Samstag, 19. Februar 2011

(Aus)bruchstück

Wir, mit den staubigen Flügeln, mal eben aus unserer eigenen Geschichte ausgebrochen.
Hinter uns her viktorianische Pärchen mit ihren Schmetterlingsnetzen.
Gleich fangen sie uns ein.
Gleich legen sie uns neben der Picknickdecke ab.
Sie prosten sich zu und lachen und baden in der Bucht.
Zu Sammlerstücken gemacht, beobachten und sammeln wir nun ebenfalls.
Wir lernen. Wir spreizen die Flügel. Wir erzählen euch was.
Befreien unsere Gestalt, treten an den Rand der Klippe und lehnen uns gegen den Wind.
Zitieren Tennyson: "There rolls the deep where grew the tree./ O earth, what changes hast thou seen!/ There were the long street roars, hath been/ The stillness of the central sea."
Jahaha!
Vielleicht teilen wir anschließend die Torte mit euch.
Vielleicht fliegen wir bald wieder zurück.

Aber vorher erwähnen wir noch das Buch, das vor vielen Jahren Hand an uns gelegt hat, in dessen Fremdvertrautheit wir unser Wesen gebettet haben. Wie ihr vielleicht schon ahntet, befinden wir uns an der Südküste Englands, genauer in Lyme, lesen Gedichte von Tennyson und anderen, aber auch Schriften von Marx, Darwin und C.G.Carus. Wir sprechen von John Fowles und davon, wie er unsere Flugbahn bestimmt hat durch die Bekanntschaft mit Charles, Ernestina und Sarah. Wie alle weiteren Geschichten danach nur noch anknüpfen konnten an diesen Gesellschaftsroman mit den zwei alternativen Enden. Wie wir lernten, den Atlantik den anderen Ozeanen vorzuziehen, und zerklüftete Küsten und Landschaften - auch die der Seele - mehr zu lieben als sanfte Strände. Wie wir seitdem das Raue mögen, das Verwundete, das Brüchige. Und wie wir seitdem in unserem Leben immer wieder Platz schaffen für Geschichten aus diesem Stoff und uns selbst mit hineinweben als groben Faden, als Fremdling, als Wunsch.

Das müssen wir manchmal sein: Aus dem Leben hinaus in eine Geschichte verwoben, in Lieblingssätzen erzählt.
(Aus)bruchstücke. Wie ihr. Wie sie.
Fehlte auch nur ein Teil, sei es Schmetterlingsnetz oder Klippe oder Tennyson,
wir verlören uns selbst in der Suche nach unserem Platz.

***

Lieblingsbuch: The French Lieutenant's Woman 
Und hier der gleichnamige und ebenfalls empfehlenswerte Film.

Freitag, 11. Februar 2011

Königsblau

Nachts
dehnt sich das Haus
kämmt der Baum seine Schatten
und das Kind, das du warst, gießt dir Tinte ins Blut

Samstag, 5. Februar 2011

Alin Coen: Wolken




Komm mit mir mit, wir gehn
irgendwohin, und dann
schauen wir hoch und sehn
uns die Wolken an.

Ich nehme dich bei der Hand und ziehe dich
hinter mir her. Ich frage mich,
warum fällt es so schwer?
Ich glaube, du willst nicht mehr.

Ist dein Wesen
für alle so schwer zu lesen?
Wenn ich's nicht verstehen kann,
wie fühlt sich's für dich denn an?

Wenn du dann gehst,
schau ich dir nach,
schau, wie das Ende verdreht,
was der Anfang versprach.
Das Wetter wird wieder
wolkig bis heiter.
Die Wolken ziehn weiter.

Donnerstag, 3. Februar 2011

Hellgrün

Das hier
Ist meine Haut
Hellgrün
Und innen großes Dunkel
Da finden sich die Wörter schweigend
Und leuchten leise
Immerfrühling unter Schnee
Ich hör ein Läuten
Das macht längst Vergangenes jung
Die Bilder sind
Sie sind
Und das nennt keine Zeit
Der Ort in mir ist Frühling
Abend
Nacht
Hellgrün
Die Innenseite
Meiner Haut