Montag, 30. Juli 2012

Fensterputz

Über eine lange Zeit hatte sie ihre Fenster nur noch auf der Innenseite geputzt. Sie wollte bei zurückgezogenem Vorhang kleine Blicke nach draußen werfen, aber niemand sollte hereinschauen können. 
Nun stand sie mit Eimer und Fensterleder bewaffnet vorm Haus und machte die Außenseiten der Scheiben durchsichtig. 
Sie wischte kreisförmige Luken in den Schmutz, zierliche Bullaugen, die Einblicke aus verschiedenen Winkeln erlaubten. Versuchshalber lugte sie immer wieder selbst hindurch, warf kritische Blicke in Küche, Wohnzimmer und Bad. 
Da konnte sie sich beobachten bei der Zubereitung winziger Einpersonenmenüs, beim Versuch, den Raum zu füllen, indem sie ständig von Sessel zu Sofa zu Stuhl wechselte, beim Blick in den Spiegel und der stummen Zwiesprache mit dem einzigen ihr zugewandten Gesicht. 
Am Schlafzimmerfenster zögerte sie und wischte dann doch einen Ausschnitt blank. Der Blick auf ihr Bett mit den gesetzten Segeln trieb ihr die Hitze in die Wangen. Auf modernden Füßen stand es in der riesigen Blechwanne. Das Wasser schwappte und schlug gegen den Rahmen, wenn sie sich in ihre Kissen senkte. Und wenn sie wilden Fantasien nachhing und nicht stillhalten konnte, spritzte die Gischt bis zu ihr hinauf, netzte ihre Wangen und sprach von Weite und Ausgesetztheit.
Zurück in der Wohnung nahm sie die riesige gerahmte Fotografie von der Wohnzimmerwand, trug sie ins Schlafzimmer und stellte sie dort aufs Fensterbrett. Von draußen war nun deutlich zu erkennen, wer hier glücklich in einem Boot saß: Die ganze Familie zusammengedrängt auf dem großen Ehebett, dem Fotografen übermütig in die Linse lachend, Jahre bevor ...
Aber zum Kochen trug sie nun jedesmal  ein anderes Kleid, im Wohnzimmer standen Blumen auf dem Tisch, und im Badezimmerspiegel tauchte hin und wieder ein fremdes Gesicht hinter ihrem eigenen auf.
Etwas kitzelte in ihren Adern. Vielleicht war es Neugier. Um vorbereitet zu sein, bezog sie ihr Bett mit neuer Wäsche, besserte die Segel aus und füllte die Wanne mit frischem Wasser. Es konnte jederzeit losgehen.

Samstag, 28. Juli 2012

fliegenfischen

geh doch 
nicht
fort
mit dir
wollte ich
fliegen
(und)
fischen
und töten
spielen
zum besiegen
des feindes
angst
in unseren armen
fangen
wir, ja
die blicklose
rollende 
welt
brandet
fort
und fort
wollen wir
mit
?

Donnerstag, 26. Juli 2012

Entblätterung

Was tue ich hier in meinem Blog? Und warum?
Einschließlich der Umkehrfragen: Was tue ich nicht? Und warum nicht?
Ich habe mir mein eigenes Zimmer geschaffen, will aber keine Wände und nenne es deshalb Garten. Schränke mich dennoch ein. Wirklich?
Nein, es wächst ja und dehnt sich, zieht sich zurück, zerfällt, erblüht neu, anders, variiert, schöpft aus sich selbst sowie aus Angrenzendem und Eindringendem.
Ich stehe auch auf der anderen Seite des Garten(zaun)s und beobachte mein Tun und Lassen, ermahne mich zu größtmöglicher Freiheit. Mach es Dir nicht zu bequem in der Schublade, in die Du (vielleicht?) gesteckt wurdest!

