Zum ersten Mal seit vielen Jahren:
- über die Osterfeiertage nicht im Elsass
- keine Zweige gesammelt
- keinen Strauß österlich geschmückt
- keine gekochten Eier gefärbt und keine ausgeblasen und bemalt
- auch keine versteckt, da diesmal niemand kommt, um sie zu suchen
- ein Osterpäckchen verschickt in den hohen Norden
- ein Sonntags-, kein Osteressen geplant (was ein Unterschied ist!)
- über das liebgewonnene Ritual der vergangenen Jahre nachgedacht und darüber, ob es mir nun fehlt
- meinen Gedanken freien Lauf gelassen, bis sie bei Gott und der Welt angekommen waren ...
- den leisen Wunsch verspürt, mir neue, eigene Rituale zu schaffen, wohlbedachte, fröhliche
Wie herausgepellt aus der schützenden Schale und der zarten Haut darunter.
Wie frisch geschlüpft.
Wie noch wacklig auf den Beinen, aber schon voller Eroberungsdrang.
Und dennoch unter irgendjemandes Fittichen. So fühlt es sich an. Gut.
Frohe Ostern!
(Und jetzt wird gekocht.)
Impressum und Datenschutz + Die Nischen des Gartens
▼
Sonntag, 31. März 2013
Samstag, 30. März 2013
Weiter, Fortsetzung, fließend, atemlos (nach dem Traum 1)
(Dieser Traum lässt mich nicht los.)
Dann gingen wir doch noch einmal zurück, das heißt, ich ging zurück, dich träumte ich ja nur, nahm dich mit hinter meinen Lidern an den Ort unserer ersten Begegnung, diesen seltsamen, kühlen Ort, dieses Haus mit den hallenden Räumen, den leeren Schränken und den seltsamen Fundstücken, von denen das Bilderbuch mit den zahlreichen Vorhängen und der tiefen dunklen Höhle nur eines war, dasjenige, von dem wir erzählen durften, aber die anderen Dinge, die wir fanden, zwangen uns zum Schweigen, wir hielten uns daran, wie wir uns immer an das hielten, was man uns sagte, so waren wir es gewohnt, nie waren wir schlecht damit gefahren, immer wurden uns eine Schlafstatt und Nahrung gewährt, ohne dass wir dafür hätten zahlen oder arbeiten müssen, nur gehorchen mussten wir, aber das war nicht schwer, verlangte man doch nichts Unmögliches, sondern nur das Beugen unserer Knie und unserer Häupter vor den Himmelhohen, und wer wollte das als zuviel verlangt bezeichnen, war es doch eine Ehre, zum Kreis derer zu gehören, die gezählt waren und gerettet, blieben sie nur innerhalb der Grenzen, die aus Liebe gezogen waren und die sich hart und kalt anfühlten, aber das war eine Täuschung, hatten wir gelernt, denn in Wirklichkeit waren sie warm und weich und unser einziger Schutz, daran erinnerten wir uns nun, in diesem Haus, von dem wir nicht wussten, wie wir hineingekommen waren, nur, dass wir eine Wartezeit zu überbrücken hatten, ganz allein und nach einer überstandenen Gefahr, einer Jagd durch wildes Gelände, durch Schlamm und Gestrüpp, davon zeugten die Spuren an unseren Kleidern, und dass wir uns nicht erinnern konnten, irritierte uns weniger als die Tatsache, dass wir, dass ich für uns beide dachte, denn scheinbar träumte ich dich nur, hatte dich erfunden, aber nun warst du da, so nackt und so ahnungslos, da musste ich dich doch schützen und wollte plötzlich nichts mehr wissen von meinen Hütern, denn wenn sie dich sähen, würden sie dich mir wegnehmen, das war mir so klar, wie etwas nur klar sein kann, und es interessierte mich nicht, wieso es mir klar war, für solche Überlegungen war keine Zeit, wollte ich dich retten, musste ich mich aussetzen, weit hinter die Umgrenzung aus gefühlt kalter, aber in Wirklichkeit warmer Liebe, weit außerhalb der Blicke der Himmelhohen, und ich hatte mich bereits entschieden, das merkte ich nun, als mir bewusst wurde, dass ich längst rannte, atemlos und ohne Pause rannte, weg von dieser gewaltigen immerdagewesenen Liebe, die mich zugesperrt hatte von außen mit einem stählernen Schloss, das du von innen gesprengt hattest, als wärest du einzig und allein dafür geboren worden, und ich hatte keine Zeit, mich zu wundern, weil ich plötzlich soviel wusste und noch mehr wissen wollte, und was ich schon wusste, war, dass alles, was ich darüberhinaus wissen wollte, da draußen lag, nicht drinnen, wie ich immer geglaubt hatte, und dich nahm ich mit, nackt wie du warst, und wären wir erst auf der Wiese am Fluss angelangt, würde auch ich meine Kleider ablegen, und dann würden wir gemeinsam in den Fluss steigen, und spätestens da würde ich dann meine Augen öffnen und dich hinauslassen und hoffen, dass du bleibst, aber wenn nicht, wäre auch das immer noch besser als das, was ich bereits zu vergessen begann.
