Freitag, 25. Mai 2012

P wie ...

... Pfingsten
... Pause
... Privatleben
... Pipapo


Pis pald !

Selbstauflese

Mich schreiben.
In losen Gedanken. - Die Kette fällt im Zeitlupentempo. -
Übers Schreiben mit mir selbst in Kontakt treten. Immer wieder denken 'Ach, das bin ich?'. Ja, das bin ich. Die bin ich. Und die andere auch, die Fremde. 
Neugierige Worte. Taucherworte, Fliegerworte. Sucherworte. 
Graben und schürfen. Schöpfen aus dem, was längst ist, um es schließlich zu finden.
Das Du im Ich. Zwiegespräch mit der Vertrautesten von allen.
Es einfach sagen, um das Schwere zu lösen. - Erforschen, warum ich an dieser Stelle schmunzeln muss. -
Mich fallen lassen und, was fällt, halten.
Mal mehr, mal weniger konstruieren verklausulieren plausibilisieren. - Zweifel sind wie Fremdwörter, ärgerlich, herausfordernd, überflüssig, genau ... -
Weder warten noch erwarten, aber: Geduld üben, Geben und Nehmen üben. - Oder bin ich darin schon zu gut? [Nein.] [[?]] -
Danken.
Still sein. Stumm sein. Schweigen. Über Unterschiede und Bedeutungen nachdenken. 
An Absichtslosigkeit glauben. An das eigene Gewolltsein ebenso.
Sammeln. In mir. An mir. Außer mir.
Mich lesen. Im Schreiben. Im Schreiben mich auflesen. - "Dies ist die Lese, die sie selber hält." * [:-)] -
Vielleicht passe ich genau in meine Hand. - Meine Schreibhand? Diesen Satz ausreden lassen! -
Mir glauben.
Es dabei belassen, vorerst, und in der Wiederholung dieses Bildes verweilen:
Im Schreiben mich auflesen.
Vielleicht passe ich genau in meine Hand.

* aus: Friedrich Hebbel, Herbstbild

Donnerstag, 24. Mai 2012

Orientierung

Heute früh las ich bei den Gleisbauarbeiten über Melusines Suchtverhalten, und mir fiel ein Text wieder ein, den ich vor drei Jahren geschrieben habe. Darin geht es um die Orientierung, die mir Bücher bedeuten, seit ich lesen kann. Geschichten waren mir Zuflucht und Schutz in Zeiten, in denen die Welt mich verwirrte, ich mich in ihr verlor und nicht mehr fand. Am Wesen und Verhalten der fiktiven Figuren hangelte ich mich entlang und fand dort die für die Entwicklung eines Kindes, einer Jugendlichen und jungen Erwachsenen so wichtige Kongruenz, mehr als im zweideutigen, tabubelegten, manipulativen Verhalten der mich real umgebenden Menschen. Meine Realität hat sich sehr zum Guten gewandelt, Bücher und überhaupt Geschichten haben ihre Bedeutung behalten.


***


Ich komme aus der Zwischenwelt eines Traums. Als ich merke, dass ich nicht dort aufwache, wo ich eingeschlafen bin, setzt für einen Moment mein Herzschlag aus. Dann springe ich auf und renne los. Bleibe abrupt stehen. Laufe zurück. Drehe mich im Kreis. Neugier zieht mich hinaus, Furcht drängt mich an die Wand. Ich fliehe nach innen.

Dort treffe ich wilde Kerle auf einer Insel, denke dabei an das Essen, das auf meinem Nachttisch steht. Ob es noch warm ist, wenn ich nach Hause komme? Dann fährt Lukas mich in seiner Lokomotive immer wieder um die zwei Berge herum, obwohl ich ihm schon vor Stunden gesagt habe, dass ich endlich aufs Schiff will. Übersee. Nach Maycomb, Alabama. Muss Scout, Jem und Dill wiedersehen. Will wissen, ob Atticus es geschafft hat die Nachtigall zu befreien.

