Sonntag, 9. August 2015

Wochenrückblick 3. - 9. August 2015

Gelesen, gehört, geschaut, gefreut:

Ja, ja, ja, ja
Habe aber gerade keine Lust, darüber zu schreiben. Anderes zieht an mir.


Gestolpert:

– über mich selbst und meine Ansprüche (wie sehr ich Arroganz verabscheue! zugleich aber auch Dummheit absolut unerträglich finde, eigentlich unhinnehmbar)
– über meine Empfindlichkeit
– über meinen Wunsch, gesehen (und akzeptiert) zu werden, ohne mich dafür verbiegen zu müssen (womit ich Anpassung und Selbsterklärung meine); die Übungen, die ich mir deshalb auferlege (auf mein Blog bezogen bedeutet das: schwer verständliche Texte, Unbehauenes, Bruchstückhaftes, krude Assoziationen und dergleichen ungefiltert rauszulassen (noch viel zu wenig! (Ich liebe dieses Üben!))) 
– über eine defekte Fahrradbremse, was zum Nächsten Abschnitt führt:


Gestürzt:

mit dem Fahrrad. Halb so schlimm. Nur eine leichte Prellung und eine große Schürfwunde am linken Knie. Das rechte war wegen einer Zerrung, die ich mir vor kurzem zugezogen habe, noch bandagiert und deshalb vor einer allzu harten Begegnung mit dem Asphalt geschützt.
Weil ich dazu neige, jegliches Malheur auch (wohlgemerkt: auch, nicht nur) in einem ganzheitlichen (und ganz und gar unesoterischen) Zusammenhang zu deuten, dachte ich spontan: Aha, offenbar gehe ich in die Knie. Kapituliere. Gut so. Passt in meine derzeitige Lebenssituation.
Kapitulation ist im Gegensatz zu Resignation ja etwas Positives, ihr geht eine Akzeptanz unausweichlicher Fakten voraus. Sie ist vernunftbewegt und schließt weiteres Handeln nicht aus, sondern ermöglicht es erst neu.
So spreche ich mir Mut zu, pflege meine Knie mit ihren verschiedenen Blessuren und ziehe daraus die Zeit und die Muße, mich auch anderen Anteilen meiner Person pfleglich zuzuwenden.


Gescheitert:

mit der Absicht, zu einem bestimmten Post in einem bestimmten Blog einen Kommentar zu hinterlassen. „Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.“, heißt es da. Nein, muss ich nicht. Ich setze ihn einfach hier bei mir hinein:


... und im Schuppen hinterm Haus steht eine mechanisch betriebene Zeitmaschine, mit der man sich wahlweise ins Pliozän (um auf einem wilden Hipparion zu reiten?) oder ins Internetzeitalter (um einen Blogartikel zu verfassen?) katapultieren kann ...

Wer den zugehörigen Blogartikel findet, gewinnt ....
... einen Einblick in den Zusammenhang. Wofür ich natürlich nicht garantiere.

Derweil beobachte ich einen vor vielen Jahren auf der Straße liegen gebliebenen Schatten eines Mannes dabei, wie er seinen Hut zum Gruß einer Zeit, die er nicht mehr erleben wird, zieht und dann wieder aufsetzt.


Gefunden: 

das Blog geflüchtet.de.


Die AutorInnen sind ...


„... erschrocken und wütend über die Übergriffe auf Flüchtlinge in unserem Land. Das Versagen der EU, auch nur einen Minimalkonsens bezüglich ihrer Versorgung zu erreichen, beschämt uns. Wir sind es leid, wie in Medien, aber auch persönlichen Gesprächen die Schutzbedürftigkeit aus ihrer Heimat fliehender und geflohener Menschen in Frage gestellt und zugleich Rassismus verharmlost wird.“ *

Ihr Blog soll ...


„... Biografien von Flüchtlingen in Gegenwart und Vergangenheit dokumentieren, historische Vorgänge thematisieren, die Zwangsmigration und Flucht hervorgerufen haben und Umgangsweisen von Aufnahmegesellschaften beschreiben. Wir wollen nicht die sich wiederholenden gegenwartspolitischen Argumente aufwärmen, wir wollen aus fachlicher Perspektive erklären, wie Flucht entsteht und entstand, wie Menschen flüchteten und fliehen, wie Aufnahmeländer mit ihnen umgingen und umgehen.“ *

Weiter schreiben sie:


„Gleichzeitig ist eine globale Geschichte von Flucht immer auch eine Verflechtungsgeschichte. Über die Jahrhunderte haben Kriege, Kolonisation und Ausbeutung zu nationalen, ethnischen und religiösen Verwerfungen geführt, deren Auswirkungen bis in die Gegenwart spürbar sind. Auch diesen Aspekt möchten wir beleuchten.“ *

Das alles können sie nicht allein leisten, deshalb ... 

„... bitten wir Interessierte um ihre Mitarbeit. Schreiben Sie Blogbeiträge, helfen Sie unserem Lektoratsteam oder erzählen Sie anderen von uns.“ *

geflüchtet.de bündelt in für mich beispielloser Weise Fakten, globale und historische Zusammenhänge und Einzelschicksale. Die Blogbeiträge informieren, klären auf und berühren, je nach Thema und immer auf sachlich und verständlich geschriebene Weise. 
Zu eigenen Beiträgen wird eingeladen (s.o.), die BetreiberInnen fungieren dabei als Redakteure.
Ich wünsche dem Blog eine breite Akzeptanz und schließe mich ganz und gar dem folgenden an:
„Wir wünschen uns eine Gesellschaft, die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft willkommen heißt und sie als Bereicherung sieht. Denn: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ *

* alle Zitate: geflüchtet.de 




9 Kommentare:

  1. wenn es gesellschaftlich wird, kann ich voll hinter dir stehen. vor fahrradstürzend kann ich dich nicht bewahren. wahrscheinlich gehören wir die "trottelige" abteilung der gutmenschen.

