Sonntag, 30. November 2014

Dust in the Wind - Road to Anywhere IV

Wir fuhren weiter und weiter, irgendwann hüllte uns die Dunkelheit ein mitsamt ihrer freundlichen Ruhe. Wir hatten schon ein Weilchen nichts mehr geredet, trieben einfach dahin im Soundtrack des Mixtapes und vorbei an nächtlich beleuchteten Flecken. Der hereinströmende Fahrtwind kühlte uns ab, irgendwann kurbelten wir die Fenster hoch.

"So langsam könnte ich ein Bett gebrauchen", unterbrach ich schließlich die Stille.

Mario gähnte. "Wir sind gleich da."

Und tatsächlich erkannte ich kurz darauf die Stelle wieder, an der ich am Morgen die Abzweigung genommen hatte. Aus einer Laune heraus, nichts ahnend. Und dann dieser Tag ...

Ich stellte den Wagen ab und Mario lud mich in seinen Bau ein. Gemütlich war's da, lauter Ecken, in denen sich gut rumlümmeln ließ. Alles wirkte so einladend, als habe er regelmäßig Gäste. 
Er führte mich in ein kleines Zimmerchen, da stand ein frisch bezogenes Bett. Es duftete nach Heu, auf dem Nachttisch lagen ein paar angeknabberte Möhrchen. "Tschuldigung", murmelte Mario, und räumte sie weg. "Das Bad ist gleich da vorne und durch die Küche sind wir reingekommen. Der Kühlschrank ist voll, falls du was brauchst. Und jetzt gute Nacht, ich bin echt müde." Er umarmte mich fest und drückte mir einen feuchten, fellkitzelnden Kuss auf die Wange. "Schlaf gut, Alice. Und merk dir deine Träume. Morgen will ich wieder Geschichten hören."

Ich ließ mich in die weichen Kissen sinken und fiel sofort in tiefen Schlaf. Nichts Bad, nichts Kühlschrank. Nur Schuhe aus und ab ins Bett, hinüber in die andere Welt.

Ich spazierte auf einer überdimensionalen Karte, irrte zwischen Häuserschluchten umher, lief im Kreis, blickte immer wieder auf die Uhr und suchte zunehmend verzweifelt nach dem Weg. Das Problem war: Ich hatte mein Ziel vergessen. Jedesmal, wenn es kurz wieder aufblitzte in meinem Kopf und ich einen Passanten befragen wollte, entwischte es mir noch während ich ein einleitendes "Entschuldigung, können Sie mir vielleicht sagen, wie ..." formulierte.
Plötzlich kamen Stimmen aus dem Off, erst eine, dann immer mehr, anschwellend zu einem Chor. Sie sangen: "Duhuhu, wohin willst duhuhu, frag deinen Schuhuhuh, der sagt's dir schubidu ..."
Ich war genervt, fühlte mich auf den Arm genommen, wäre viel lieber in den Arm genommen, musste schmunzeln angesichts dieses, wie ich fand gelungenen, Wortspiels, war dann sauer, weil ich schmunzeln musste, wie unangemessen in dieser ernsten Lage, wusste doch selbst nicht, ach, mir taten die Füße weh, alles war doof ...
Ich ließ mich zu Boden sinken, an eine Hauswand gelehnt und riss den nichtsnutzigen Ortsplan in tausend kleine Fetzen, streute diese hoch in die Luft. Sie regneten zu Boden und lockten mehrere Tauben an, die aber schnell enttäuscht wieder davonflatterten, genauso an der Nase herumgeführt wie ich.
Mich überkam eine unbändige Lust zu weinen. Ich taxierte kurz meine Umgebung, die vorbeihastenden Menschen und beschloss, meinen Tränen freien Lauf zu lassen ...

Ich erwachte, weil ich niesen musste. Etwas kitzelte mich in der Nase, klebte an meinem tränennassen Gesicht. Ich schlug die Augen auf und blickte in dichtes weißes Fell. Mario hielt mich im Arm und wiegte mich sacht. "Ich dachte mir schon sowas", flüsterte er mir, so sanft er es mit seiner piepsigen Stimme vermochte, ins Ohr. "Lass laufen, Liebes." Und ich ließ laufen ...




2 Kommentare:

  1. ich will auch so'n spiegelei vom carpainter gezimmert haben...

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    1. Ich werde Mario mal um eine detaillierte Wegbeschreibung bitten. :-)

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