Samstag, 29. November 2014

Der Carpainter - Road to Anywhere III

Von meinem Mixtape erklang Tim Hardin, die Woodstockfassung.



Mario sang lauthals mit: " If I were a carpainteeeer and you were a laaaadyyyy ...".

"Das heißt nicht carpainter sondern carpenter", korrigierte ich ihn.

"Quatsch", sagte er und sang weiter, um sich gleich darauf nochmal zu unterbrechen: "Garantiert kennste den sowieso nicht."

"Wen?" fragte ich.

"Na, den Carpainter", Mario rollte mit den braunen Kulleraugen, "den Freund vom Walross."

"Nö, den kenne ich tatsächlich nicht. Aber unabhängig davon: Im Song heißt es carpenter - Zimmermann und nicht carpainter - Automaler, so'n Blödsinn." Zur Bekräftigung drückte ich zweimal auf die Hupe.

"Da vorne dann rechts", meinte Mario trocken. "Gleich hinterm Schrottplatz und durch bis zu dem Schild, auf dem dreimal-darfste-raten-was steht. Na? Na??? Genau!" Er lehnte sich zufrieden zurück, ein freches Grinsen im Gesicht.

Nachdem wir ein Stück neben der Umzäunung des Schrottplatzes langgerumpelt waren. stießen wir tatsächlich auf einen Torbogen, in dessen Wölbung ein Pappschild baumelte. 
"C A R P A I N T E R" war in großen bunten Buchstaben daraufgemalt.
Wir rollten auf einen Hof und ich kam mit quietschenden Bremsen zu stehen.Fast wäre ich in einen Farbeimer gefahren.

"Hey, Kumpel!", kreischte Mario aus dem Autofenster. Ein Mann kam hinterm Haus hervor, barfuß und in Latzhose, in der einen Hand einen Farbtopf, in der anderen einen riesigen Pinsel. Mit dem winkte er uns zu und malte dabei einen Bogen aus tropfendem Sonnengelb in die Luft.

"Mario, alter Hase! Schön, dich zu sehn. Wen haste denn da mitgebracht?"

"Das ist Alice, sie ist neu hier in der Gegend, kennt sich noch nicht so aus. Wollte übrigens auch nicht glauben, dass du'n Carpainter bist."

Der Latzhosenmann wandte sich mir zu. "Ach, nee?" Ich bemerkte noch das Blitzen in seinen Augen, hob den Arm, machte den Mund auf, um etwas zu sagen, da hatte er bereits einen fetten gelben Tupfer auf die Motorhaube meines Wagens gemalt. "Kannst dir noch aussuchen, obs 'ne Sonne oder'n Spiegelei oder'n Gänseblümchen werden soll. Bin für alles gerüstet." Er grinste. Ich war erstmal sprachlos.

Hilfesuchend drehte ich mich zu Mario. Der beachtete mich gar nicht, sondern plauderte drauflos: "Schönen Gruß vom Walross. Da waren wir eben. Hatten 'ne tolle Erzählrunde. Weißt ja, wie das läuft. Und dann lief eben dieses Lied auf Alices Mixtape, dieses: If I were a carpainter ..., und da meint sie doch glatt, ich verstünde das falsch und es gäbe dich gar nicht. Naja, jetzt weiß sie Bescheid." Und wieder hatte er dieses freche Grinsen im Gesicht.

"Und?", fragte der Mann mit der Farbe, an mich gewandt.

"Was, und?", fragte ich zurück.

"Na, Sonne oder Spiegelei oder Gänseblümchen?"

Ich seufzte. Mario strich mir übers Haar: "Lass mal Musik laufen, dann ist alles gaaanz easy."

Das machte ich. Und das war es dann auch: Gaaanz easy. Der Carpainter holte Getränke und ging anschließend seiner Arbeit nach. Mario und ich lagen im Gras und sahen zu.

Drei Malzbier später und nachdem die Farbe einigermaßen getrocknet war, fuhren wir weiter. Auf der Motorhaube brutzelte ein überdimensionales Spiegelei (wenn schon, denn schon) im Abendrot. Für die Beifahrertür hatte Mario sich ein goldenes Herz mit rotem Pfeil durch gewünscht und auch bekommen.





Die ganze Geschichte (tbc)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen