch einmal in ein Lager aus wilden Tieren und Sturm
setzt deinen Fuß noch einmal über den Abgrund aus unauslöschlichen Bildern
und
sagst weder bitte noch danke
sondern
erlaubst dir
zu sehen
zu hören
zu schmecken
was will
und auch
dessen Namen

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Mantel und Schlüssel

Wenn man über viele Jahre hinweg nackt war bis auf die Knochen, den Wohlmeinenden zur Schau gestellt, den Wissenden zur Begutachtung überreicht, wenn man durchleuchtet war und dies schließlich sein wollte, da es so einfacher war, wenn man gefroren hatte unter kühlen Augen und keine unvermessene Stelle mehr am Leib hatte, wenn jede Erhebung, jede Vertiefung von harter Hand erforscht und geebnet war, wenn man so von innen nach außen gestülpt war zu seinem eigenen Besten, dessen Bekanntschaft zu machen aber nicht erlaubt war, dann wünscht man sich nichts mehr als einen Mantel und einen Schlüssel zu einem Schloss an einer Tür zu einem Raum in einem Selbst, das nicht entäußert ist, das sich der regelrechten Nabelschau verweigert, das Anwesenheit und Inmittenheit sichselbstentsprechend definiert und ausprobiert, ein Selbst, das sich bedeckt hält und mit Lust verhüllt, an seiner Choreographie der Entblößung bis zum Ende zitternd schreibt und das sich nackt vorläufig nur der Nacht, der Liebe und dem Tode zeigt. 

Sonntag, 2. Oktober 2011

Höher, weiter

Wenn man über viele Jahre hinweg auf alles eine Antwort bekommen hat, häufig ungefragt, wenn der Geist unterfordert war und der Verstand vergewaltigt wurde, dann beginnt man, die Fragen zu lieben und etwas anderes zu suchen als Antworten, man stürzt sich auf Kompliziertes und Dinge, die man nicht auf Anhieb versteht, man verbittet sich Eingängiges und Erklärungen für weniger Eingängiges, man schaut immer eine Stufe höher, einen Schritt weiter, als der eigene, in Grenzen gehaltene Horizont reicht, man macht schmerzhafte Dehnungsübungen, um sich der Herausforderung des Fremden zu nähern, badet in dunklen Gewässern und springt hoch in die Luft, ohne zu wissen, wo man landen wird, man trainiert die verkümmerte Muskulatur seines Selbst und holt sich Blessuren, die schmerzen, die immer wieder die Begrenzung zeigen, aber auch die Kraft und die Möglichkeit eines tatsächlich eigenen Willens, man kehrt zurück in frühe Instinkte, die übersprungen wurden, verdeckt, aber nicht gelöscht, lässt sie Luft holen und sich ausbreiten, man nimmt sich seinen Hunger und seinen Durst und durchquert damit jede offen daliegende Welt, man staunt und wundert sich und liebt über alles die Vielfalt und ihre selbstverständliche Inanspruchnahme des Rechts auf Dasein und Ausdruck. Und man lässt sich nicht mehr bremsen.