Was ich in den letzten Wochen gefunden habe: 
- Über Sammelmappe bei Journelle: Nachdenken darüber und Definitionsversuche dessen, was ein Blog ist/ sein kann.
Meine Gedanken dazu: Mein Blog ist mein Zimmer, mein Garten. Ganz und gar meins. Es bedarf darüber hinaus keiner Definition. Mein Blog ist weder Literatur noch Tagebuch noch Themenblog und ist zugleich alles davon. Es ist nicht nötig, eine Kategorisierung vorzunehmen. Mein Blog ist MEIN Zimmer und MEIN Garten. Hier wohne, schalte und walte ich. Herzlich willkommen!
- Bei Melusine in verschiedenen Beiträgen, z.B. hier und hier und hier: Nachdenken über den Blick, das Sehen, das Schauen, das Zurschaustellen, das Zeigen und Verbergen, über den (ab)wertenden Blick, den Schlüsse ziehenden, ausschließenden, machtergreifenden Blick, über den sich selbst reduzierenden Blick.
Meine Gedanken/ Fragen dazu (im Anriss): Was schaue ich mir an, was fällt mir ins Auge, wann sehe ich weg? Was von mir zeige, verberge ich? Welchen Einfluss nehme ich aus welchen Gründen auf meinen Blick? An welcher Stelle trifft meine Freiheit des Hinschauens und Betrachtens auf die Freiheit des Angeschauten und Betrachteten? Was geschieht an dieser Stelle, diesem Berührungspunkt und warum, wozu und wie?
- An verschiedenen Stellen (die ich nicht nennen muss, sie sind vielfältig und bekannt): Nachdenken über Beschneidung aus verschiedenen Perspektiven, Prägungen und Haltungen. Fragen, Erfahrungsberichte, Argumente, Polemik, Ratlosigkeit, Wünsche. Hygienisch-medizinische, religiöse und ethisch-moralische Aspekte.
Einige meiner Gedanken (in Ansätzen) dazu: Was bedeutet Religionsfreiheit und für wen gilt sie? 
[Grundgesetz, Artikel 4: "(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet."
Ist hier eine Gruppe/ eine religiöse Gemeinschaft gemeint? Betrifft es nicht vielmehr die einzelne Person, also auch das Kind? Ist nicht auch dessen Religions- und Glaubensfreiheit zu schützen, was zunächst einmal heißen könnte: die Freiheit VON Religion und Glauben? Bedarf es doch eines gewissen Alters und einer gewissen Reife, um diesbezüglich eine freie Entscheidung treffen zu können. Darf dieser Artikel 4 so ausgelegt werden, dass er über Artikel 2 steht?
["(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."]
Warum muss auf die Schnelle ein Gesetz zur Regelung geschaffen werden? Wäre es nicht sinnvoller, das Gespräch unter Beteiligung von Vertretern ALLER betroffenen Seiten zu suchen, auch über einen längeren, evtl. schlussoffenen Zeitraum (was ja nicht Ziellosigkeit bedeuten muss)? Ist nicht denkbar, dass aus dem Aushalten dieses Spannungsfeldes eine Lösung erwachsen kann, die momentan noch niemand kennt und voraussehen kann?