Ich werde herausgezogen und renne wieder los. Es gibt keine Begrenzungen, keine Richtungshinweise. Am Schlimmsten aber ist: Das Nichts unter meinen Füßen, das Nichts über meinem Kopf. Ich schließe die Augen. 

Finde mich in Salinas wieder, jenseits von Eden, dort besuche ich Cathy im Bordell. Ihr Sohn Caleb hat sie gefunden und zur Rede gestellt, bald wird er seinem Bruder Aaron von ihr erzählen. Ich schaue noch kurz bei Adam, dem Vater der beiden und Lee, dem Koch vorbei, dann durchquere ich Nordamerika bis zur Ostküste. Tauche in den Atlantischen Ozean und schwimme mit dem Golfstrom und der Atlantischen Strömung bis nach Norwegen. Dort stoße ich auf unentdecktes Land und nehme es in Besitz, mache es urbar, kaufe mir eine Ziege, richte mich nach den Tages- und Jahreszeiten. Freunde mich mit Isak und seiner Frau Inger an. Die Erde schenkt uns ihren Segen.

Ich öffne die Augen einen winzigen Spalt und erkenne, dass ich mich auf einer schiefen Ebene befinde. Sofort beginne ich zu wanken und zu rutschen. Ich rudere mit den Armen. 'Senke die Lider! Finde dein inneres Gleichgewicht!'

Nun hat es mich an die englische Küste verschlagen. In der Lyme-Bucht sehe ich sie zum ersten  Mal: Die Geliebte des französischen Leutnants. Wir treffen uns auf einer Lichtung wieder und lesen uns Gedichte von Tennyson und Hardy, Clough und Arnold vor. Sarahs und Charles’ Geschichte erinnert mich an die eines österreichischen Leutnants, den ich kannte, Anton Hofmiller. Er heiratete die gelähmte Edith aus Mitleid – oder aus „Ungeduld des Herzens“, wie es ihr Arzt nannte. Niemals würde mir so etwas passieren! Ich muss weiter, Arturo auf seiner Insel besuchen. Er will mir Nunziata vorstellen, die junge Frau seines Vaters. Gemeinsam werden wir auf den Klippen stehen und uns an den rauen Wind lehnen.

Vorsichtig lasse ich mich nieder, rolle mich zusammen wie ein Embryo, lege die Hände vors Gesicht und weine ein wenig. Weine um mich, um die endlose Kette des Aufwachens, um den Verlust der Bilder.

Schönheit holt mich ein: Ein Taubennest, ein Gartenfest,Glück … Ich treffe Milly, Laura und Bertha wieder. Wir trinken Tee und erzählen uns von damals. Von damals …

Erneut öffne ich die Augen und entdecke neben mir ein Buch. Ich schlage es auf – und siehe: Da hat einer über mich geschrieben! Im Zeitraffer wachsen Gärten um mich herum und Städte, ziehen Wolken über mich hin, wechseln Sonne und Mond. Ich bin wieder da, nur anders und lese über mich:

„Wer kennt sie, diese, welche ihr Gesicht
wegsenkte aus dem Sein zu einem zweiten,
das nur das schnelle Wenden voller Seiten
manchmal gewaltsam unterbricht?

Selbst ihre Mutter wäre nicht gewiß,
ob sie es ist, die da mit ihrem Schatten
Getränktes liest. Und wir, die Stunden hatten,
was wissen wir, wie viel ihr hinschwand, bis

sie mühsam aufsah: alles auf sich hebend,
was unten in dem Buche sich verhielt,
mit Augen, welche, statt zu nehmen, gebend
anstießen an die fertig-volle Welt:
wie stille Kinder, die allein gespielt,
auf einmal das Vorhandene erfahren;
doch ihre Züge, die geordnet waren,
blieben für immer umgestellt.“

Rainer Maria Rilke, Der Leser (aus dem ich eine Leserin gemacht habe)

Dienstag, 22. Mai 2012

Fliegen (Loses Blatt #43)

Ich würde ja fliegen, hinge nicht ein ganzer Planet an meinen Füßen.

