Freitag, 7. Oktober 2011

Aha, Tranströmer

Zugegeben, ich hatte bisher nichs von ihm, dem inzwischen 80jährigen Schweden Tomas Tranströmer gehört und gelesen. Was mir aber nicht zum ersten Mal passiert mit einem Literaturnobelpreisträger (und das, obwohl ich im Literaturgeschäft tätig bin. Tja ...).
Aber im Vergleich zu einigen früheren Entscheidungen des Komitees, die für mich schwer nachvollziehbar waren - ganz abgesehen von der wiederkehrenden Enttäuschung, dass Bob Dylan immer und immer noch nicht für die unglaubliche Virtuosität seines Textschaffens ausgezeichnet wurde - im Vergleich dazu also, finde ich die diesjährige Wahl, getroffen nach ästhetischen Gesichtspunkten, schlichtweg schön und im Sinne einer Balance auch wichtig.

Mir gefällt, was Tranströmer übers Dichten sagt:

"Ich sehe ein Gedicht nicht als eine Erklärung, sondern als eine neue Perzeptions- und Kommunikationsweise. Wie in einem Bahnknotenpunkt, wo sich die Züge aus allen Richtungen treffen, gibt ein Gedicht plötzlich einen neuen Kommunikationsknotenpunkt, von dem aus die Wirklichkeit zwar nicht erklärt, aber in einer neuen Beobachtung gezeigt wird."

Und mir gefällt, was er dichtet:

Der Adlerfels

Hinterm Glas des Terrariums
die Reptile
seltsam reglos.

Eine Frau hängt Wäsche auf
im Schweigen.
Der Tod ist windstill.

In der Tiefe des Bodens
gleitet meine Seele
schweigend wie ein Komet.

Über das Wenige, das meine Tageszeitung zu Tranströmer weiß, hinaus finden sich im Netz mehrere empfehlenswerte Artikel, u.a. dieser:

Und nun werde ich mir, um nicht nur das über den Preisträger, sondern vor allem das von ihm Geschriebene zu lesen, folgenden Band besorgen:
Tomas Tranströmer, Sämtliche Gedichte, übersetzt von Hanns Grössel, Carl Hanser Verlag 1997, ISBN: 978-3446189614

6 Kommentare:

  1. Ja, das klingt schön - und wahr. Ich kannte seinen Namen auch nicht. Offenbar ein Versäumnis. - Besser: Es ist wohl eins, seine Gedichte nicht zu lesen.

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  2. Deshalb: Dank ans Komitee! :-)
    Ich freue mich sehr auf das Buch. Besonders gespannt bin ich auf seinen über die Jahrzehnte wohl immer karger, reduzierter gewordenen Ausdruck, auf der Suche nach einer Sprache, die einerseits genau, andererseits frei von Erklärung ist, stattdessen dem Erleben einen Spielraum lässt.

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  3. Wie klar und rein und trotzdem schimmernd transzendent. Hmmm, das will ich auch haben und dann mit Wonnen teilen. :)

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  4. Das Teilen wäre dann wirklich das Sahnehäubchen. :-)

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  5. Hast Du schon einmal das große Vergnügen gehabt, an der #Lesestunde teilzunehmen? Ich habe unter anderem @mykke_ und @harveypuca / @poetin vorgetragen und sie mir per Telefon / Skype und es war famos!
    Wenn ich jetzt meinen Umzug hinter mir habe, wollte ich das Ganze ein bisschen weiter auffächern und auf Google+ einen Lesestunde-Hangout initiieren.
    Da können dann bis zu 10 Leute dran teilnehmen plus noch mal 10 Livestream. Und neben Ton gibt es auch noch Bild. Das wird toll.

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  6. Das klingt interessant, halt mich doch einfach auf dem Laufenden. (s. DM)

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