Wie die Zeit nie vorüber geht, sondern immer mitten hindurch.
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Spuren. In deinen Händen liegen Jahre, nicht mehr alle, manche sind davongeflogen, andere aber wiegen schwer, auch die leichten, sie bleiben, graben sich tief ein ...
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Weißt du noch?
Wir wateten durch die schneeschmelznassen Wiesen, fröstelnd, jauchzend, trugen den Frühling in uns, ausbruchbereit, fassten alles an, ballten unsere kleinen Fäuste um den hellen Tag, warfen ihn hoch in die Luft
Dann Sommer. Die Forellen in dem kleinen Bach, wir auf dem Holzsteg darüber, die Puppe baumelte vergessen in der einen Hand, während die andere Kiesel ins Wasser warf ... das Funkeln um uns und in uns ... wir ... unsere rosige Sonnenhaut ... unsere kleinen verschwitzten Sommerhände ...
Weißt du noch? Ist schon lange her.
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Immer und überall Hände. Warum mir die so im Gedächtnis verankert sind? ...
Große Hände, alte Hände, papierdünne knittrige Haut mit braunen Flecken, junge Hände, kräftige, geschickte, emsige Hände, sanfte Hände, traurige Hände, ja, auch die, die tränentraurigen Hände, und die tröstenden auch ...
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Wir sammelten Pilze und Heidelbeeren, rührten Teig an, buken Pfannkuchen, pressten Zitronen in den Krug mit Quellwasser, schütteten heimlich die doppelte Portion Zucker dazu, stippten den Finger tief ins süße Leben, leckten ihn ab mit geschlossenen Augen ...
Die schweren Bettdecken, die knarzenden Dielen, die Spinnen in den Winkeln, der Duft nach ... allem ... üppiger Wiesenblumenstrauß ... Sonne und Nacht ... Grillenzirpen durchs offene Fenster, tanzende Schatten an der Wand, schläfrig gewisperte Pläne für den nächsten Tag ... Ferien ... sich selbst überlagernde Zeit ...
Der vergrabene Schatz, die geheimen Zusammenkünfte in den Wipfeln der Bäume, die kräftigen Muskeln, die junge Haut, die Sprünge, die Hüpfer, die Wettrennen, die Würfe, die Spiele, die Abenteuer, die Gefahr, die Träume, der tiefe Schlaf ...
Warum ausgerechnet das ... so lange her ... Weißt du noch?
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die kalten Hände, wächsern, bleich, mit dem Nimmermehr in allen Fasern, stumm auf dem weißen Laken, der kühle Raum, die durchtrennte Luft, das Nein und das Nicht und das abgeschnittene Du
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die Wiederholungen, die Raster, die scharfen Kanten, die Kästchen, die ewige Uhr, die Abläufe
das Schöne
das Gute
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meine Hände auf der Tastatur, meine tanzenden Finger und das in ihnen wohnende Wissen, die Linien in meinen Handflächen und wovon sie sprechen: dass dies alles längst nicht alles ist
das nicht Endende, das die Verbindung herstellt zu dem allerersten unbewussten alles Umfassenden
der Griff, das Begreifen, das Tasten, das Fassen, das wieder Lassen
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Mittwoch, 4. März 2015
Samstag, 1. November 2014
geheime Formel
Das war ein Sommer, den sie unter einem Strauß gebündelter Sonnen durchlebte. Sie maß die Zeit in nicht endenden Belichtungen warmer innerer Bilder. Kein einziger Gedanke an mögliche Notwendigkeiten, beispielsweise solche, die eine wie auch immer geartete Zukunft betrafen. Ein Begriff wie Zukunft bleibt ungefüllt, vollkommen abstrakt in Zeiträumen, die das Innere ungeheuer heller, ungeheuer weicher Kugeln bilden. Sie konnte nicht linear denken in diesem Sommer, der zwar einen Verlauf darstellte, aber weder irgendwoher zu kommen, noch irgendwohin zu führen schien. Das ist ewig, dachte sie und wusste um den Wahrheitsgehalt dieses Gedankens und zugleich um die Unmöglichkeit einer Beweisführung. Am Ende des Sommers trat sie aus der Kugel heraus und verleibte sie sich ein, mitsamt ihres ewigen Inhalts. Drinnen ist genauso viel Platz wie draußen, dachte sie, und zwar auf den Kubiknanometer genau. Und wusste auch hier um den Wahrheitsgehalt wie um die Unmöglichkeit eines Beweises. Was war, bleibt. Für immer. So lautet die Formel. Mag sein, dass sie top secret ist.
Donnerstag, 30. Oktober 2014
was dann?
wie du im Herbst auf einmal spürst, dass dich schon der Sommer etwas anging, der vergangene, der doch erst gestern noch ... nein? ... doch! noch gestern!, und wie du dann nicht glauben willst, dass es tatsächlich ein zu spät gibt, wie du dich bäuchlings auf den Boden wirfst, ins Gras, und hineinbeißt ins verglimmende Grün und bettelst und nicht fassen kannst, dass keiner dich hört, wie du dann haderst und dich auch das Weiterdrehen der Welt nicht tröstet und du nichts wissen willst von einem neuen Frühling, weil doch dieser eine Sommer, dieser unwiederbringliche, weil doch ausgerechnet der ... ja ... ach ... und wie du dann ... und wie du dann ... ja ... was dann?
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