Montag, 21. Mai 2012

Vollendung

- Wann wirst du dich zeigen?
- Sobald ich mich als gelungen betrachte.
- Wann wird das sein?
- Vielleicht schon bald. 
- Du arbeitest an dir?
- Ohne Unterlass.
- Was genau tust du?
- Ich übe mich in Mut.

Freitag, 18. Mai 2012

Sicher

Sie saßen einander gegenüber. Auf dem Tisch ein Laib Brot, ein Apfel, Wasser und Wein. Der eine hatte dem anderen die Füße gewaschen, der andere dem einen die Wunden versorgt. Sie teilten und übten Verzicht. (Worüber sie schmunzeln mussten, denn in Wahrheit wussten sie sich reich.)
Sie ahnten, worum es ging: Vertrauen und Schutz. Der Machtwunsch hing am Haken hinter der Tür. 
Sie aßen. Sie tranken. Sie legten Worte auf den Tisch - einen Abzählreim, ein Gedicht, einen Psalm - und fügten sie zu einem einzigen Bild. Sie zeugten und gebaren neue Gedanken. Ohne Zögern durchtrennten sie die Nabelschnur. Aus den Wunden wuchsen Flügel.
Sie reichten einander die Hände und tauchten in die Wärme eines wissenden Blicks. (Ach was, insgeheim hüpfte ihr Zwerchfell vor kicherndem Glück.) 
Sie waren in Sicherheit, gewappnet mit dem Frieden des gemeinsamen Mahls.

Derweil bäumte sich draußen die Institution, fuchtelten die Wächter der Lehre mit dem Schwert, schnappten die Selbsternannten nach Luft.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Innen wie außen (Loses Blatt #42)

Bei allem Häuten, Schürfen und Graben immer wieder die Befürchtung, innen letztlich nicht anders auszusehen als außen.

Dienstag, 15. Mai 2012

Vorausschauende Selbstbindung frei nach Odysseus

Alexander Wolff:  Wir brauchen mal 'ne Pause

Die Idee gefällt mir, die auf den Artikel folgenden Kommentare weniger, aus soziologischer Sicht interessant finde ich beides.

Sonntag, 13. Mai 2012

"Genau wie deine Mutter"

Ich hatte gerade den Laden aufgeschlossen, als der Anruf  aus der Klinik kam. Du warst ganz überraschend am frühen Morgen gestorben. Niemand hatte nach diesem Routineeingriff mit einer Komplikation gerechnet. Es war Montag, am Donnerstag hatten wir zum letzten Mal miteinander gesprochen. Du hattest mich gebeten, am Sonntag wieder anzurufen, doch ich hatte es nicht getan. Aus einem uralten kindlichen Trotz, den ich nun bitter bereute.

In der darauf folgenden Woche, die ich in deiner Wohnung verbrachte, um alles zu regeln und zu ordnen, in dieser Woche zwischen all den von dir geliebten und bewahrten Dingen versöhnte ich mich mit dir.
Du hattest dich gut auf deinen Tod vorbereitet. Alle nötigen Unterlagen fand ich in einem Ordner abgeheftet. Eine Mappe mit Wünschen deine Beerdigung und dein Grab betreffend war ebenfalls angelegt. Du hattest ein Bestattungsinstitut ausgewählt, die Art des Grabsteins, eine Gärtnerei für die Grabpflege, da wir alle weit entfernt wohnten. Du hattest Lieder ausgesucht für die Trauerfeier und einen Text, den ich später unter Tränen der Trauergemeinde vortragen würde: Die „Stufen“ von Hermann Hesse.
Es gab ein Büchlein mit den Namen und Adressen aller, die im Falle deines Todes verständigt werden sollten. Ich verbrachte viele Stunden am Telefon, wurde Zeugin tiefer Bestürzung und Trauer. Erfuhr von Achtung und Zuneigung, die dir von so vielen Menschen entgegengebracht wurden. Lauschte Geschichten über dich, die mein Bild von dir erweiterten, teilweise korrigierten, auf jeden Fall meine subjektive Sicht ergänzten.
Ich sah den Reichtum deiner letzten Jahre, in denen ich dir mein Interesse, so gut es ging, verweigert hatte. Ich betrachtete dich neu in diesem Zusammenhang, ließ mich anstecken von der Wertschätzung der anderen, hatte seltsamerweise nicht das Bedürfnis, etwas „richtigzustellen“, darüber zu sprechen, wie sehr ich die Mutter in dir vermisst hatte.
Ich konnte nicht genug bekommen von diesen Gesprächen mit Menschen, die dich liebten, die nur Gutes von dir zu berichten wussten. Ich spürte, wie meine wertende, urteilende Haltung dir gegenüber langsam überlagert wurde von etwas anderem: dem Wunsch, dich im Rückblick als die Frau zu sehen, die du auch warst: Eine Frau, die versucht hatte, das Beste aus einem nicht einfachen Leben zu machen.

