Sonntag, 9. März 2014
Herr M., Herr S., Frau L. und all die anderen, ...
... die einfach zur Tür hereinstürzen, als wären sie Herrscher über dein Zuhause. Als gehörte ihnen dieser Raum mehr als dir. Wie sie dich zurückdrängen, und wie du nicht in der Lage bist, dich zu behaupten gegenüber ihrer Anmaßung. Wie sie dann aus dem Nichts Schläge auf deiner Haut verteilen und ihren Speichel mitten in dein Gesicht spritzen. Ihre Freiheit nennen sie das, und wenn du die Hände schützend vors Gesicht hältst, brüllen sie los. Eingeschränkt fühlen sie sich dann. Und bedroht, sobald du ein leises Wort zu deiner Verteidigung sagst. Und trittst du ihnen einen Schritt entgegen, fühlen sie sich gar verfolgt und rufen um Hilfe. Das alles in deinem Raum. Und du willst weder schreien noch schlagen noch spucken. Bist ein wenig hilflos und ohnmächtig in deiner selbstgewählten Gewaltlosigkeit. Überlegst, ob du ihnen einen Stuhl ans Fenster rücken sollst, ihnen einen Platz am Tisch anbieten, sie bewirten, freundlich mit ihnen reden. Könntest du das in deiner Angst? In deinem Ekel vor ihren geifernden Mündern? Willst du nicht lieber mit ausgestrecktem Arm zur Tür zeigen und mit lauter Stimme einen Platzverweis aussprechen? Recht hättest du. Aber du denkst: "Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Du denkst: "Dieser Raum gehört mir." Du denkst: "Wie kriege ich diese beiden Gedanken unter einen Hut?" Und genau diese Frage stellst du dann den Herren M. und S. und der Frau L. und all den anderen, die ungefragt über deine Schwelle getreten sind. Du stellst diese Frage, entkorkst die Weinflasche, schneidest das Brot in dicke Scheiben, bittest die Ungebetenen, Platz zu nehmen, und hoffst auf eine minimale verbindende Gemeinsamkeit, wie beispielsweise Ratlosigkeit eine sein könnte. Nicht die schlechteste, wie dir klar wird, als ihr euch zögernd in die Runde setzt, allesamt ein wenig verlegen. Schweigend einander musternd, bis der erste lachen muss. Aber da wird die Realität bereits zum Traum.
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