Warum reiße ich hier so grundverschiedene Themen an? Warum vertiefe ich sie nicht in getrennten Artikeln? Glauben Sie mir: Ich vertiefe sie, nur tue ich dies nicht immer (gleich) öffentlich, da gestatte ich mir eine Verlangsamung gegen den Trend und streue nur hier und da, wo es mir ein Bedürfnis ist oder sinnvoll erscheint, einen Satz, einen Kommentar, einen Beitrag gleich welcher Art.
Was ist diesen Themen denn gemeinsam? Es ist der Wunsch nach/die Liebe zur Freiheit (Hier beneide ich Antje Schrupp, deren von mir geschätztes Blog Aus Liebe zur Freiheit heißt, weshalb dieser Name als Untertitel, wie ich ihn manchmal gerne hätte, nicht mehr zur Verfügung steht, aber was soll's, 'Blütenblätter' pur ist auch schön und passt auch.)
Die Liebe zur Freiheit, dieses Thema zieht sich durch mein Blog und wird wieder und wieder variiert, nicht immer auf den ersten Blick erkennbar (auch für mich nicht), aber dennoch zentral. Darüberhinaus bin ich der tiefen Überzeugung, dass sowieso alles mit allem zusammenhängt und das Nachdenken über einen Gegenstand netzartig andere Gegenstände mit einbezieht, letztlich ist alles miteinander verknüpft.
Dass ich schreibe, geschieht aus einem Bedürfnis nach Befreiung, von und zu. Wer hier regelmäßig liest, erkennt das vielleicht. Dass ich öffentlich schreibe, hat ebenfalls damit zu tun, es kostete mich anfangs große Überwindung, es ist wie eine langsame Entblätterung, ein bedachtsames Überwinden falscher Scham. Ich lasse mir Zeit damit, fordere mich aber auch selbst heraus. Und ich rechtfertige mich nicht. (Wenn Ihr wüsstet, was ich schon alles gelernt habe!)

Mein Blog ist also mein Zimmer und mein Garten. Ein Zuhause. Ein Freiraum, dessen Möglichkeiten ich mir nach und nach erschließe und über deren Unerschöpflichkeit ich mich gar nicht zu Ende freuen kann. Ich wohne unglaublich gerne hier. Und ich freue mich über Besuch.

Sonntag, 22. Juli 2012

In voller Blüte

Erzählt uns Geschichten, bis wir satt sind!
Wir werden niemals satt sein.


Der Garten stand in voller Blüte. Niemand hatte gejätet, und so wucherte es grün und bunt bis übers Dach. 
Die Frau bog sich wie ein Halm, spreizte Finger und Zehen und streckte ihr Gesicht der Sonne entgegen. Es duftete so stark ringsum, dass sie niesen musste, zweimal. Das scheuchte ein paar kleine Tiere auf, sie flohen durchs Bodendickicht, ein Schwarm Vögel erhob sich schimpfend, landete aber sogleich wieder, nur wenige Meter entfernt.
Sie suchte die blaue Bank und fand sie zwischen Brombeergestrüpp und Brennesselbüschen, dort ließ sie sich nieder, leise flatternd wie ein Schmetterling.

Ihr war etwas in Vergessenheit geraten, und sie hatte lange an ihrem Tisch in der Stube gesessen und gegrübelt, was es sein mochte und wohin es verschwunden sein konnte. 
Hin und wieder hob sie den Kopf aus den Händen und warf einen Blick auf den Platz gegenüber. Den Stuhl mit der durchscheinenden Gestalt darauf, den unberührten Teller, das immer gleich volle Glas. Irgendwann schwamm eine Fliege darin, später waren es zwei, dann vier. Die Gestalt auf dem Stuhl verschwand schließlich ganz, und so kehrte der Hunger zurück in ihre Augen. 
Sie blickte sich um, und als sie Kopf und Schulter drehte, löste sich ein Spinnennetz, das zwischen ihrem Ohr und ihrem Schlüsselbein gespannt war. Die Spinne suchte Zuflucht in ihrem grauen Haar, fand dort sogar ein wenig Nahrung. 
Die Frau erhob sich ächzend, ihre Knochen knarzten mit den Fußbodendielen um die Wette. Sie legte eine schlurfende Spur in den Staub.
Ein Blick in die Küche, und sie sah, wer dort das Regiment übernommen hatte: Käfer und Ameisen putzten die Reste aus schmutzigen Töpfen und Tellern, eine kleine Kolonie tüchtiger Helfer. Sie überließ ihnen das Feld.
An der Tür zögerte sie kurz, die Hand schon an der Klinke. Sie wollte einen Schritt tun, der sie herausführte aus dem Schemenhaften. Sie würde nicht wieder zurückkehren, und das bedeutete Abschied. Aber wovon? Und von wem? Sie wusste es nicht.
Doch kaum hatte sie die Tür einen Spalt breit geöffnet, trug ein Lufthauch die Erinnerung an Sommerabende auf einer blauen Bank herein, an eine warme Schulter, an Stoppelhaar, das ihre Wange kitzelte, an perlende Flüssigkeit in einem Glas und an ein ebenso perlendes Lachen. Ihr eigenes?
Aus weiter Ferne hörte sie sich einen Satz sagen, mit noch junger Stimme: 'Hier will ich für immer mit dir sitzen.' Sie sah den vertrauten Blick, in dem soviel Liebe gelegen hatte und noch soviel Zeit.
Sie stieß die Tür weiter auf. Der Garten stand in voller Blüte. Niemand hatte gejätet, und so wucherte es grün und bunt bis übers Dach.

