Dienstag, 2. Mai 2017

Es gab eine Zeit vor den Schulhöfen ...

Es gibt sie noch, die scheinbar sich selbst schreibenden Texte. Habe den folgenden gerade in meinem Entwurfordner gefunden und wollte ihn nicht löschen. Das tat ich mit den meisten anderen. Aber dieser hier bringt etwas in mir zum Klingen:

Es gab eine Zeit vor den Schulhöfen, da waren wir uralt. Uralt und weise. Weise genug eine Welt zu regieren. Eine Welt aus Blüten, Muscheln und Stein, aus Holz und aus Glas. Unsere Fähigkeiten waren immens, alles gehorchte uns. Alles bis weit hinauf ins All. Die Sterne verneigten sich vor uns und den komplexen Mustern, die wir aus den Steinen und den welken Blüten und den leeren Muschelschalen legten. Wir setzten Preise fest für Rindenstückchen und grünschimmerndes Glas. Wir hauchten jedwedem Ding Leben ein, indem wir ihm einen neuen Namen gaben, diesen zum Beweis in den Sand schrieben. Wir schufen Bleibendes, waren ungewaschen von allen Wassern. Wenn wir die Augen schlossen, wurden wir zu Geschwistern der Nacht und flogen mit ihr hinauf zum höchsten aller Gipfel, weit über den Wolken. Von dort zurück ins Tal war es ein Katzensprung. Und immer, immer landeten wir auf den Füßen. Wir waren unverwundbar. Heute sind wir sterblicher als jeder Wurm. Eines Tages werden wir uns ein letztes Mal in die Flut werfen [wahlweise in die Glut], in der Nase den Duft von Sonne und Schnee, von Asphalt und Brot und frisch geschnittenem Gras. Ein letzter Hauch von Kindheit. Dann endlich das Meer. Der salzige Leib. Der ewige Grund. [Wahlweise Feuer. Asche. Und Wind.]

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