Dann gingen wir doch noch einmal zurück, das heißt, ich ging zurück, dich träumte ich ja nur, nahm dich mit hinter meinen Lidern an den Ort unserer ersten Begegnung, diesen seltsamen, kühlen Ort, dieses Haus mit den hallenden Räumen, den leeren Schränken und den seltsamen Fundstücken, von denen das Bilderbuch mit den zahlreichen Vorhängen und der tiefen dunklen Höhle nur eines war, dasjenige, von dem wir erzählen durften, aber die anderen Dinge, die wir fanden, zwangen uns zum Schweigen, wir hielten uns daran, wie wir uns immer an das hielten, was man uns sagte, so waren wir es gewohnt, nie waren wir schlecht damit gefahren, immer wurden uns eine Schlafstatt und Nahrung gewährt, ohne dass wir dafür hätten zahlen oder arbeiten müssen, nur gehorchen mussten wir, aber das war nicht schwer, verlangte man doch nichts Unmögliches, sondern nur das Beugen unserer Knie und unserer Häupter vor den Himmelhohen, und wer wollte das als zuviel verlangt bezeichnen, war es doch eine Ehre, zum Kreis derer zu gehören, die gezählt waren und gerettet, blieben sie nur innerhalb der Grenzen, die aus Liebe gezogen waren und die sich hart und kalt anfühlten, aber das war eine Täuschung, hatten wir gelernt, denn in Wirklichkeit waren sie warm und weich und unser einziger Schutz, daran erinnerten wir uns nun, in diesem Haus, von dem wir nicht wussten, wie wir hineingekommen waren, nur, dass wir eine Wartezeit zu überbrücken hatten, ganz allein und nach einer überstandenen Gefahr, einer Jagd durch wildes Gelände, durch Schlamm und Gestrüpp, davon zeugten die Spuren an unseren Kleidern, und dass wir uns nicht erinnern konnten, irritierte uns weniger als die Tatsache, dass wir, dass ich für uns beide dachte, denn scheinbar träumte ich dich nur, hatte dich erfunden, aber nun warst du da, so nackt und so ahnungslos, da musste ich dich doch schützen und wollte plötzlich nichts mehr wissen von meinen Hütern, denn wenn sie dich sähen, würden sie dich mir wegnehmen, das war mir so klar, wie etwas nur klar sein kann, und es interessierte mich nicht, wieso es mir klar war, für solche Überlegungen war keine Zeit, wollte ich dich retten, musste ich mich aussetzen, weit hinter die Umgrenzung aus gefühlt kalter, aber in Wirklichkeit warmer Liebe, weit außerhalb der Blicke der Himmelhohen, und ich hatte mich bereits entschieden, das merkte ich nun, als mir bewusst wurde, dass ich längst rannte, atemlos und ohne Pause rannte, weg von dieser gewaltigen immerdagewesenen Liebe, die mich zugesperrt hatte von außen mit einem stählernen Schloss, das du von innen gesprengt hattest, als wärest du einzig und allein dafür geboren worden, und ich hatte keine Zeit, mich zu wundern, weil ich plötzlich soviel wusste und noch mehr wissen wollte, und was ich schon wusste, war, dass alles, was ich darüberhinaus wissen wollte, da draußen lag, nicht drinnen, wie ich immer geglaubt hatte, und dich nahm ich mit, nackt wie du warst, und wären wir erst auf der Wiese am Fluss angelangt, würde auch ich meine Kleider ablegen, und dann würden wir gemeinsam in den Fluss steigen, und spätestens da würde ich dann meine Augen öffnen und dich hinauslassen und hoffen, dass du bleibst, aber wenn nicht, wäre auch das immer noch besser als das, was ich bereits zu vergessen begann.
Freitag, 29. März 2013
Schwieriger als Fliegen
- Lass uns doch mal etwas absolut Ungewöhnliches versuchen.
- Was meinst du?
- So etwas, das niemand für möglich hält.
- Zwanzig Minuten lang die Luft anhalten?
- Nein, etwas Schwierigeres.
- Fliegen?
- Nein, noch schwieriger.
- Das gibt es nicht.
- Doch, und du weißt es.
- Ich ahne, was du meinst, aber -
- Nichts aber. Lass es uns einfach versuchen.
(Sie wagen nicht, es auszusprechen. Aber versuchen wollen sie es. Was für ein Mut.)
- Was meinst du?
- So etwas, das niemand für möglich hält.
- Zwanzig Minuten lang die Luft anhalten?
- Nein, etwas Schwierigeres.
- Fliegen?
- Nein, noch schwieriger.
- Das gibt es nicht.
- Doch, und du weißt es.
- Ich ahne, was du meinst, aber -
- Nichts aber. Lass es uns einfach versuchen.
(Sie wagen nicht, es auszusprechen. Aber versuchen wollen sie es. Was für ein Mut.)
Donnerstag, 28. März 2013
Was dir blüht
Du wolltest leuchtend durch den Tag.
Jetzt hältst du erstmal still.
Und wartest nicht.
Wo war noch gleich die Mitte?
Du wünschst dir eine Herde wilder Tiere,
die dich adoptiert
und hütet,
ohne jegliches Kalkül.
So etwas gibt's nicht!
Nein?
Erinnerst du den Raum,
den einzigen, der dir gehört,
dir ganz allein?
Es ist der hinter deinen Lidern,
dort blüht dir,
was du willst.
Jetzt hältst du erstmal still.
Und wartest nicht.
Wo war noch gleich die Mitte?
Du wünschst dir eine Herde wilder Tiere,
die dich adoptiert
und hütet,
ohne jegliches Kalkül.
So etwas gibt's nicht!
Nein?
Erinnerst du den Raum,
den einzigen, der dir gehört,
dir ganz allein?
