Sie wartet.
Die Buchstaben machen ihr keine Angst mehr, im Gegenteil: Längst ist sie mit ihnen vertraut, ohne dass eins das andere hätte zähmen müssen.
Selbst die besonders schwarzen unter ihnen, die des unsäglichen Gesetzes, haben ihre Macht verloren. Eine Macht, die - so hatte sie schließlich erkannt - von Gehorsam lebte. Entzog man diese Nahrung, schrumpfte die Macht, vertrocknete bis in die Eingeweide, ohne dass auch nur ein einziger Tropfen Blut floss. Blieb nichts als eine staubige Hülle.
Die Buchstaben selbst konnten nichts für den doppelten Missbrauch, der an und mit ihnen getrieben wurde.
Sie wartet. Und ist dabei nicht untätig.
Sie gibt den Buchstaben einen neuen Sinn, indem sie mit ihnen spielt, sie bunt durcheinander würfelt, sie kitzelt, hoch in die Luft wirft oder zum Tanz auffordert. Manchmal überlässt sie die Buchstaben sich selbst, und dann erkennt sie deren Zutraulichkeit. Sie wenden sich nämlich nicht ab, sondern fügen sich zu Gebilden, auf die sie nie gekommen wäre, und bieten sich ihr als Geschenk dar.
Sie wartet. Und da ist noch etwas anderes, das wartet.
Jenseits (oder diesseits?) der Buchstaben liegt eine Welt, die sie manchmal vergisst. Eine Welt, die ohne Buchstaben auskommt. Eine Welt, von der manche behaupten, sie sei dem Wort entsprungen, wofür sie dann wortreiche Begründungen liefern, die sie innerhalb ihres geschlossenen Argumentationskreises als Beweise betrachten. Sie irren! Selbst dann, wenn sie am Ende recht behalten sollten.
Diese Welt ist wirklicher als jedes Wort, ist ihm entwachsen und lässt sich ohne Beschneidung nicht mehr zurücknehmen in die einstige Begrenzung, so diese überhaupt existierte. Eine Welt, die sich in ihren wunderbarsten Teilen nur der Sprachlosigkeit erschließt.
Sie wartet. Und lauscht ihrem Atem.
Denn zu erzählen gibt es trotz aller Sprachlosigkeit Unendliches, zu dem sich die Buchstaben nur noch zusammenfinden müssen, zusammenfinden werden, da ist sie ganz zuversichtlich. Innerhalb eines Raums aus Geduld und Aufmerksamkeit.
*
Liebe Leserinnen und Leser, an dieser Stelle passt es, dass ich schonmal meinen nahen Urlaub ankündige und die übliche damit verbundene Internetlosigkeit. Am Samstag geht's los. Erstmal für eine Woche, vielleicht werden aber auch zwei draus. Und vielleicht schreibe ich vorher noch einen weiteren Blogbeitrag, vielleicht aber auch nicht.
So eine Unbestimmtheit. Als wäre ich beim Wetter in die Lehre gegangen. ;-)
Wie schön, wenn man die Freiheit hat zu sagen: ...vielleicht werden aber auch zwei draus...
AntwortenLöschen!!
Ja, nicht wahr? Die zwei Wochen Urlaub stehen schon länger, auch dass es in der ersten ins Elsass geht, nur für die zweite gibt's noch keinen Plan.
LöschenWünsche Dir Freiflugzeiten, wo immer Du auch sein wirst!
AntwortenLöschenHerzliche Grüße von Karin
Vielen Dank, und herzliche Grüße auch Dir!
Löschenwünschen wunderschöne ferien und wir waten...
AntwortenLöschenDanke sehr!
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