Wir ernähren uns von Fisch und Wildpflanzen. Du hast mir beigebracht, essbare von giftigen zu unterscheiden. Trotzdem musst du immer noch ein paar Stängel, Beeren oder Knollen aussortieren, wenn ich allein unterwegs war zum Sammeln.
Die nächsten Siedlungen sind jeweils einen Tagesmarsch entfernt, wir haben alle vier Himmelsrichtungen geprüft. Seltsam erschien mir dabei, dass wir nirgends auf das Haus stießen, aus dem wir geflohen waren. Davor hatte ich mich heimlich gefürchtet. Wir seien inzwischen weiter davon entfernt, als man in der Spanne eines Lebens laufen könne, erklärtest du mir, und ich fragte nicht weiter.
Mir ist, als dehnten wir Zeit und Raum. Nie hätte ich mir vorstellen können, mich außerhalb einer alles umschließenden Mauer und ohne durchstrukturierten Tagesablauf so sicher zu fühlen.
Wir treiben dahin. Wir liegen im Gras, wir baden im Fluss. Wir essen und trinken und kümmern uns um die Nachtigall. Ich stelle dir Fragen, du antwortest in Rätseln, die mich weit mehr befriedigen als all die banalen Gültigkeiten, mit denen ich von den Hütern abgespeist worden war.
Vor allem aber sind wir einander hingegebene Körper.
Mir ist, als fügtest du mich zusammen, weil du in eine Haut geschlüpft bist, die reißen kann, unter der Blut pocht, das davonfließen kann, unter der Knochen liegen, die brechen können. Manchmal möchte ich mich wie eine zweite Haut um dich legen, zum Schutz, aber stattdessen legst du dich um mich, hebst mich empor und lässt mich ein Stück fliegen, losgelöst, um uns von oben zu betrachten. Aber das halte ich immer nur solange aus, bis sich etwas Dunkles dazwischenschiebt, ein erdschwerer Schatten, den ich nicht sehen will, weil ich nicht zu erkennen vermag, ob er mir Vergangenes oder Zukünftiges zeigt. Also lasse ich mich fallen und lande in einem beruhigend gegenwärtigen und schlichten Bedürfnis wie Hunger oder Durst oder Müdigkeit oder Lust.
Ich sollte, ich muss von den Hütern erzählen. Ja. Und ich werde es tun. Bald. Was innerhalb gedehnter Zeit ein überraschend freizügiger Begriff ist.
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