Es ist der hinter deinen Lidern,
dort blüht dir,
was du willst.
Mittwoch, 27. März 2013
Was ich tue und lasse
Was ich tue und was ich lasse.
Warum ich Anfänge und Enden nur auf volle Stunden lege, höchstens auf halbe, allerhöchstens auf viertel.
Wie ich mich an detaillierten Listen aufrichte, innerlich.
Wie ich die Dinge um mich herum in Reihenfolgen und Ordnungen bringe. Schrankinhalte, die Wäsche auf der Leine, Bücher im Regal und in Stapeln.
Wie ich mir das trotzdem in einigen Winkeln herrschende Chaos erkläre.
Was ich mir versage und verwehre. Zum Beispiel den Zugriff auf Quellen, über Jahre angelegt, reich und sprudelnd. Leuchtend. Aber irgendwann als Blendung, als inneres Gefängnis erkannt.
Wie ich dem zu entwachsen versuche seit mehr als zwanzig Jahren.
Worin ich mich übe, und wie ich mich darin behaupte, mir meine Lernfelder selbst auszusuchen. Zum Beispiel Liebe und Versöhnung und Alleinsein und über mich selbst hinauszuwachsen.
Wie ich so manche Unverständnisäußerung an mir abprallen lasse und auch den Rat, ich solle nicht alles so nah an mich heranlassen.
Warum ich Anfänge und Enden nur auf volle Stunden lege, höchstens auf halbe, allerhöchstens auf viertel.
Wie ich mich an detaillierten Listen aufrichte, innerlich.
Wie ich die Dinge um mich herum in Reihenfolgen und Ordnungen bringe. Schrankinhalte, die Wäsche auf der Leine, Bücher im Regal und in Stapeln.
Wie ich mir das trotzdem in einigen Winkeln herrschende Chaos erkläre.
Was ich mir versage und verwehre. Zum Beispiel den Zugriff auf Quellen, über Jahre angelegt, reich und sprudelnd. Leuchtend. Aber irgendwann als Blendung, als inneres Gefängnis erkannt.
Wie ich dem zu entwachsen versuche seit mehr als zwanzig Jahren.
Worin ich mich übe, und wie ich mich darin behaupte, mir meine Lernfelder selbst auszusuchen. Zum Beispiel Liebe und Versöhnung und Alleinsein und über mich selbst hinauszuwachsen.
Wie ich so manche Unverständnisäußerung an mir abprallen lasse und auch den Rat, ich solle nicht alles so nah an mich heranlassen.
Dienstag, 26. März 2013
Filme gegen die Kälte
Ich guck jetzt Filme gegen die Kälte! Aber keine Südseeinselromantiktriefschmonzetten, sondern welche, die in viel kälteren Gegenden als der unseren spielen, gleichzeitig aber voller menschlicher Wärme stecken und zum Teil ziemlich schräg sind (vor allem "The Big White", der in den Kritiken nicht besonders gut weg kam, den ich aber liebe, weil er nicht nur skurril und böse ist, sondern vor allem von Menschen erzählt, die sich umeinander kümmern. Außerdem stammen einige der Songs im Film von den Eels, einer Indie-Band, die ich sehr gerne höre.)
Es sind keine neuen Filme, vielleicht kennt Ihr sie schon alle. Egal. Here they are:
(Hierzu ließ sich leider kein Trailer rüberkopieren, man kann aber ein paar Versionen auf YouTube finden, in mäßiger Qualität.)
Es sind keine neuen Filme, vielleicht kennt Ihr sie schon alle. Egal. Here they are:
(Hierzu ließ sich leider kein Trailer rüberkopieren, man kann aber ein paar Versionen auf YouTube finden, in mäßiger Qualität.)
Montag, 25. März 2013
Von Handtüchern und einem Pop-up-Bilderbuch (Traum)
Ich träumte von dir in der vergangenen Nacht. Du spaziertest nackt und völlig ungeniert durch ein seltsam kühles, verschachteltes Haus, in das man uns zur Überbrückung einer Wartezeit gesteckt hatte. Wir waren auf der Suche nach Handtüchern, brauchten dringend eine Dusche, unsere Kleider waren von oben bis unten mit Schlamm besudelt. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, mich auszuziehen, und dann auch noch bis auf die Haut, bevor ich etwas gefunden hätte, womit ich mich bedecken konnte.
Getrennt waren wir durch verschiedene Räume geirrt, hatten Schränke aufgerissen und Schubladen herausgezogen und nichts gefunden außer einer gewaltigen Spritze mit einer purpurn leuchtenden dicken Flüssigkeit darin und einem Pop-up-Bilderbuch. Dieses betrachteten wir nun. Öffnete man es, senkten sich von innen her lauter kleine Vorhänge herab, einer vor den anderen, bis sich der letzte schloss, zwischen die Seitenkanten des vorderen und hinteren Buchdeckels gespannt. Wir lachten wie Kinder. Ich fühlte mein Herz höher schlagen und vermutete dieselbe Reaktion bei dir.
Wir blickten uns an, tauschten ein stummes 'Sollen wir?' und öffneten dann einvernehmlich den ersten Vorhang, indem wir seine Hälften zur Seite schoben. Dahinter erschien der nächste Vorhang, und immer so weiter, bis wir in der Mitte des Buches angelangt waren und die letzten winzigen Bahnen teilten. Ein senkrechter Spalt bot sich unseren Blicken dar, eine schmale, dunkle Vertiefung. Beide hatten wir augenblicklich den Impuls, hineinzugreifen.
