Mittwoch, 26. Oktober 2011

Mantel und Schlüssel

Wenn man über viele Jahre hinweg nackt war bis auf die Knochen, den Wohlmeinenden zur Schau gestellt, den Wissenden zur Begutachtung überreicht, wenn man durchleuchtet war und dies schließlich sein wollte, da es so einfacher war, wenn man gefroren hatte unter kühlen Augen und keine unvermessene Stelle mehr am Leib hatte, wenn jede Erhebung, jede Vertiefung von harter Hand erforscht und geebnet war, wenn man so von innen nach außen gestülpt war zu seinem eigenen Besten, dessen Bekanntschaft zu machen aber nicht erlaubt war, dann wünscht man sich nichts mehr als einen Mantel und einen Schlüssel zu einem Schloss an einer Tür zu einem Raum in einem Selbst, das nicht entäußert ist, das sich der regelrechten Nabelschau verweigert, das Anwesenheit und Inmittenheit sichselbstentsprechend definiert und ausprobiert, ein Selbst, das sich bedeckt hält und mit Lust verhüllt, an seiner Choreographie der Entblößung bis zum Ende zitternd schreibt und das sich nackt vorläufig nur der Nacht, der Liebe und dem Tode zeigt. 

5 Kommentare:

  1. Das.
    Ist ein Text, bei dem ich mehrmals innerlich JA geschrien habe.

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  2. So, wie es mir mit verschiedenen Eurer Texte geht, liebe Phyllis, liebe Melusine.

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  3. mantel und schlüssel wurden uns schon in die wiege gelegt und wir schätzen dies je länger, je lieber.

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  4. Und manchen werden sie schon in der Wiege oder später genommen, und die schätzen sie nach ihrer Rückeroberung umso mehr.

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