Schön

- Wie schön du bist!
- Wie schön, du bist!

Freitag, 20. Juli 2012

Beute

1.) Ursprungsversion:

Du hast mit dieser Nacht
nach mir geworfen und
hattest mich damit, das
wusstest du, nicht wahr,
das wusstest du? 
Sie fiel, fiel schwer und 
weit und mitten über mich. 
Dass ich sie aufnahm, 
mich darin verfing, die 
Maschen zählte, dieses 
Netz mit seinen 
unbekannten Enden, dass 
ich zu greifen suchte, 
mich hineinzuwinden, das 
wusstest du voraus, sag, 
wusstest du's? 
Denn dieses Knüpfwerk, 
klebrig schwer von Salz, 
von  Tang, von grauem 
Muschelkalk, das ist dein 
Lasso, Meerescowboy, 
kühner Reiter. 
Hoch oben auf der Welle 
Kamm greifst du in ihre 
feuchte Mähne, treibst 
ihr den Dreizack in die 
Flanke, bis sie am Felsen 
sich erbricht. 
Dann springst du weit über 
den Strand und leerst dein 
Netz, das salzig dunkle, 
leerst aus die Nacht, die 
du geworfen über mich so 
schwer und weit. 
Du wusstest - wusstest 
du's? -, dass ich nichts 
mehr zu sein begehrte als 
dein Fang, als Beute 
deiner Hand, die meinen 
Leib umleuchtet wie ein 
eigenes Firmament.


2.) Baustelle:
(Vorläufig. Eingerichtet am 17.01.2013 aufgrund der Vorschläge von Alban Nikolai Herbst, nachzulesen bei den Kommentaren. Veränderte Stellen sind unterstrichen.)

 Du hast mit dieser Nacht
nach mir geworfen und
hattest mich damit, das
wusstest du, nicht wahr,
das wusstest du? 
Sie fiel, fiel schwer und 
weit und mitten über mich. 
Dass ich sie aufnahm, 
mich darin verfing, die 
Maschen zählte, dieses 
Netz mit seinen 
unbekannten Enden, dass 
ich zu fassen suchte, 
mich hineinzuwinden, das 
wusstest du voraus, sag, 
wusstest du's? 
Denn dieses Knüpfwerk, 
klebrig schwer von Salz, 
von  Tang, von grauem 
Muschelkalk, das ist dein 
Lasso, Meerescowboy, 
kühner Reiter. 
Hoch oben auf der Welle 
Kamm greifst du in ihre 
feuchte Mähne, treibst 
ihr den Dreizack in die 
Flanke, bis sie am Felsen 
sich zerschlägt. *
Dann springst du weit über 
den Strand und leerst dein 
Netz, das salzig dunkle, 
löst mich aus dieser Nacht
die du geworfen hast so
schwer und weit. **
Du wusstest - wusstest 
du's? -, dass ich nichts 
mehr zu sein begehrte als 
dein Fang, als Beute 
deiner Hand, die meinen 
Leib ergreift, ein Mahl uns
zu bereiten. ***


oder: ergibt, entleert ...