Deine rechte Handfläche an meine linke gepresst, tauchten wir erst vorsichtig mit den Fingern, dann bis zum Handgelenk, schließlich bis zu den Ellbogen ab in eine warme Tiefe, die sich, sobald der enge Einlass passiert war, zu einem Raum dehnte, an dessen Begrenzung wir auch dann noch nicht heranreichten, als wir bereits bis zu den Schultern eingetaucht waren. Erneut tauschten wir einen Einverständnis suchenden Blick und zogen gemeinsam unsere Arme wieder hervor. Sie waren äußerlich unverändert.
Als wir da so voreinander standen, du nackt, ich immer noch in meinen schmutzigen Kleidern, stieg plötzlich die Frage in mir auf, ob sich, legte ich auch nur ein einziges meiner Kleidungsstücke ab, deine Aufmerksamkeit von diesem seltsamen Bilderbuch ab- und mir zuwenden würde. Und welche Folgen das für unsere seit langem von unserenBesitzern Hütern geplante Zukunft haben könnte. Und ob es überhaupt rechtmäßig war, dass diese anderen uns besaßen, in Besitz genommen hatten hüteten. Und welcher Anstrengung es wohl bedürfte, diesem Zustand zu entfliehen, in eine Selbstbestimmtheit. Noch nie hatte ich mir auch nur ansatzweise solche Fragen gestellt.
Unsere Blicke lagen ineinander, doch du warst mit deinen Gedanken ganz woanders unterwegs, das sah ich dir an, bewegtest dich trotz des gerade Erlebten in den vorgegebenen Bahnen. Ich wollte es wagen und begann, meine Jacke aufzuknöpfen. Ein winziges Aufleuchten in deinen Augen, da klingelte es an der Tür. Der Postbote. Er brachte ein Paket Handtücher.
Getrennt waren wir durch verschiedene Räume geirrt, hatten Schränke aufgerissen und Schubladen herausgezogen und nichts gefunden außer einer gewaltigen Spritze mit einer purpurn leuchtenden dicken Flüssigkeit darin und einem Pop-up-Bilderbuch. Dieses betrachteten wir nun. Öffnete man es, senkten sich von innen her lauter kleine Vorhänge herab, einer vor den anderen, bis sich der letzte schloss, zwischen die Seitenkanten des vorderen und hinteren Buchdeckels gespannt. Wir lachten wie Kinder. Ich fühlte mein Herz höher schlagen und vermutete dieselbe Reaktion bei dir.
Wir blickten uns an, tauschten ein stummes 'Sollen wir?' und öffneten dann einvernehmlich den ersten Vorhang, indem wir seine Hälften zur Seite schoben. Dahinter erschien der nächste Vorhang, und immer so weiter, bis wir in der Mitte des Buches angelangt waren und die letzten winzigen Bahnen teilten. Ein senkrechter Spalt bot sich unseren Blicken dar, eine schmale, dunkle Vertiefung. Beide hatten wir augenblicklich den Impuls, hineinzugreifen.
Deine rechte Handfläche an meine linke gepresst, tauchten wir erst vorsichtig mit den Fingern, dann bis zum Handgelenk, schließlich bis zu den Ellbogen ab in eine warme Tiefe, die sich, sobald der enge Einlass passiert war, zu einem Raum dehnte, an dessen Begrenzung wir auch dann noch nicht heranreichten, als wir bereits bis zu den Schultern eingetaucht waren. Erneut tauschten wir einen Einverständnis suchenden Blick und zogen gemeinsam unsere Arme wieder hervor. Sie waren äußerlich unverändert.
Als wir da so voreinander standen, du nackt, ich immer noch in meinen schmutzigen Kleidern, stieg plötzlich die Frage in mir auf, ob sich, legte ich auch nur ein einziges meiner Kleidungsstücke ab, deine Aufmerksamkeit von diesem seltsamen Bilderbuch ab- und mir zuwenden würde. Und welche Folgen das für unsere seit langem von unseren
Unsere Blicke lagen ineinander, doch du warst mit deinen Gedanken ganz woanders unterwegs, das sah ich dir an, bewegtest dich trotz des gerade Erlebten in den vorgegebenen Bahnen. Ich wollte es wagen und begann, meine Jacke aufzuknöpfen. Ein winziges Aufleuchten in deinen Augen, da klingelte es an der Tür. Der Postbote. Er brachte ein Paket Handtücher.
Sonntag, 24. März 2013
Zeit für eine Wiederholung
Zeit für ein stilles Wort
ein stummes
ein leises
ein zartes
so eins wie -
aber genau so eins
genau dieses
sagte ich ja schonmal, hier:
So ein Wort
- aber weil es immer noch stimmt
auch heute
und so zu mir gehört
für eine ungewisse Zeitspanne
vielleicht auch bis zum Schluss
weil es meins ist
und hinaus will
wiederholt werden will
so oft es zutrifft
heute noch einmal:
wie ein pochendes Vogelherz
so ein Wort
ein stummes
ein leises
ein zartes
so eins wie -
aber genau so eins
genau dieses
sagte ich ja schonmal, hier:
So ein Wort
- aber weil es immer noch stimmt
auch heute
und so zu mir gehört
für eine ungewisse Zeitspanne
vielleicht auch bis zum Schluss
weil es meins ist
und hinaus will
wiederholt werden will
so oft es zutrifft
heute noch einmal:
wie ein pochendes Vogelherz
so ein Wort
Samstag, 23. März 2013
Nächtliche Besucher
Seit ein paar Nächten erhält sie wieder Besuch von den Nagetieren. Mühelos erklimmen die ihr Bett, kriechen unter ihre Decke, belagern ihr Kopfkissen. Richten glänzende Knopfaugenpaare auf ihr Gesicht, bis sie die Augen öffnet zum gegenseitigen Anstarren. Immer senkt sie als erste die Lider, nach minutenwährender Ewigkeit, kapituliert und lässt sich in einsames Entsetzen fallen.
