Ich war acht Jahre alt und besuchte die dritte Klasse der Grundschule, als ich meinen Freundinnen Inge und Marion, nachdem ich sie absolute Geheimhaltung hatte schwören lassen, anvertraute, dass ich in Wahrheit eine Prinzessin vom anderen Stern wäre und nur für begrenzte Zeit in ihrer Stadt (Hagen/Westfalen) verweilte, nämlich so lange, bis mein Vater seinen Forschungsauftrag auf ihrem Planeten erfüllt hätte, in dem es aber um derart geheime Sachen ginge, dass ich ihnen leider nichts darüber erzählen könnte, wobei die Tatsache, dass ich eine Prinzessin und noch dazu von einem anderen Stern war, schon Anlass genug zur Aufregung bot, jedenfalls, nachdem die Überzeugung vollends gelungen war, und die beiden immer mehr Einzelheiten hören wollten, welche zu erfinden ich aber irgendwann müde wurde, sodass ich, nachdem sich zusätzlich zu der Ermüdung noch Gewissensbisse eingestellt hatten, die Sache aufklärte, oder jedenfalls aufzuklären versuchte, was sich als überaus schwierig erwies, da Inge und Marion inzwischen derart überzeugt waren, es wahrscheinlich auch gerne sein wollten, dass sie meinten, ich müsste keinen Rückzieher machen, sie könnten ein Geheimnis wahren, ich sollte ihnen vertrauen und mir keine Sorgen machen, schließlich wären wir beste Freundinnen, worauf mich mehr und mehr das Gefühl beschlich, es könnte etwas dran sein, ich wäre vielleicht wirklich eine Prinzessin vom anderen Stern, deren Gehirn aus Sicherheitsgründen so gepolt worden war, dass sie sich für eine Erdbewohnerin hielt, die Märchen erfand.
(Bis zum heutigen Tag weiß ich nicht ...)
Samstag, 31. März 2012
Donnerstag, 29. März 2012
Siehst du?
- Siehst du?
- Nein.
- Du scheinst mit Spiegeln umstellt.
- Ich bin umgrenzt.
- Von deinem Bild. In tausendfacher Werfung.
- Du verachtest mich.
- Im Gegenteil.
- Aber du hinterlässt Scherben. Jeder deiner Sätze tut das.
- Es sind Spiegelscherben. Dahinter liegt die Welt.
- Du bist grausam. Du ermordest mich.
- Was du fallen siehst, ist eine Blendung. Öffne die Augen.
- Was ist es, das dort liegt?
- Die Welt. Die ganze Welt, dir zu Füßen.
- Das fasse ich nicht.
- Das verlangt sie nicht. Geh einen Schritt.
- Hinaus? Ins Ungewisse?
- Hinaus. Ins Freie.
- Es tut weh.
- Das ist die ungewohnte Bewegung..
- Wie soll ich mich verhalten? Muss ich lächeln? Grüßen?
- Vorläufig genügt ein Betrachten.
- Und später?
- Ein Staunen.
- Und dann?
- Glaub mir, sie trägt dich und nimmt dich mit vom Tag in die Nacht in den Tag.
- Ich habe Angst.
- Das ist gut, denn es nicht ungefährlich.
- Und trotzdem?
- Und trotzdem.
- Nein.
- Du scheinst mit Spiegeln umstellt.
- Ich bin umgrenzt.
- Von deinem Bild. In tausendfacher Werfung.
- Du verachtest mich.
- Im Gegenteil.
- Aber du hinterlässt Scherben. Jeder deiner Sätze tut das.
- Es sind Spiegelscherben. Dahinter liegt die Welt.
- Du bist grausam. Du ermordest mich.
- Was du fallen siehst, ist eine Blendung. Öffne die Augen.
- Was ist es, das dort liegt?
- Die Welt. Die ganze Welt, dir zu Füßen.
- Das fasse ich nicht.
- Das verlangt sie nicht. Geh einen Schritt.
- Hinaus? Ins Ungewisse?
- Hinaus. Ins Freie.
- Es tut weh.
- Das ist die ungewohnte Bewegung..
- Wie soll ich mich verhalten? Muss ich lächeln? Grüßen?
- Vorläufig genügt ein Betrachten.
- Und später?
- Ein Staunen.
- Und dann?
- Glaub mir, sie trägt dich und nimmt dich mit vom Tag in die Nacht in den Tag.
- Ich habe Angst.
- Das ist gut, denn es nicht ungefährlich.
- Und trotzdem?
- Und trotzdem.
Dienstag, 27. März 2012
Gelassen (haben und sein)
"Und, was hast Du so gemacht?"
"Ich habe einen Stein nicht umgedreht, einen Vogel nicht verscheucht, eine Blume nicht gepflückt."
"Und was noch?"
"Nicht Buch geführt."
