Mittwoch, 10. Juli 2013

Haken

Der Alltag wirft kleine, spitze Haken aus: 
Eine Schale reifer, duftender Aprikosen, die, als sie sie zur Seite schiebt, den Brandfleck auf der Tischplatte sichtbar macht, der aus der durchwachten Nacht vor - wievielen? - Jahren stammt, als sie sich ausnahmsweise erlaubten, drinnen zu rauchen, als das Kind so krank war und stündlich neue Wadenwechsel brauchte, auch zweimal in der Nacht ein komplett frisch bezogenes Bett, danach der Morgen mit der endlich gesunkenen Temperatur, dem frisch gebrühten Kaffee, den müden Körpern, den Erleichterungsblicken und den quer über den Tisch ineinander verschränkten Händen, von denen sich nicht sagen ließ, welche welcher Halt gab.

Noch so ein Haken: Der Geruch von frisch gemähtem Gras, der hereinweht, als sie am Morgen das Fenster öffnet. Jahrzehnte liegen in diesem Geruch.

Ein weiterer Haken: Das immer noch mögliche gemeinsame Lachen über Erinnerungen, die mit keinem anderen geteilt werden können.

Und viele Haken mehr, die der Alltag auswirft, vor denen es keinen Schutz gibt, keine Ausweichmöglichkeit. Haken, nicht stark genug, um sie aufzuhalten, aber um sie langsam zu machen und vorsichtig in ihren Ablösungsbewegungen, damit die dünne Haut nicht reißt, damit kein Blut verloren geht, damit es nicht so weh tut.

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