Am Morgen wankt sie ins Bad und versorgt die Bisswunden, das nervenzerreißende Fiepen noch im Ohr.
Wird Zeit, dass ... dass ich endlich ... WAS DENN?
Mit der Stirn den Spiegel zu durchstoßen, hinabzusteigen in das dunkle Reich, die Verbindungen zu kappen.
IRGENDWO DA DRIN MUSST DU DOCH SEIN!
Nie käme sie auf die Idee, sich im Licht zu suchen. Nicht mit dieser empfindlichen Haut.
Am Morgen wankt sie ins Bad und versorgt die Bisswunden, das nervenzerreißende Fiepen noch im Ohr.
Wird Zeit, dass ... dass ich endlich ... WAS DENN?
Mit der Stirn den Spiegel zu durchstoßen, hinabzusteigen in das dunkle Reich, die Verbindungen zu kappen.
IRGENDWO DA DRIN MUSST DU DOCH SEIN!
Nie käme sie auf die Idee, sich im Licht zu suchen. Nicht mit dieser empfindlichen Haut.
Freitag, 22. März 2013
Immer noch // Ohne mich
Bei denen mit den Stilbruchoutfits steht sie
in ein zu enges Kleid gepresst,
das zehnte oder hundertste,
das sie dem Schrank entriss.
Nichts passt.
Entwirf dir doch was Eigenes!
Ach, wär'n da nicht die Muster,
gestochen scharf und immer noch
ganz tief in ihrem Kopf,
in ihrem ganzen Leib,
die dunklen Nähte,
Schnittmuster ihres Geists,
ein Spinnennetz.
Die Schere her! Die große
mit den breiten Klingen,
in Nabelhöhe angesetzt,
ein Kreuz zu schneiden
tief ins Fleisch,
das andre Kreuz
mitsamt dem schwarzen Garn
herauszuziehn,
dann eine grobe Naht,
Erinnerung,
denn lieber Narbenwuchs
und drunter Leere
als unversehrte Haut,
das Innere jedoch
fremdgewebt.
Der Schmerz, der Schmerz!
Und später sieht man sie entleert.
Und frei.
Sieht sie in Ketten (Was, in Ketten?!):
Glaube, Liebe, Hoffnung,
diese drei.
Vergaß sie die?
Die hat sie selbst und neu geschmiedet,
hat sie aus freien Stücken angelegt,
um sich zu halten
unter all den Bravo!-Rufern,
die ihre Selbstbefreiung feiern
und die mit Klebefäden
- so gutgemeinten! -
nach ihr werfen,
sie in das große weite Netz
der Stilbruchfreiheit
einzuweben.
Es wiederholt sich, denkt sie,
aber ohne mich.
in ein zu enges Kleid gepresst,
das zehnte oder hundertste,
das sie dem Schrank entriss.
Nichts passt.
Entwirf dir doch was Eigenes!
Ach, wär'n da nicht die Muster,
gestochen scharf und immer noch
ganz tief in ihrem Kopf,
in ihrem ganzen Leib,
die dunklen Nähte,
Schnittmuster ihres Geists,
ein Spinnennetz.
Die Schere her! Die große
mit den breiten Klingen,
in Nabelhöhe angesetzt,
ein Kreuz zu schneiden
tief ins Fleisch,
das andre Kreuz
mitsamt dem schwarzen Garn
herauszuziehn,
dann eine grobe Naht,
Erinnerung,
denn lieber Narbenwuchs
und drunter Leere
als unversehrte Haut,
das Innere jedoch
fremdgewebt.
Der Schmerz, der Schmerz!
Und später sieht man sie entleert.
Und frei.
Sieht sie in Ketten (Was, in Ketten?!):
Glaube, Liebe, Hoffnung,
diese drei.
Vergaß sie die?
Die hat sie selbst und neu geschmiedet,
hat sie aus freien Stücken angelegt,
um sich zu halten
unter all den Bravo!-Rufern,
die ihre Selbstbefreiung feiern
und die mit Klebefäden
- so gutgemeinten! -
nach ihr werfen,
sie in das große weite Netz
der Stilbruchfreiheit
einzuweben.
Es wiederholt sich, denkt sie,
aber ohne mich.