**  2x "weit" in diesem Abschnitt, gefällt mir nicht

***  völlig anderer Sinn als vorher, will ich das?
       oder:
deiner Hand, die meinen
Leib umschließt auf eine Art,
dass beide beides sind:
Beschenkte und Geschenk.

Montag, 16. Juli 2012

I don't like Like-Buttons

Nein, ich mag sie nicht, diese Buttons, die es beispielsweise bei Wordpress-Blogs gibt, und die man anklicken kann, um damit zu sagen: Gefällt mir.
Ich mag sie nicht, das steht jetzt fest, nachdem ich eine Zeit lang mit mir gerungen habe und dann schließlich drei, vier mal einen solchen Button angeklickt habe, weil mir der dazugehörige Text gefiel. Aber sofort nach dem Anklicken tat es mir jeweils wieder leid. Denn natürlich gefiel mir dieser Text, aber andere Texte in diesem Blog ja auch und nicht unbedingt weniger. Müsste ich von nun an jedesmal den Like-Button anklicken, möglichst auch noch rückwirkend,  um nicht den Eindruck zu erwecken, es sei eine Ausnahme gewesen, dass mir dieser eine spezielle Text gefiel? Aber dann erschiene es doch sehr beliebig und vielleicht oberflächlich.
Was sagt denn überhaupt so ein Like-Button aus: Mir gefällt dieser Text (sprachlich, inhaltlich ...), ich stimme damit überein, er inspiriert mich, ich mag, was du schreibst, ich mag, dass du schreibst ...
Natürlich lese ich gerne die Blogs, denen ich folge, sonst würde ich ihnen ja nicht folgen. Und ich lese tatsächlich jeden Beitrag, mal mehr, mal weniger aufmerksam. 
Dass ich diese Blogs lese, hat vielfältige Gründe: Sie inspirieren mich, was nicht immer heißen muss, das ich mag, zustimme, verstehe etc. Manches verstehe ich nicht, oder es erschließt sich mir nur mühsam, manches ärgert mich, aber gerade das wiederum mag ich, denn es fordert mich heraus, weiterzudenken und evtl. eine eigene Position zum Beschriebenen zu entdecken oder zu entwerfen.
Manches mag ich auch schlicht als Lebensäußerung des Autoren/ der Autorin, auch wenn oder gerade weil es anders ist. Es freut mich einfach, dass die-/ derjenige schreibt.
Häufig sind es Stil und Sprache, gerade bei poetischen Blogs, die ich dann einfach genieße und die mich manches Mal neidisch machen, da ich nie diese Kunstfertigkeit erlangen werde.
...
Was würde also ein Like ausdrücken? Ich müsste es jeweils erklären können, womit wir bei der Kommentarfunktion wären:
Ich kommentiere nämlich gerne (aber selten, was Gründe hat, auf die ich vielleicht ein andermal eingehen werde, die ich in verschiedenen Kommentaren aber auch schon dargelegt habe).
Was ich nicht mag: Wenn von AutorInnen gewünscht oder gefordert wird, doch großzügiger zu liken oder zu kommentieren. Da kriege ich Beklemmungen. 
Nun befinde ich mich ja nicht mehr im Trotzalter, von daher führen diese Forderungen und die durch sie ausgelösten Beklemmungen nicht zu einer Verweigerung. Sie führen einfach zu nichts. Ich handhabe es weiterhin so, wie ich es will. Schließlich ist dies meine Freiheit als Leserin, die ich genauso wenig beschnitten oder manipuliert sehen möchte, wie die Freiheit der AutorInnen zu schreiben und zu veröffentlichen, was sie wollen.
Dieser Wunsch nach Freiheit und das Streben danach sind ja - neben anderem, wie z.B. der puren Lust an Sprache und ihren Möglichkeiten - die Motivation dafür, dass wir Gebrauch machen von der Möglichkeit des Bloggens und des freien Ausdrucks. Diese Freiheit gilt es zu schätzen, auszudehnen und zu fördern, meine ich, auch im Kleinen.
Zum Schluss nochmal kurz zurück zum eigentlichen Thema, den Like-Buttons: Wenn ich sie nicht anklicke, bedeutet es also nicht, dass ich den jeweiligen Text nicht mag, sondern ganz einfach, dass ich Like-Buttons nicht mag. Punkt.