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  2. korrektur: ...in die "trottelige" abteilung der gutmenschen. (bezieht sich auf die aktuelle netzdiskusssion zu flucht & vertreibung und das bloßstellen von helfern als "gutmenschen", so, als ob keine hilfe, die größere hilfe wäre.

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    1. Mein Lieber, schön zu wissen, dass du in dieser Hinsicht hinter mir stehst. :-) Ich gehöre sehr gerne in diese „trottelige Abteilung°, wie du sie nennst. Da trifft man die besten Menschen.
      Das mit dem Fahrradsturz – der ist ja glimpflich verlaufen, ganz im Gegensatz zu deinem damals ...

      Bin übrigens demnächst wieder in Berlin. Melde mich noch per DM.

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  3. Ich glaube, ich gehöre einer anderen Generation, einer anderen Welt an. Ich bin aufgewachsen in der Ansicht, das Wichtigste, das ich versuchen soll, ist, gut zu sein. Und jetzt diese Verunglimpfungen. Das fällt mir schwer, das zu begreifen. Das Thema Flüchtlinge ist mir momentan zu komplex ( und bei mir noch relativ unverdaut: sprich gedanklich abgeklärt ), dass ich mich damit noch nicht in die Blogöffentlichkeit traue. Hinter den Kulissen gibt es schon reichlich viel Austausch mit anderen Bloggerinnen...
    Gute Besserung dem Knie!
    Astrid

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    1. Liebe Astrid, wie meinst du das mit der anderen Generation? Anders als welche/wessen? Und eine andere Welt ... Ich weiß, was du meinst, benutze diese Floskel selbst manchmal, versuche, es mir abzugewöhnen, denn in Wirklichkeit gibt es doch nur eine Welt ...
      Du schreibst: „Ich bin aufgewachsen in der Ansicht, das Wichtigste, das ich versuchen soll, ist, gut zu sein.“ Das gefällt mir. So bin ich auch aufgewachsen. Mein Lieblingskinderbuch war „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler. Sie wollte unbedingt eine gute Hexe sein. Aber ihre Deutung von gut entsprach nicht der der anderen Hexen. Trotzdem hat sie sich am Ende durchgesetzt. So wollte ich auch immer sein. Will ich noch heute. :-)
      Die Welt ist eine einzige Überforderung. Ich freue mich über jeden Lichtblick in Form von Menschen, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für das Gute einsetzen. So wie du es tust, indem du an Raif Badawi dranbleibst. Oder wie es die Betreiber des geflüchtet-Blogs tun. Das ist alles wichtig und relevant und bewegt etwas.
      Danke für die guten Wünsche!
      Herzlich, Iris

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  4. Na ich bin sicher vierzig Jahre älter als du, aufgewachsen in der bigotten deutschen Provinz mit lauter Kriegstraumatisierten, das prägt einen doch ganz anders, als es in den folgende Jahrzehnten der Fall war.
    Die "Kleine Hexe" mag ich auch sehr, habe sie auch immer wieder mit den Kindern gelesen, zuletzt aber auch gespürt, dass das nicht mehr ihre Welt war.
    Es grüßt dich eine etwas müde gewordene
    alte "Hexe"!

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    1. Vierzig Jahre älter? Dann müsstest du jetzt 93 sein. ;-) Nein, im Ernst: Wie kommst du darauf?
      Mein Vater ist 1919 geboren, meine Mutter 1931, er war im Krieg und bis 1947 in Gefangenschaft, einer seiner Brüder ist im Krieg gefallen, der andere verschollen, er hat nie darüber sprechen können, seine Zuflucht war der Alkohol. Meine Mutter wuchs in Köln auf, als jüngste von sechs Geschwistern, alle drei Brüder waren im Krieg, sie musste das letzte Jahr im Haus verbringen, weil die Familie ein jüdisches Mädchen bei sich versteckt hat und Angst hatte, meine damals dreizehnjährige Mutter könnte etwas ausplaudern. Ihr Verhältnis zu dem Mädchen war entsprechend ambivalent.
      Kriegstrauma und seine Auswirkung auf die Kinder- und Enkelgeneration kenne ich zur Genüge. Manche meiner Lebensirrwege habe ich dem zu verdanken. Meine Blogschreiberei ist (bei weitem nicht nur, aber auch) Teil meiner Selbsttherapie. Es ist ein komplexes Thema ...

      Eben habe ich deinen aktuellen Artikel zu Raif Badawi gelesen. Danke dafür!

      Herzliche Grüße zu dir nach Köln, meiner geliebten Heimatstadt

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  5. „Wir wünschen uns eine Gesellschaft, die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft willkommen heißt und sie als Bereicherung sieht. Denn: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

    Und ich wünsche mir, dass Menschen erst gar nicht aus ihrer Heimat fliehen und ihr Leben dabei riskieren müssen, weil sie durch Ausbeutung in bitterer Armut leben müssen und keine Zukunft sehen, weil sie vor Kriegen fliehen oder Verfolgung entkommen wollen.
    Allen, die zu uns kommen, wollen wir schwesterlich die Hand reichen.

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    1. Das wünsche ich mir auch. Eine in Frieden bewohnbare Welt, unzerstörte Heimaten ...

      „Allen, die zu uns kommen, wollen wir schwesterlich die Hand reichen. “ Ja!

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