Dienstag, 19. März 2013
Selbstverständnis (aus: "Der Maler und das Mädchen" von Margriet de Moor)
Wir befinden uns in Rembrandts Atelier in Leiden. Er hat keinen Geringeren als den Sekretär des Prinzen zu Besuch. Ein Ankauf oder ein Auftrag liegt in der Luft. Der Sekretär steigert sich bei der Betrachtung eines von Rembrandts Gemälden in eine feurige Begeisterung hinein, in ein überschwengliches Lob. Der Abschnitt endet wie folgt:
aus: Der Maler und das Mädchen von Margriet de Moor
Margriet de Moor gehört zu meinen Lieblingsautorinnen, seit ich vor vielen Jahren ihren ersten Roman Erst grau dann weiß dann blau gelesen habe. Sämtliche ihrer Romane sind perfekte Kompositionen, durchaus auch im musikalischen Sinn. Ihre Erzählweise ist eine besondere, ganz und gar von sich selbst absehende. Und so, wie sie bei sich selbst auf eine Nabelschau verzichtet, tut sie das auch bei ihren Figuren, wahrt deren Integrität, gibt sie nicht preis. Damit stellt sie sich auf wohltuende Weise gegen eine Gesellschaft, die nach Entblößung und nach Entäußerung des Privaten giert.
Der oben zitierte Ausschnitt illustriert darüberhinaus, dass de Moor die Kunst beherrscht, in feinen, unmissverständlichen Andeutungen zu sprechen. Sie muss kein weiteres Wort verlieren über das Selbstverständnis Rembrandts als das eines großen Künstlers. Tut sie auch nicht. Das auf seinem Gesicht zu lesende "Na bitte." drückt deutlich aus, was sie ihm zuschreibt (und wofür sie bei ihren Recherchen, vielleicht auch schon während des Kunstgeschichtestudiums Belege gefunden hat): Ein genaues Wissen um die eigene Fähigkeit, auch das Herausragende an ihr; und ein Wissen um die Bedeutung des eigenen Werks. Wie schön!
Das hat, so meine ich, nichts mit Eitelkeit zu tun, sowieso ist diese ja nicht das direkte Gegenstück zu falscher Bescheidenheit. Nein, es handelt sich meines Erachtens schlichtweg um eine realistische Selbsteinschätzung aufgrund der Beherrschung der Materie, der objektiven Betrachtung des Ergebnisses und - aber nicht zwingend - des Vergleichs. Ob dann aus diesem Selbstverständnis heraus vielleicht Stolz, Eitelkeit, pure Freude, Dankbarkeit oder was auch immer erwachsen, steht erst auf dem nächsten oder übernächsten Blatt.
Nachtrag vom 21.03.2013: Es lohnt sich, den Kommentarthread zu diesem in meinen eigenen Augen eher mäßigen Artikel zu lesen!
Der Sekretär des Prinzen, leicht geniert, weil vor lauter Entzücken seine Lider begonnen haben zu zittern, schlägt den Blick nieder und tritt zur Seite. "Ja, also ... Bravo ...!"
Als sie sich wieder ansehen, sagt der Maler höflich: "Ich danke Ihnen."
Doch auf seinem Gesicht ist zu lesen: "Na bitte."
aus: Der Maler und das Mädchen von Margriet de Moor
*
Margriet de Moor gehört zu meinen Lieblingsautorinnen, seit ich vor vielen Jahren ihren ersten Roman Erst grau dann weiß dann blau gelesen habe. Sämtliche ihrer Romane sind perfekte Kompositionen, durchaus auch im musikalischen Sinn. Ihre Erzählweise ist eine besondere, ganz und gar von sich selbst absehende. Und so, wie sie bei sich selbst auf eine Nabelschau verzichtet, tut sie das auch bei ihren Figuren, wahrt deren Integrität, gibt sie nicht preis. Damit stellt sie sich auf wohltuende Weise gegen eine Gesellschaft, die nach Entblößung und nach Entäußerung des Privaten giert.
Der oben zitierte Ausschnitt illustriert darüberhinaus, dass de Moor die Kunst beherrscht, in feinen, unmissverständlichen Andeutungen zu sprechen. Sie muss kein weiteres Wort verlieren über das Selbstverständnis Rembrandts als das eines großen Künstlers. Tut sie auch nicht. Das auf seinem Gesicht zu lesende "Na bitte." drückt deutlich aus, was sie ihm zuschreibt (und wofür sie bei ihren Recherchen, vielleicht auch schon während des Kunstgeschichtestudiums Belege gefunden hat): Ein genaues Wissen um die eigene Fähigkeit, auch das Herausragende an ihr; und ein Wissen um die Bedeutung des eigenen Werks. Wie schön!
Das hat, so meine ich, nichts mit Eitelkeit zu tun, sowieso ist diese ja nicht das direkte Gegenstück zu falscher Bescheidenheit. Nein, es handelt sich meines Erachtens schlichtweg um eine realistische Selbsteinschätzung aufgrund der Beherrschung der Materie, der objektiven Betrachtung des Ergebnisses und - aber nicht zwingend - des Vergleichs. Ob dann aus diesem Selbstverständnis heraus vielleicht Stolz, Eitelkeit, pure Freude, Dankbarkeit oder was auch immer erwachsen, steht erst auf dem nächsten oder übernächsten Blatt.
*
Nachtrag vom 21.03.2013: Es lohnt sich, den Kommentarthread zu diesem in meinen eigenen Augen eher mäßigen Artikel zu lesen!
Montag, 18. März 2013
Nur. Wir. Zwei.
Brauchen. Nur. Uns.
Schließen wir alle anderen aus. Raus mit der Welt. Hier drinnen nur wir zwei.
Für immer: Ich. Dich. Und du. Mich.
So dachten wir damals.
Und sagten es. Laut. Bis wir es glaubten.
Schrieben es auf. Tausendfach. Bis wir es glaubten.
Bis. Unsere Seelen. Es glaubten.
Nur. Wir. Zwei.