Als wir nach der Beerdigung bei Kaffee und Kuchen zusammensaßen und ich von Tisch zu Tisch ging, um mit möglichst jedem ein paar persönliche Worte zu wechseln, hörte ich wieder und wieder, wie ähnlich ich dir doch sei, sowohl äußerlich als auch in meiner Art, meinem Humor, in bestimmten Einzelheiten des Verhaltens. Es machte mich stolz. Meine jahrzehntelange Hoffnung und Anstrengung, niemals so zu werden und zu sein wie du, war untergraben. Ich war tief berührt und konnte mich erstmals freuen über den Satz: „Du bist genau wie deine Mutter.“  

(für meine Mutter, 1931-2003)

Freitag, 11. Mai 2012

Namen (Der Betrachter 5)

Hin und wieder ließ er sich die Wörter aus dem Kopf pusten, das war leicht, er stellte sich in den Wind und öffnete alle Ein- und Ausgänge. Ganze Sätze wirbelten durch die Luft, kullerten über den Boden, sie zerplatzten oder stülpten sich heraus aus ihrer besitzergreifenden Bedeutung. Es war ein großartiges Schauspiel, und er hatte dafür ein ungeschliffenes Lachen. 
Nach einer solchen Befreiung konnte er sich den Dingen zuwenden. Sie erkannten seine Unvoreingenommenheit, manche wurden zutraulich und verrieten ihm ihre wahren Namen. Alle waren sie in Unaussprechlichkeit gehüllt,  ihm wurde ein Geheimnis überreicht, ein kostbarer Schatz. Dankbarkeit erfüllte ihn. 
Und zugleich durchfloss ihn eine Trauer, denn er kannte seinen eigenen Namen nicht. Die schwarz auf weiße Buchstabenreihe in dem ledergebundenen Buch mit der Goldprägung war es nicht. Er war sicher, es musste einen anderen Namen geben, den wahren, der nur ihn meinte, den kein anderer trug. 
Er erkannte, dass die Ablegung der Wörter nicht nur einen Gewinn an Freiheit bedeutete, sondern auch den Verlust des Zugriffs auf einen Teil seiner selbst.
Nichts war so beglückend wie die wortlose Nähe zu den Dingen, nichts war so einsam wie die Namenlosigkeit.
Während des Rückwegs zu Seinesgleichen, zur Mutter, zu den Besuchern, zupfte er Silben aus den Zweigen, fischte er Sätze aus dem Rinnstein, schnappte er Buchstaben mit dem Mund aus der Luft. Zuhause häufte er sie auf den Tisch und bereitete eine Geschichte daraus, eine sauber umzäunte Antwort auf die Frage 'Na, mein Junge, was hast du erlebt?'. 
Und unterschrieb sie mit 'Ich heiße ..... Wie lautet mein Name?'
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Überlassen wir ihn seiner Verwirrung, wir dürfen sicher sein, dass sie eine Quelle ist, aus der zu schöpfen er lernen wird.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Elizabeth Strout: Wenn Liebe zu haben ist, greift man zu

