Sonntag, 30. Mai 2010

Wunder (Loses Blatt #20)

Wunder werden in Absichtslosigkeit gezeugt und in Erwartungslosigkeit geboren.

Mittwoch, 26. Mai 2010

Für meinen Hunger

Für meinen Hunger
dein Wort
Für meinen Durst
dein Blick
Für meine Müdigkeit
dein Arm

Unbegründete Traurigkeit

Als ließe sich Freude berechnen
Als könnte man Zufriedenheit planen
Als wäre Glück machbar

Wir ziehen durch Verborgenheit
Kreuzen Strand und Asphalt
Eine schmale Sonne
Ein spottender Mond
Ein leiser Schmerz in deinem Innern
Der sich nicht begründen lässt

Was schwärzt deinen Tag
Was bedroht deine Nacht
Warum bist du traurig unter meiner Liebe

Wir schreiten aus
Wir tänzeln
Wir laufen barfuß über Dornen

Du balancierst dein Herz
Bis du vor Müdigkeit
Die Schultern beugst
Und alles fallen lässt
Ich reiche schnell
Ein federndes Gedicht
Die Worte tragen
Und die Bilder wiegen dich
In einen dunkelblauen Schlaf

Im Traum komm ich zu dir
Und lege meine Hand
Auf alle Stellen die noch weinen
Dein Lächeln zeigt mir
Dass du wenigstens an diesem Ort
Geborgen bist

Donnerstag, 13. Mai 2010

Ich andere (Loses Blatt #19)

Ich möchte eine andere sein als die, die ich nicht bin.

Komma (Loses Blatt #18)

Überzeugungssätzen ist nur dann zu trauen, wenn an ihrem Ende kein Punkt, sondern ein Komma steht,

Dienstag, 11. Mai 2010

Werner Lämmerhirt: All Along the Watchtower




“There must be some way out of here,” said the joker to the thief
“There’s too much confusion, I can’t get no relief
Businessmen, they drink my wine, plowmen dig my earth
None of them along the line know what any of it is worth”

“No reason to get excited,” the thief, he kindly spoke
“There are many here among us who feel that life is but a joke
But you and I, we’ve been through that, and this is not our fate
So let us not talk falsely now, the hour is getting late”

All along the watchtower, princes kept the view
While all the women came and went, barefoot servants, too
Outside in the distance a wildcat did growl
Two riders were approaching, the wind began to howl

1968 by Bob Dylan 

Sonntag, 9. Mai 2010

Zärtlich

Ich kann nur zärtlich.
Vor allem mit dir.

Du bist ein Wunder

Du greifst tief in mein Herz
mit deiner hartnäckigen Wärme
Du hüllst mich ein
in etwas Federleichtes, Sanftes
wie Regen
Seide
Sommerwind
Du verwandelst Kälte
in Tau
und blühendes Licht
Du bist ein Wunder
Meine Seele erholt sich
in deiner Hand

Max Frisch: Kommunikation mit dem Unaussprechlichen

"Zuweilen habe ich das Gefühl, man gehe aus dem Geschriebenen hervor wie eine Schlange aus ihrer Haut. Das ist es; man kann sich nicht niederschreiben, man kann sich nur häuten. Aber wen soll diese tote Haut noch interessieren! Die immer wieder einmal auftauchende Frage, ob denn der Leser jemals etwas anderes zu lesen vermöge als sich selbst, erübrigt sich: Schreiben ist nicht Kommunikation mit Lesern, auch nicht Kommunikation mit sich selbst, sondern Kommunikation mit dem Unaussprechlichen. Je genauer man sich auszusprechen vermöchte, um so reiner erschiene das Unaussprechliche, das heißt die Wirklichkeit, die den Schreiber bedrängt und bewegt. Wir haben die Sprache, um stumm zu werden. Wer schweigt, ist nicht stumm. Wer schweigt, hat nicht einmal eine Ahnung, wer er nicht ist."


aus: Max Frisch, Stiller, Suhrkamp 1954

Montag, 3. Mai 2010

Das Schönste, das Beste

Ins Meer tauchen
In Sonnenlicht baden
Barfuß gehen
Tanzen
Singen
Lachen
Lieben

Tirade

Ich schlage die Zähne in dein Wort
dieses Ungetüm das du für Wahrheit
hältst reiße ich in blutlose Fetzen
du schleuderst ungerührt hämisch ein
weiteres hinterher wesensgleich kein
Entrinnen du glaubst du weißt und
bist so überzeugt geschlossen in
deinem engfatalen Hirn so gnadenlos
lauernd auf jedes Straucheln jeden
ängstlich sich entblößenden Blick und
immer noch stehe ich bebend und
hoffe auf einen Zweifelsblitz in
deinen himmelsstahlharten Augen
doch du bist die Buchstabentreue
selbst schwingst Sandpapierreden
ich sehe uns noch mit unseren
aufgeschürften Herzen festgefroren
an deinen Lippen blind zuckende
Marionetten an heiligen
Speichelfäden höre uns im Chor
unsere Unmündigkeit preisen
Halleluja deine frostgrauen
Fingerspitzen haben mir tausendfach
die Haut verbrannt blank und
erschöpft wie ich war vor dich
hingebreitet mit wundgescheuerten
Schulterblättern dieser anmaßende
Geruch deines Talarsaums auch du
Erleuchteter in Verblendung erstarrt
gefangen in fehlgeleiteter Liebe so
spende ich umfassende Trauer häufe
glühende Asche auf des Hirten Haupt
vergelte enteignete Jahre ewige
Sehnsucht kein Fegefeuer nie
verrauchter Seelenschmerz mein
Atem hält mich am Leben nicht du

Samstag, 1. Mai 2010

Zupfgeigenhansel: Wie schön blüht uns der Maien




Wie schön blüht uns der Maien,
Der Sommer fährt dahin,
Mir ist ein schön, jung Jungfräulein
Gefallen in meinen Sinn.
Bei ihr da wär mirs wohl,
Wenn ich nur an sie denke,
Mein Herz ist freudenvoll.

Bei ihr, da wär ich gerne,
Bei ihr, da wär mirs wohl
Sie ist mein Morgensterne,
strahlt mir ins Herz so voll
Sie hat ein roten Mund,
Sollt ich sie darauf küssen,
Mein Herz würd mir gesund.

Wollt Gott, ich fänd' im Garten,
Drei Rosen auf einem Zweig,
Ich wollte auf sie warten,
Ein Zeichen wär' mir' s gleich.
Das Morgenrot ist weit,
Es streut schon seine Rosen;
Ade, mein' schöne Maid!

Text nach einem Gedicht von Georg Forster (1510-1568)