Bis wir einander ertappten. Bei den Vorhängen. Wie wir sie zur Seite schoben. Wie wir hinausspähten. Zu den anderen. Denen im Freien. Im Hellen.
Wir da in unserer dunklen Vertrautheit.
Hautheit. Einheit. Zuzweitheit. Ent-.
Wir.
Wussten nichts mehr von Türen. (Türen?)
Hinter denen wir verblassten.
Vor denen Licht leckte.
Schließen wir alle anderen aus. Raus mit der Welt. Hier drinnen nur wir zwei.
Für immer: Ich. Dich. Und du. Mich.
So dachten wir damals.
Und sagten es. Laut. Bis wir es glaubten.
Schrieben es auf. Tausendfach. Bis wir es glaubten.
Bis. Unsere Seelen. Es glaubten.
Nur. Wir. Zwei.
Bis wir einander ertappten. Bei den Vorhängen. Wie wir sie zur Seite schoben. Wie wir hinausspähten. Zu den anderen. Denen im Freien. Im Hellen.
Wir da in unserer dunklen Vertrautheit.
Hautheit. Einheit. Zuzweitheit. Ent-.
Wir.
Wussten nichts mehr von Türen. (Türen?)
Hinter denen wir verblassten.
Vor denen Licht leckte.
(Nils Frahm: Sol)
Sonntag, 17. März 2013
Leerstelle (über noch so kleine Relevanzen)
- Was tust du?
- Ich versuche ein Leben ohne Geräusch.
- Warum?
- Ich will nicht stören.
- Merkst du denn nicht das Stolpern um dich her?
- Jetzt, da du es sagst.
- Es hat mit dir zu tun.
- Das verstehe ich nicht.
- Du fehlst.
- Aber keiner weiß doch um mich.
- Das ist das Schlimme. Sie suchen und wissen nicht, wonach.
- Sie sind viele, sie könnten einander halten.
- Das tun sie, und dennoch bleibt da diese leere Stelle.
- Die könnte ich niemals füllen.
- Sie ist nicht so groß, wie sie von außen wirkt.
- Auch ich bin viel kleiner, als ich von außen wirke.
- Ihr seid füreinander gemacht.
- Wie kann ich wissen, ob das wahr ist?
- Hast du es jemals probiert?
- Nein, meine Furcht ist zu groß.
- Du bist nur ungeübt.
- Mir scheint, ich müsste Unglaubliches leisten.
- Es geht um nichts als den ersten Schritt.
- Darauf würden weitere folgen.
- Der erste ist der schwerste.
- Und wenn ich falle?
- Das gehört dazu.
- Und trotzdem rätst du mir dazu?
- Da werden Hände sein, die wirst du nie mehr missen wollen.
(Klingt plausibel. Und irgendwie schön.
Oder nicht?
So könnte es nach dem Gespräch weitergehen:
Die (scheinbar) unsichere Person wird sich ein Herz fassen und einen ersten Schritt tun in die leere Stelle hinein. Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie sich dies auswirken kann, unsere Fantasie reicht nicht, um alle zu erfassen. Verzichten wir also auf weiteres Spekulieren.
Es könnte aber auch Folgendes geschehen:
Die (scheinbar) sichere Person wird ins Grübeln geraten. Sie wird sich vor Augen führen, dass eine leere Stelle auch ihr Gutes haben kann. Dass es manchmal notwendig ist, zu stolpern. Dass da also nicht Nichts ist, sondern eine Besonderheit, die womöglich von ganz eigenem Belang ist.
Betrachten wir das Gespräch als unbeendet und die lehrende Person als eine, die in gleichem Maße von der belehrten lernt, und die vermeintlich leere Stelle als eine mit Möglichkeiten zum Weiterdenken gefüllte.)
- Ich versuche ein Leben ohne Geräusch.
- Warum?
- Ich will nicht stören.
- Merkst du denn nicht das Stolpern um dich her?
- Jetzt, da du es sagst.
- Es hat mit dir zu tun.
- Das verstehe ich nicht.
- Du fehlst.
- Aber keiner weiß doch um mich.
- Das ist das Schlimme. Sie suchen und wissen nicht, wonach.
- Sie sind viele, sie könnten einander halten.
- Das tun sie, und dennoch bleibt da diese leere Stelle.
- Die könnte ich niemals füllen.
- Sie ist nicht so groß, wie sie von außen wirkt.
- Auch ich bin viel kleiner, als ich von außen wirke.
- Ihr seid füreinander gemacht.
- Wie kann ich wissen, ob das wahr ist?
- Hast du es jemals probiert?
- Nein, meine Furcht ist zu groß.
- Du bist nur ungeübt.
- Mir scheint, ich müsste Unglaubliches leisten.
- Es geht um nichts als den ersten Schritt.
- Darauf würden weitere folgen.
- Der erste ist der schwerste.
- Und wenn ich falle?
- Das gehört dazu.
- Und trotzdem rätst du mir dazu?
- Da werden Hände sein, die wirst du nie mehr missen wollen.
(Klingt plausibel. Und irgendwie schön.
Oder nicht?
So könnte es nach dem Gespräch weitergehen:
Die (scheinbar) unsichere Person wird sich ein Herz fassen und einen ersten Schritt tun in die leere Stelle hinein. Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie sich dies auswirken kann, unsere Fantasie reicht nicht, um alle zu erfassen. Verzichten wir also auf weiteres Spekulieren.
