Impressum und Datenschutz + Die Nischen des Gartens

Freitag, 26. Juni 2015

Sie III

Ich sehe sie an und halte ihren Blick mit einer Ernsthaftigkeit, dass sogar die Zeit einen Bogen um uns macht.

„Hemmnisse“, sagt sie, „und keinen Schimmer, woher sie kommen.“

Sie meint die Steine vor unserer Tür. Vermute ich. Täglich kommen neue hinzu, liegen auf dem Podest, dem Weg und in dem kleinen Vorgarten verteilt. Steine, gerade groß und schwer genug, dass sie sich nicht ohne Anstrengung fortbewegen lassen. Wohin denn auch? Vor des Nachbars Tür?

Ich möchte ihr einen Stift in die Hand drücken und sagen „Schreib! Schreib es auf!“ Nach tagelangem Zögern verwerfe ich diesen Gedanken. Sie atmet erleichtert auf.

Neuerdings trinken wir Quellwasser, das ich in Kanistern aus dem Wald hole. Ich habe noch keinen anderen Menschen dort getroffen, stoße aber hin und wieder auf Fußspuren. Nach etwa einer Stunde setzt das Vergessen ein, dann trete ich den Heimweg an.

„Wo warst du so lange?“, fragt sie, haucht auf die Fensterscheibe, hinter der sie auf mich gewartet hat, und malt mit dem Finger ihre Initialen auf die benebelte Fläche.

Ich vermag die Antwort nicht in Worte zu kleiden. Also üben wir Verzicht.

Sie holt zwei Gläser aus der Küche. Ich fülle sie mit dem Quellwasser. Wir prosten uns zu.

„Wenigstens haben wir Humor“, sagt sie und ich nicke so heftig, dass ich mich verschlucke.

5 Kommentare:

  1. Es bleiben die reinen Dinge. Die Steine. Die Quelle. Durst löschen. Warten. Augen. Verstreute Worte. Verschluckte Worte. Blockierte Worte.
    Schweigen ist manchmal ein schweres Geschäft.
    Reden ist manchmal ein schweres Geschäft.
    Zeit scheint wie Glas. Durchsichtig. Klirrend beim Gewahrwerden. Gefängnis.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Trostreichung. Eine Hand.

      Löschen
    2. Liebe Bess, danke für dein Einlassen auf den Text. Was du herausliest – ja. Die elementaren Dinge ... die zarten Versuche ...

      Löschen
  2. was für eine wunderbare textreihe, liebe iris, wunderbar elementar, intensiv.
    und doch ist die hand eine ganz einfache und doch alles sagende geste. vor allem, wenn die worte fehlen.
    ich hoffe auf mehr :)
    liebe grüße!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Diana, ich bin selbst gespannt, wo das noch hinführt ... Gerade eben habe ich einen weiteren Teil eingestellt. Die Hand, ja, sie scheint eine wesentliche Rolle zu spielen ...
      Liebe Grüße zurück!

      Löschen