Donnerstag, 20. September 2012

So als mündige Introvertierte

Ein paar freilaufend selbstkritische Gedanken.


Beispiele für Themen, die mich fortlaufend bzw. immer wieder beschäftigen:

Das Gleichsetzen von Introvertiertheit mit Schüchternheit, von Zurückhaltung mit Schwäche und Hilfsbedürftigkeit.
Mein Schweigen.
Das Recht auf Religionsfreiheit interpretiert als Recht einer Religionsgemeinschaft, frei über ihre Mitglieder zu herrschen statt als Recht des Einzelnen auf Freiheit auch von Religion.
Meine Wut.
Bildung als Mittel zum Ausschluss statt ...
Meine Sprachlosigkeit.

Schweigen und Sprachlosigkeit sind nicht dasselbe.

Was ich sehe und bedenke und wofür ich Zeit brauche, die ich mir nehme, bis die Gelegenheit verstrichen scheint, sich zu einem Thema zu äußern, das plötzlich von der Bild(schirmober)fläche verschwunden ist, ohne erledigt zu sein, aber entledigt des allgemeinen Interesses, weil da längst neues Brisantes aufgeblitzt ist.

Ich vermisse Langsamkeit und mache die Schnelligkeit des Netzes dafür verantwortlich, aber dies ist eine vorschnelle Reaktion, muss ich nach einigem Nachdenken zugeben, denn mit Geschwindigkeit und plötzlichem Verschwinden hatte ich schon immer meine Schwierigkeiten, auch vor Zeiten des Internets gab es die Konfrontation mit geringen Aufmerksamkeitsspannen, verpasste ich Zeitpunkte, weil ich (zu) lange mit Nachdenken beschäftigt war, maß ich Themen eine Bedeutung bei, die sie für andere anscheinend nicht hatten.
Es liegt nicht am Netz. Es liegt auch nicht an mir. Oder doch, es liegt an mir, nicht mehr und nicht weniger als an den anderen, und zusammengenommen ist es ja doch ein Wir, nicht ein Ich und die anderen, ist es ein gemeinsam lernendes Wir.

Wenn ich es selbstkritisch betrachte, sind Bedächtigkeit (wie ich die Langsamkeit nun positiv wertend nenne) und Konzentration und in die Tiefe Gehen nur die eine Seite der Medaille, auf deren anderer Seite Trägheit und Unbeweglichkeit liegen. So etwas höre ich zugegebenermaßen nicht gerne, auch dann nicht, wenn es von mir selbst kommt. (Ich will lernen, aber ich will mich auch toll dabei fühlen.)

Letztlich geht es um Agieren und Reagieren, denn wer oder was sollte mich davon abhalten, ein Thema erneut auf den Tisch zu bringen, das bereits gegessen scheint, bzw. überhaupt erst eine Diskussion anzustoßen. 
Ich könnte selbst den Boden bereiten. So als mündige Introvertierte.

Schreibe ich das hier also spontan und undurchdacht auf. Und lasse es gleichzeitig sacken.

2 Kommentare:

  1. Als - positiv gesagt - Mit-Bedächtiger hab ich das auch. Inzwischen denke ich: Manche sind so, andere sind anders. Im Job sehe ich, dass Manche viieel schneller im Kopf sind als ich. Aber sie würden ihre Ideen nicht in die Welt bekommen ohne Mithilfe der Bedachtsamkeit. (so ganz un-introvertiert hingeantwortet) -

    Jetzt, da ich das schreibe: Ein Nutzen von Twitter (für mich) ist das Reflexartige Reagieren auf irgendwas. Gedanken raushauen ohne nachgedacht zu haben. Fingerübungen der Extroversion. (btw. es gibt sogar welche, die sind neidisch aufs Introvertierte; also muss es was wert sein ;)

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  2. Lieber mit-bedächtiger Pit,
    ich bin auch gar nicht unzufrieden mit mir und meiner Art des Denkens und auch nicht langsam im Kopf, nur manchmal abwartender, vielleicht auch komplexer/-izierter (?). Bin auch nicht (mehr) schüchtern, obwohl mir das als Kind eingeredet wurdet, eben wegen dieser falschen Gleichsetzung von introvertiert und schüchtern. (Ich kenne auch eingeschüchterte Extrovertierte.)
    Aber manches liegt mir so am Herzen, dass ich es wichtig finde, am Ende aller Bedachtsamkeit auch mal zu einer Äußerung zu gelangen, und zwar nicht in erster Linie um meinetwillen, sondern um der Sache willen. Ist ja auch nicht so, als würde mir das nie gelingen, aber doch noch zu selten, wie ich finde, und dafür möchte ich nicht Gesellschaft und/oder Umstände verantwortlich machen, sondern mich selbst und darüber zum Handeln kommen.

    Und Twitter empfinde ich wie Du als gute Übung, seinen Impulsen nachzugeben.

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