Dienstag, 4. November 2014

Die Straßen meiner Kindheit

durch die Straßen meiner Kindheit weht ein jahrzehntealter Wind, ich quere den Platz mit dem raschelnden Ahornlaub, werde grundschulkindklein im vertrauten Duftgemisch aus U-Bahnschacht und Streuselstreifen von Merzenich, schmiege mich in den vertrauten Singsang des heimatlichen Dialekts und in die warme Kontur meiner alten Stadt ... wo ist mein Zuhause?


*


Die Straßen meiner Kindheit. Bin seit Jahren erstmals wieder hier. Gestern, am Tag meiner Ankunft, noch ein wenig umhergeirrt. Schon heute kannten sich meine Füße wieder aus. Auch meine Augen und Ohren. Und die Nase erst!
Wegen Dauerregens sechseinhalb Stunden Museum Ludwig. Guuute Entscheidung. Kunst kucken sortiert mich immer aufs wunderbarste.
Für morgen plane ich einen K-Tag. Muss so in der Stadt mit K.: Auf jeden Fall wieder Kunst kucken: diesmal Käthe Kollwitz; später Kaffee, aber nicht bei Kamps, sondern in einer schönen Konditorei, ich habe das Café Eigel in dunkler, aber guter Erinnerung; Kino vielleicht; Kölsch und Kurrywurst (oder Reibekuchen ...); Kommunizieren? Man kann nicht nicht kommunizieren in einer Stadt voller Menschen.

Am Donnerstag soll das Wetter besser sein, dann will ich ausgedehnt spazierengehen, das Haus aufsuchen, in dem ich aufgewachsen bin, durch den Volksgarten schlendern. Von dort ist uns damals ein Entenpaar zugeflogen und geblieben. Mein Vater hat ihnen im Garten einen Miniswimmingpool gebuddelt. Das Weibchen hat Eier gelegt, denen die harte Kalkschale fehlte. Windeier. Da gab's leider keinen Nachwuchs. 
Vielleicht finde ich auch noch den Weg zu meiner alten Grundschule. Frau Weihrauch-Kollenbusch, so hieß meine Lehrerin. Kein anderer Name blieb mir seither so gut im Gedächtnis. "Sich selbst bekämpfen ist der allerschwerste Krieg; sich selbst besiegen ist der allerschönste Sieg. von Friedrich von Logau", hat sie mir in mein in grünen Cordsamt gebundenes Poesiealbum geschrieben. Auch das weiß ich bis heute auswendig. Einmal sollte ich nachsitzen, weswegen, weiß ich nicht mehr. Da behauptete ich glattweg, zum Zahnarzt zu müssen. Ob sie mir glaubte? Jedenfalls ließ sie mich gehen, und ich kam mir ungeheuer verwegen vor mit meinen sechs, sieben Jahren. 
Ach, damals ...

4 Kommentare:

  1. ach --- wie schön ist das zu lesen, liebe iris,
    ebenso wie dein "satz an erinnerungen" an anderer stelle.
    wunderbar!
    liebe grüße aus dem westerwald
    diana

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    1. Danke, liebe Diana! Hier stürmt gerade einiges auf mich ein an Erinnerungen, habe immer mein Notizbuch dabei.

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  2. Als grundschulkleines Kind von Dellbrück in die Sexta nach GL gewechselt, oft durch den Wald nach Refrath spaziert mit Mutter und Brüderchen im Kinderwagen; da hast du mich auf was gebracht! Wünsche dir einen guten Aufenthalt- es ist alles so neu dort...

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    1. Ach nee, du auch aus der Ecke? Dat jiddet doch jarnit! ;-)
      Ja, vieles ist neu hier. Aber ganz, ganz vieles auch noch genau wie früher.

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