  "Was doch die Jungen alles nicht wussten, dachte sie, als sie sich neben diesen Mann legte und er sie an der Schulter berührte, am Arm, oh, was die Jungen alles nicht wussten. Sie wussten nicht, dass unförmige, alte, verschrumpelte Körper so hungrig waren wie ihre eigenen festen Leiber; dass Liebe nicht leichtsinnig abgewiesen werden durfte, als wäre sie ein Törtchen auf einem Teller voller Süßigkeiten, der immer wieder herumgereicht wird. Nein, wenn Liebe zu haben war, dann griff man zu, oder man griff nicht zu. [...]
  Und wenn der Mann neben ihr kein Mann war, den sie sich früher einmal ausgesucht hätte, was machte das schon? Er hätte sie sich ja bestimmt auch nicht ausgesucht. Aber hier waren sie nun, und Olive musste an zwei zusammengeklappte Scheiben Schweizerkäse denken, solche Löcher brachten sie beide zu dieser Vereinigung mit - solche Stücke fraß das Leben aus einem heraus.
   Sie ließ die Augen zu, und durch ihr müdes Hirn rollten Wellen der Dankbarkeit - und der Trauer. Hinter ihren Lidern sah sie das sonnige Zimmer, die sonnenübergossene Mauer draußen, den Lorbeer. Ein Rätsel, diese Welt. Noch war sie nicht fertig mit ihr."

aus: Elizabeth Strout, Mit Blick aufs Meer, btb 2012, letztes Kapitel, letzter Abschnitt

(Wäre ich eine Romanfigur, ich würde mich, ohne zu zögern, in Elizabeth Strouts Hände begeben.)

Montag, 7. Mai 2012

Was kannst denn du?

Ich leg vor Deinem Werk
ein Staunen nieder
ein wahrhaft großes
dennoch unsichtbares
(ob Er mich hört?)
Was soll ich tun
was will ich sagen
das Dich auf Deiner
Ebene erreichen könnte?
Was kannst denn du?
fragst Du mich freundlich
(fehlt nur das Streichen übern Kopf)
Ich?  
(Er nickt Er meint es ernst)
Ich kann gut
sehen
hören
staunen
und erröten
doch dies erst seit ich
in den sauren Apfel biss
(Er lacht Er hat Humor)
und weißt Du was:
hier draußen ist es zwar
gefährlich -
Tja ... sagst Du
- gefährlich aber schön
und ich kann klitzekleine
relevante* Dinge schaffen
(ob Er das sieht?)
Ja. sagst Du


*Das hier hat mir gefallen.

Reimleim

(Fingerübung)


Aus bitterer Süße
schick ich dir Grüße.
So nahe am Teich
sag ich's dir gleich:
Mein Leben ist schaurig,
und ich bin traurig,
mein schweifender Sinn
weiß nicht wohin,
und mit den Reimen
lässt sich nichts leimen.
Kommst du vorbei?
Vielleicht noch im Mai?
Wir könnten chillen
oder auch grillen.
Schreibst du zurück?
Das wär mein Glück.
Immer die Deine.
(Weißt, wie ich's meine.)

Sonntag, 6. Mai 2012

Was ich lernen will:

So zu schreiben, wie es Julian Barnes formuliert:
"The writer must be universal in sympathy and an outcast by nature: only then can he see clearly."
Denn ich lese auch am liebsten Geschichten, in denen Figuren und ihr Verhalten nicht bewertet, noch nicht einmal interpretiert, sondern in denen sie aus respektvoller Distanz und mit einer grundsätzlichen Annahme alles Menschlichen einfach nur beschrieben werden. Wohlgemerkt: Hier geht es um die Einstellung des Autors zu seinen Figuren, nicht die der Figuren untereinander, da darf es ruhig zur Sache gehen und in die tiefsten Abgründe menschlichen Verhaltens hinein (Ich liebe Krimis!), sonst macht das Ganze ja keinen Sinn.
Ich glaube, dass solche Bücher mehr Gutes bewirken können (über die bloße Unterhaltung hinaus, die ja durchaus einen Wert an sich darstellt), als jeder Appell an die Menschlichkeit.