***
Hiermit öffne ich vorsichtig das Gatter und betrete meinen in den vergangenen Wochen sich selbst überlassenen Garten. Mal sehen ...
Ins Grüne
Von Zeit zu Zeit wird der Anstaltsbus in den Hof gerollt und mit Wasser und Seife, Schwämmen und Tüchern, Bürsten und Wedeln bearbeitet, bis er blitzt. Da drängen sich die im Haus Verwahrten an den Fenstern, glucksen und zappeln und winken, denn sie wissen: Bald geht es hinaus ins Grüne. Davon sollen ihre Augen gesunden, und noch mehr das, was dahinter liegt.
Während der Fahrt bekleckern sie sich mit Pfefferminztee aus Thermosflaschen und zwitschern und flattern wie Vöglein vorm Öffnen der Käfigtür. Angekommen, stolpern sie eins übers andere hinaus ins Freie, schleudern die Schuhe von den Füßen und rennen mit ausgebreiteten Armen über Wiese und Feld. Der Wind hebt sie empor, sie fliegen ein Stück, verfangen sich in blühenden Zweigen und landen zersaust im Gras. Dort schlagen sie Purzelbäume, graben ihre Zehen ins Erdreich, plumpsen vornüber und versenken ihre Nasen ins kitzelnde Grün. Fest schließen sie ihre Fäuste um Klee und Löwenzahn, niemals mehr lassen sie los.
Doch kaum sind die Picknickdecken ausgebreitet und die Speisen darauf angerichtet, verwandeln sie sich in hungrige Bären. Dann stürmen sie herbei, langen zu und stopfen in sich hinein, prusten und schmatzen und wischen sich über die fettigen Lippen. Sie vertilgen Gebirge, dehnen sich weit über ihre Ränder hinaus und kichern über die Frühlingsluft, an der sie sich wieder und wieder verschlucken. Hier draußen dürfen sie gierig sein, das ist nicht nur erlaubt, das ist erwünscht, denn alles um sie herum ist satt und rund - das Grün, das Gelb, das Blau - und alles ruft ihnen zu: Esst! Trinkt! Platzt vor Freude!
Ist der letzte Krümel verputzt, strecken sie ihre prallen Bäuche in die Sonne und lassen sich wärmen wie von Eltern, die einander lieben, aber ihr Kind noch viel mehr und es in ihre Mitte nehmen, Tag um Tag um Tag. Schmetterlinge rasten auf ihren geschlossenen Lidern, Käfer schmiegen sich in ihre Ohrmuscheln und Spinnen verknüpfen ihre losen Enden mit dem Rest der Welt. Das Grün schaukelt sie sanft. So dösen sie vor sich hin, empfangen helle Träume, und für eine unvermessene Weile bleiben sämtliche Schatten fern.
Während der Fahrt bekleckern sie sich mit Pfefferminztee aus Thermosflaschen und zwitschern und flattern wie Vöglein vorm Öffnen der Käfigtür. Angekommen, stolpern sie eins übers andere hinaus ins Freie, schleudern die Schuhe von den Füßen und rennen mit ausgebreiteten Armen über Wiese und Feld. Der Wind hebt sie empor, sie fliegen ein Stück, verfangen sich in blühenden Zweigen und landen zersaust im Gras. Dort schlagen sie Purzelbäume, graben ihre Zehen ins Erdreich, plumpsen vornüber und versenken ihre Nasen ins kitzelnde Grün. Fest schließen sie ihre Fäuste um Klee und Löwenzahn, niemals mehr lassen sie los.
Doch kaum sind die Picknickdecken ausgebreitet und die Speisen darauf angerichtet, verwandeln sie sich in hungrige Bären. Dann stürmen sie herbei, langen zu und stopfen in sich hinein, prusten und schmatzen und wischen sich über die fettigen Lippen. Sie vertilgen Gebirge, dehnen sich weit über ihre Ränder hinaus und kichern über die Frühlingsluft, an der sie sich wieder und wieder verschlucken. Hier draußen dürfen sie gierig sein, das ist nicht nur erlaubt, das ist erwünscht, denn alles um sie herum ist satt und rund - das Grün, das Gelb, das Blau - und alles ruft ihnen zu: Esst! Trinkt! Platzt vor Freude!
Ist der letzte Krümel verputzt, strecken sie ihre prallen Bäuche in die Sonne und lassen sich wärmen wie von Eltern, die einander lieben, aber ihr Kind noch viel mehr und es in ihre Mitte nehmen, Tag um Tag um Tag. Schmetterlinge rasten auf ihren geschlossenen Lidern, Käfer schmiegen sich in ihre Ohrmuscheln und Spinnen verknüpfen ihre losen Enden mit dem Rest der Welt. Das Grün schaukelt sie sanft. So dösen sie vor sich hin, empfangen helle Träume, und für eine unvermessene Weile bleiben sämtliche Schatten fern.
Dienstag, 20. März 2012
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