Schreiben müssen 2 (Blatt #48)

Oder (als Ergänzung zum losen Blatt #47): Nichts schreiben, was nicht geschrieben werden muss.

Übrigens stelle ich mir hier keine Gesetze auf, sondern lege mir Stolpersteine in den Weg, als Denkanstöße und kleine sportliche Hürden.

Sonntag, 15. Juli 2012

Schreiben müssen 1 (Blatt #47)

Merke: Nicht schreiben, wenn ich nicht schreiben muss.

Samstag, 14. Juli 2012

Kopfkino!

Schaut Euch/ schauen Sie sich doch mal diesen Satz an: Für wen das stimmt

Gefunden in Sonjas Blog Wildgans .

Freitag, 13. Juli 2012

Eternal Sunshine of the Spotless Mind/ Everybody's Gotta Learn Sometime




Nicht neu, aber immer noch gut. Wurde heute auf Twitter von @Semi_Suicidal an den Film erinnert und habe die DVD mal wieder vorgekramt. Jim Carrey (den ich sonst nicht mag) und Kate Winslet (die ich auch sonst sehr mag) sind großartig in ihren Rollen. Und Becks Interpretation des Titelsongs ist schöner als das Original (finde ich). Insgesamt empfehlenswert.

Das Aussprechliche (Loses Blatt #46)

Wie arm wir wären, gäbe es nur das Aussprechliche.

Donnerstag, 12. Juli 2012

Hohle Zeit

Honigschwerer Tag
die Sonne zieht sich zäh
und klebt unter den Füßen - -

sie schlief heut rosenabgewandt
und träumte ihren Tod
da flog ein Satz pfeilschnell
an ihr vorbei
wär sie nicht lähmend satt
sie hätt' ihr Glück mit
bloßen Händen - -

ach - - 

sie reckt die Glieder
aus übervollen Himmeln
trieft's in ihren Schlund

die hohle Zeit - - 

die hohle Zeit bringt sie noch um

Mittwoch, 11. Juli 2012

Sister Rosetta Tharpe: Up Above My Head & Didn't It Rain

Rosetta Tharpe really rocks.



Yvonne Mich: Jedenfalls

Wer
an was
glaubt
ist so egal
wie
wer
wen
liebt.
Wenn
jeder
an jeden
glaubt,
liebt
jeder
jeden.


Bei mich allein gefunden. 
Vielen Dank fürs Ausleihen, liebe Yvonne!

Montag, 9. Juli 2012

Vom Herumtreiben

- Du warst fort.
- Ich habe mich herumgetrieben.
- Wo?
- In der Fremde.
- Was hast du dort verloren?
- Woher weißt du, dass ich dort etwas verloren habe?
- Ach, das ist nur eine Redensart.
- Aber ich habe tatsächlich etwas verloren.
- So, was denn?
- Einen Blick, eine Frage ... Doch es erschien mir nicht wie ein Verlust.
- Aha?
- Ja, denn ich bekam sie umgestaltet zurück.
- Und nun, bist du klüger?
- Diese Frage kann ich dir erst beantworten, wenn du sie anders stellst.
- Wie denn?
- Das weiß ich nicht.
- Du sprichst in Rätseln.
- Treibt es dich um?
- Ja.
- Dann geh los, da liegen Welten hinterm Horizont.