(Und eigentlich möchte ich nicht nur lernen, so zu schreiben, sondern auch, so zu leben. Warum die Ziele nicht mal etwas höher stecken?)

Samstag, 5. Mai 2012

Warten auf Wunder

Diese Fülle von der wir glaubten
sie würde uns ewig nähren
ein Geschenk das doch
zur Neige ging und
zerronnene Zeit
hinterließ 
nichts
als Luft
speisten wir
fixierten das Glas
warteten auf Wunder
bis der Hunger uns befahl
unsere Hände zu gebrauchen
um zu pflügen zu eggen zu säen

Donnerstag, 3. Mai 2012

Free Munch

Das Gemälde „Der Schrei“ von Edvard Munch. Foto: DPA

Hier gibt's den Artikel zum Bild.
Und hier, im gestrigen Post, meinen Text zum Vorgang.

Mittwoch, 2. Mai 2012

Der Schrei

Er stand am Fenster und presste seinen weit aufgerissenen Mund gegen die Scheibe. Die da draußen würden ihn sowieso nicht hören, deshalb schrie er lautlos. Einer sah zu ihm hin und deutete mit dem Finger, weitere Blicke folgten, es wurden mehr und mehr. Sie steckten die Köpfe zusammen, sicher berieten sie sich. Er hielt die Pose, ließ gegen das Glas strömen, was einer unerschöpflichen Quelle zu entspringen schien. 
Dann tat sich etwas da draußen, Bewegung kam in die Menge, sie drehten ihm den Rücken zu. Kurz darauf wandten sie sich wieder um und hielten einen Bogen Papier in die Höhe, darauf eine Ziffer mit sieben oder acht Nullen dahinter. Es war absurd. Diese Verrückten! Und sie liefen frei herum, während er eingesperrt war.
Er zog den Vorhang zu und ließ sich der Länge nach aufs Bett fallen. Dort drehte er sich zur Wand und legte einen Finger auf die Stelle, von der er Tapete und Putz abgekratzt hatte. Sie hatte die Form und den Umfang seines geöffneten Mundes. Hin und wieder leckte er einen Tropfen Blut vom Mauerwerk.

***

Wegen besorgter Nachfragen hier noch eine nachgereichte Erklärung: Anlass für diesen Text ist die aktuelle Versteigerung von Edvard Munchs "Der Schrei". Vermutlich wird dieses Bild wie einige andere Kunstwerke einen absurd hohen Preis erzielen. Meine Meinung dazu ist, dass kein Geld einem Kunstwerk gerecht wird, keine Summe seinen Wert spiegelt. Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich soll ein Künstler seinen "Lohn" erhalten, ruhig auch hohe bis höchste Summen. Aber das Kunstwerk selbst muss gesehen werden können, frei und von vielen, ist doch Betrachtung/ Wahrnehmung das einzige, wodurch es wirklich gewürdigt wird. Als Handels- und Prestigeobjekt büßt es seinen Sinn ein.

Kunst sammeln

1
Die Kunst, zu loben, ohne zu vergleichen.

2
Die Kunst, zu kritisieren, ohne zu beleidigen.

3
Die Kunst, zu lieben.

4
Die Kunst, Frieden zu halten, schon bevor Gerechtigkeit eintritt.

5
Die Kunst, zu sehen, ohne zu werten.

6
Die Kunst, menschlich zu sein.

7
Die Kunst, zu überzeugen, ohne zu manipulieren.

8
Die Kunst, weiterzumachen.

9
Die Kunst, sich selbst zu verzeihen.

10
Die Kunst, sich zu trauen, einfach zu sein.

.
.
.