(... und weiter mit dir. Wer bist du?)
Am nächsten Morgen wolltest du reiten. Noch bevor ich ein Wort über die Nacht verlieren konnte, die so ...
Komm schon!, riefst du ungeduldig, und ich schüttelte den Silberstaub ab, saugte den Tau von meinen Fingern. Du hattest die zwei erstbesten Pferde gesattelt. Wo kamen die her? Und konnte ich überhaupt reiten? Ich konnte.
Wir flogen über die erwachenden Wiesen, und zum ersten Mal hörte ich dieses Jauchzen, das tief aus deiner Brust kam und nach dem ich augenblicklich süchtig wurde. Aber nein, dies war gar nicht das erste Mal, ich hatte es schon einmal gehört, in der Nacht, ja, und dabei gedacht, wie unglaublich schön du bist.
Ich rief mir unser Gespräch vom Abend ins Gedächtnis. Wir hatten unser Lager am Fluss aufgeschlagen und lagen dicht beieinander, um uns zu wärmen. Du erzähltest, du habest noch nie in einen Spiegel gesehen. Nicht zu fassen. Das sollte ich dir glauben? Du batest mich, die Augen zu schließen, Dein Gesicht mit meinen Händen zu ertasten und Dir zu beschreiben, was ich 'sah'. Es fiel mir zunächst nicht leicht, denn ich hatte Dich ja bereits wirklich vor Augen. Nach einer Weile aber spürte ich, dass meine Finger ganz neue Facetten entdeckten. Ich glitt über sanfte Rundungen und stieß an harte Kanten, es gab weiche Stellen, die mich rührten und geheimnisvolle Winkel, die mich erregten. Das alles versuchte ich für Dich in Worte zu fassen.
Ich ertastete auch dein Lächeln, das auf meine unbeholfenen Beschreibungen folgte, strich über deine Lippen und ließ deine Zunge mit meinen Fingern spielen. Du fragtest, ob ich es schaffen würde, die Augen geschlossen zu halten, und ich erwiderte, ich wolle es versuchen. Wir liebten uns blind, aber danach war mir, als hätte ich noch nie irgendjemanden so sehr gesehen wie dich.
Darüber hätte ich gerne mit dir gesprochen. Und ebenso gerne hätte ich mit geöffneten Augen wiederholt, was wir mit geschlossenen getan hatten.
Doch stattdessen nun dieser Ritt. Die Welt, die auf uns zuflog mit einer Geschwindigkeit, die mich ahnen ließ, dass es von hier kein Zurück mehr gab. Dein Jauchzen, das mich wünschen ließ, wie du zu sein. Hatte ich dich deshalb erträumt? Hatte ich? Dich erträumt?
begreifen wäre ein traum...
AntwortenLöschenWas für ein guter Satz, den man auf verschiedene Weisen lesen kann.
LöschenDas gefällt mir. Lässt mich gespannt auf die Fortsetzung warten. Von ihr TRÄUMEN
AntwortenLöschenBloggen. Bloggen hat was mit Fortsetzen zu tun, fällt mir dabei (wieder mal) auf. Das könnte einer der Unterschiede sein zum Schreiben von gedruckten Texten. Das Fragment nicht als Form(wille), sondern als einzig mögliche Lieferweise. Weiter geht´s und weiter gehen. Ausschau und Rückblick. In einer streng chronologischen Fassung, nämlich immer voran. Das ist auch irgendwie erschütternd. Und beunruhigend.
DU!
LG
M.
Freut mich, dass es Dir gefällt. Als ich den Traum notiert und dabei bereits ein paar Erinnerungslücken mit spontanen Assoziationen gefüllt habe, dachte ich noch gar nicht an eine Fortsetzung. Die ergab sich auf einmal und wächst nun Stück für Stück weiter. Inzwischen weiß ich, wo ich hin will damit. Mal sehn, ob ich dort tatsächlich lande.
LöschenJa, Bloggen hat mit Fortsetzen zu tun, finde ich auch, mit Entwicklung, manchmal auch mit Loslassen des einen Fadens, um einen anderen aufgreifen zu können.
Diese Ansammlung von Fragmenten, die zu verschiedenen größeren Ganzen gehören, die nicht immer abgeschlossen werden. Und irgendwie gehört doch alles zusammen. Es ist vielleicht weniger ein Zerstreuen als ein Mäandern. Die Fließrichtung bleibt letztlich dieselbe.
Aber dieses streng Chronologische sehe ich ein wenig anders. Zwar immer voran, aber auch immer wieder an denselben Stellen vorbei, so kommt es mir vor, um sie noch einmal neu und anders zu betrachten und zu beschreiben. Wobei, Du schreibst ja auch von Ausschau und Rückblick. Vielleicht sind wir - wieder einmal ;-) - gar nicht so weit voneinander entfernt.