Samstag, 7. Juli 2012

Frauen, die pfeifen

Hier und da gibt es Frauen, die pfeifen. Auf Grashalmen, auf zwei Fingern, auf Dächern, auf die Etikette ... 
Sie merken sich die selbsterzeugten Töne, die schrillen und schrägen, feinen und vulgären für die Pflichtveranstaltungen - wenn sie zwischen Plüsch und Keramik, Papier und Goldrahmen gemessen schreiten müssen. Ihr heimliches Grinsen schlüpft durch das feinmaschigste Netz, keine Chance für die Ordnungshüter. Hinter deren Rücken pfeifen sie schamlos weiter und verschütten ihr Lachen wie Quellwasser. Am Ende sind sie wund vor Vergnügen. Sie hauchen Luftküsse in die Kurven der perfekt gestylten Fragezeichen und verlassen die Party.
Pfeifend besteigen sie dann ihr selbstgebautes Boot, voller Lust atmen sie den Geruch der noch frischen Farbe: Einen eigenen Zugang zum Meer haben sie sich geschaffen, haben gezimmert, genäht und lackiert, während sie auf Frisuren, Kleider und Maniküre pfiffen. 
Sie fahren stromabwärts und werden nur dort anlegen, wo ihnen unbekannte Farben und Klänge das Ufer säumen.
Können sie denn auch still sein? Und ob! So still wie der Wind, wenn er sich gelegt hat, manchmal für Tage, um anschließend mit neuer Kraft übers Land zu pfeifen.

Mittwoch, 4. Juli 2012

...

Nachts sprechen unsere Hände
auf Gänsehäuten Bände.

Montag, 2. Juli 2012

Die wilden Kinder

An Regentagen kommen die wilden Kinder in die Stadt. Dort suchen sie die großen Pfützen auf und werfen ihre Angeln aus. Stundenlang sitzen sie geduldig und warten. 
Seit der Fluss vergiftet ist, kommen sie aus dem Wald hierher und harren aus, aufrecht und stumm unter den Blicken, den Fingerzeigen und dem Gelächter der Leute. Erst in der Dämmerung, wenn die Stadtbewohner in ihren Häusern vor den schwarzen Kästen sitzen oder um Biere geschart Parolen tauschen, erst dann ziehen sie ihren Fang an Land. Stolz sind sie und frei.
Jedes Mal werfen sie die Hälfte der Beute zurück ins Wasser, nehmen nur so viel mit, wie sie tragen können. Die ersten Fische essen sie roh, weitere werden im Feuer gebraten, andere im Rauch haltbar gemacht. Es genügt für ein paar Wochen.
Wir Kinder beobachten ihren Rückzug von unseren Zimmerfenstern aus. Wir beneiden sie, und etwas zieht an uns. Eines Tages zieht es so stark, dass wir die Fenster öffnen müssen und hinausklettern. Es geht nicht geräuschlos vonstatten, aber wir sind vom Weltgeschehen übertönt, das unsere Eltern im Wohnzimmer gefangen hält.
Wir folgen den wilden Kindern tief in den Wald hinein, sie lassen es geschehen und teilen ihren Fisch mit uns. Sie bieten uns ein Lager. Zudecken müssen wir uns selbst, niemand erzählt uns eine Geschichte, nichts, das uns davon abhalten könnte, das Rascheln in den Zweigen zu hören, die Wolken am Mond vorbeiziehen zu sehen, den Nachtwind auf unseren Wangen zu spüren.
Nach einigen Wochen ist unsere Haut gebräunt. Unsere Muskeln sind gehärtet und unsere Sinne geschärft. Wir haben Hornhaut an den Füßen und können uns lautlos fortbewegen. Nun dürfen wir mit in die Stadt. Niemand erkennt uns dort, denn wir sind durch einen neuerworbenen aufrechten Gang getarnt.
Wir sitzen an den Pfützen, ertragen die Blicke, die Fingerzeige und das Gelächter der Leute. Geduldig lassen wir die Fische an den Angeln zappeln und ziehen sie erst an Land, nachdem die Stadtbewohner sich hinter ihre Mauern zurückgezogen haben.