Dass mir die Zeit fehlt ...
Deine Mutter. Erst gebärt sie dich, dann stirbt sie. Dazwischen liegen Jahrzehnte, in denen euer Verhältnis sich auswirkt: in die Vergangenheit, in die Zukunft, in die Struktur deines Körpers, deines Wesens. Zum Glück gibt‘s fähige Therapeutinnen. Und die Zeit. Und die wunderbare Möglichkeit sich zu entwickeln. Dem Kokon, den klebrigen Fäden zu entschlüpfen. Du zu sein, wie frisch gewaschen. Wenn auch nicht mehr die Jüngste. Was dann aber so unwichtig ist, wie du es dir nie hättest träumen lassen. Wenn du die Straße entlang gehst, senkst du deinen Blick nicht. Das fällt dir auf, es ist eine Veränderung. Es fällt dir auf und es macht dich froh. Und es macht dich stolz. Du hast es bis hierher geschafft. Du hast es weit gebracht. Und da kommt noch mehr. Manchmal vermisst du sie. Deine Mutter. Wenn sie dich heute sehen könnte. Du ahnst, dass sie froh wäre. Dass sie Frieden schließen könnte. Nicht zuletzt mit sich. Vielleicht hat sie es längst getan. In ihren letzten Stunden, Tagen, Jahren. Und hat es für sich behalten, weil sie dich nicht schon wieder hineinziehen wollte, weil auch sie die klebrigen Fäden abstreifen wollte, weil sie wusste, dass es für bestimmte Wege keine Abkürzungen gibt und dass jede ihren Weg selbst und allein gehen muss, darf ... Deine Mutter. Erzähl deiner Tochter von ihr. Und von dir.
Zu diesen Gedanken, die ich in wenigen Minuten aufgeschrieben habe, wie sie mir kamen, und die ich unbearbeitet so stehen lasse, hat mich das Lesen in Elkes Blog Tausend Mutterbilder angeregt. Schnell aufgeschrieben, zu mehr fehlt mir – immer noch – die Zeit.
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