Liebe Grüße,
Iris
Liebe Iris,
LöschenDas "immer voran" meinte ich gar nicht so positiv, wie es vielleicht klang. Es ist vielmehr das, was mir am Bloggen unheimlich ist: Dieses (scheinbar unvermeidliche) Vorrücken der Posts, so dass der vorletzte schon der vergangene ist, immer. Oft geht´s mir so, dass ich etwas vorholen will, zurückholen, das mir viel wichtiger ist oder interessanter als das "Letzte" und also "Erste" im Blog. Dagegen anschreiben. Die Vernetzung, die Labels. Trotzdem scheint mir dieser Sog oft übermächtig, das Strukturprinzip dieser Form der Veröffentlichung, wie es beim Buch das Umblättern ist (und damit eben auch: das zwanghafte von Vorne nach Hinten, wenigstens in unserer Kultur). Das Blog dreht das um, aber es löst es nicht auf. Und danach sehne ich mich: nach einer Form, die wirklich "mäandert". Andererseits... ist das Gegenteil genauso wahr ;-).
Liebe Grüße
M.
Liebe Melusine,
Löschenwie schön, dass Du dranbleibst! Obwohl hier und anderswo alles längst weiter vorangeschritten ist. ;-)
Dass Du dieses "voran" nicht positiv meintest, hatte ich verstanden.
Mir macht allerdings weniger die RICHTUNG (immer voran) der Bewegung zu schaffen, als ihre GESCHWINDIGKEIT, die schnelle Abfolge der Schritte und damit die Häufung der zu lesenden Spuren. Bei keiner Spur kann man länger verweilen, wenn man dranbleiben will.
Das hat mich ganz am Anfang fast verzeifeln lassen, vor allem auch an Deinem Blog, der für mich zwar der inspirierendste war und nach wie vor ist, der mich aber durch die täglich neuen Posts fast überforderte. (Scheint ein wenig widersprüchlich zu sein zu meinem Schreck über Deinen "Rückzugs"post.) Manche Texte beschäftigten mich tagelang. Manchmal wollte ich im Nachhinein kommentieren oder darüber ins Gespräch kommen, aber da war schon wieder ein anderes Thema aktuell. (Jetzt beziehe ich mich auch auf die Gesamtheit der Blogs, die ich lese.)
Das fand ich verwirrend, und ich hatte Angst davor, oberflächlich zu werden, gezwungenermaßen, um mit dem Pensum klarzukommen. Mit der Zeit las ich aber bei Dir und bei anderen gewisse Grundthemen heraus, die immer wiederkehrten, in unterschiedlicher Bearbeitung. Das brachte für mich ein wenig Ruhe hinein und eine gewisse Gelassenheit. Gleichzeitig auch das Loslassen meiner eigenen Ansprüche. Wovon ich aber noch nicht weiß, ob es mir gefällt.
Diese wiederkehrenden Themen lassen mich Blogs als Wege sehen, auf denen man zwar stetig voranschreitet, die aber wie ein Möbiusband sind (mein Lieblingsvergleich), auf dem man unweigerlich immer wieder an denselben Stellen vorbeikommt, erneut einen Blick auf bereits getretene Spuren werfen und diese mit den inzwischen gesammelten Erfahrungen anders oder tiefer oder genauer lesen kann.
Das nicht nur durch die Labels, die einem tatsächliche Rückblicke auf bereits Geschriebens im Zusammenhang ermöglichen, sondern auch in dem, was weiter und neu geschieht, sich aber um dieselben Grundthemen, von denen jede, glaube ich, gar nicht so viele hat, dreht.
So kommt es mir jedenfalls vor.
Wer bei mir regelmäßig liest, weiß, dass Freiheit und Selbstbestimmung ein großes Thema für mich sind, und Kirche z.B. ein Reizwort. Wer gründlich liest, weiß auch warum, oder kann es zumindest ahnen.
Außerdem, denke ich gerade, was spräche dagegen, einen Lieblingstext wieder und wieder an erster Stelle zu positionieren. Immer, wenn einem gerade danach ist. Genauso wie man Texte löschen kann, wenn sie einem nicht mehr gefallen (wobei ich damit schon Schwierigkeiten hätte). Vielleicht könnte man auch das ganze Blog einmal wie ein Bündel zusammenraffen und kräftig durchschütteln, bis alles sich neu sortiert hätte. Nach noch zu ersinnenden Kriterien. Hm ...
Ja, wirklich Mäandern, das wär's. (Bilde ich mir ein.)
LG,
iris
:)
AntwortenLöschen"Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht." (Rainer Maria Rilke)