Es könnte aber auch Folgendes geschehen:
Die (scheinbar) sichere Person wird ins Grübeln geraten. Sie wird sich vor Augen führen, dass eine leere Stelle auch ihr Gutes haben kann. Dass es manchmal notwendig ist, zu stolpern. Dass da also nicht Nichts ist, sondern eine Besonderheit, die womöglich von ganz eigenem Belang ist.
Betrachten wir das Gespräch als unbeendet und die lehrende Person als eine, die in gleichem Maße von der belehrten lernt, und die vermeintlich leere Stelle als eine mit Möglichkeiten zum Weiterdenken gefüllte.)
Donnerstag, 14. März 2013
Wenn du mich wieder lieben willst
Kleines notwendiges Vorwort:
Es folgt ein Gedicht, das ich seit Wochen in meinem Entwurfordner habe und immer mal wieder hervorhole, um es zu überarbeiten, das ich dann aber doch jedesmal wieder so lasse, wie es ist, weil es in meinen Augen, denen tief in mir drin, so wie es da steht, genau richtig ist, genau ausdrückt, was ich ausdrücken will, genau die Melodie hat, die ich haben will. Was ließ mich dennoch solange zögern vor seiner Veröffentlichung, die mich auch jetzt noch Überwindung kostet, aber erst gestern schrieb ich ja von der Tapferkeit des Schreibens ... Ich habe da so meine Ideen, woran es liegen könnte, manche scheinen offensichtlich, aber ich will sie hier nicht äußern. Das Gedicht soll jetzt freigelassen werden ohne schützenden Rahmen, ohne wärmendes Erklärungskleid. Niemand muss es gut finden, aber ich muss dazu stehen. (Ach du meine Güte, so viele Worte um ein einfaches Gedicht. Aber sie beschreiben ehrlich meinen Zustand und gehören deshalb, ausnahmsweise, dazu.)
Lass mich's wissen,
Es folgt ein Gedicht, das ich seit Wochen in meinem Entwurfordner habe und immer mal wieder hervorhole, um es zu überarbeiten, das ich dann aber doch jedesmal wieder so lasse, wie es ist, weil es in meinen Augen, denen tief in mir drin, so wie es da steht, genau richtig ist, genau ausdrückt, was ich ausdrücken will, genau die Melodie hat, die ich haben will. Was ließ mich dennoch solange zögern vor seiner Veröffentlichung, die mich auch jetzt noch Überwindung kostet, aber erst gestern schrieb ich ja von der Tapferkeit des Schreibens ... Ich habe da so meine Ideen, woran es liegen könnte, manche scheinen offensichtlich, aber ich will sie hier nicht äußern. Das Gedicht soll jetzt freigelassen werden ohne schützenden Rahmen, ohne wärmendes Erklärungskleid. Niemand muss es gut finden, aber ich muss dazu stehen. (Ach du meine Güte, so viele Worte um ein einfaches Gedicht. Aber sie beschreiben ehrlich meinen Zustand und gehören deshalb, ausnahmsweise, dazu.)
*
Lass mich's wissen,
lass mich's wissen, Lieber,
wenn du mich wieder lieben willst,
wenn du vielleicht der andern -
nicht der einen andern
und nicht der irgend andern,
nein -
wenn du der andern Welt,
der andern Dinge
müde bist
und überdrüssig,
wenn du vielleicht
ein Kissen suchst
mit einem Duft,
der dir vertraut,
in dem du träumen kannst,
in dem du ohne Furcht
die Augen schließen
und auch wieder öffnen kannst,
vielleicht,
wenn ich des Wartens
und des Hoffens
noch nicht müde bin
und überdrüssig,
leg ich
mein Kissen neben deins
und rücke nah an dich heran,
vielleicht
wird es dann wieder wie -
ja wie?, wie früher?,
nein -
wird es dann wieder gut,
nur anders, neu,
ein zärtlicher Versuch,
vielleicht,
vielleicht
wird es dann wieder wie -
ja wie?, wie früher?,
nein -
wird es dann wieder gut,
nur anders, neu,
ein zärtlicher Versuch,
vielleicht,
wenn du mich wieder lieben willst,
dann lass mich's wissen, Lieber,
lass mich's wissen.
Mittwoch, 13. März 2013
Tapfer weiter
Still weiterschreiben. Unbeirrt. Weder dagegen noch dafür. Zum Meer hin. In welches nicht nur der Mainstream mündet. (Der aber auch.) Wir sterben einmal, und dann? Anschließend noch einen allerletzten Satz schreiben zu können, der dann endlich ein volkommener wäre ...
Was wissen wir denn schon, solange wir nicht wenigstens einmal gestorben sind?
Ich verliere mich an Himmelsrichtungen, reiße meine Aufmerksamkeit in Schnipsel, verstreue diese hierhin und dorthin und blicke ihnen nur selten länger nach. Wollte ich sie wieder einsammeln, ich wäre über den Rest meines Lebens hinaus beschäftigt.
(Aber stimmt das denn? Beschäftigen mich nicht einige Dinge schon mein Leben lang? Und sind es vielleicht deren überall verteilte Spuren, denen ich mich mäandernd zuwende, dabei aber eins bleibend und mir treu?)
Die bunten Kleider ablegen. Die Nacktheit nach innen stülpen und dort mit ihr Zwiesprache halten, in einem leisen, warmen Ton. Bedächtig. Dabei an kein Ende denken.
Liebe Deinen Kopf! Lerne, solange Du kannst! Wachse hoch hinaus! Nicht über die anderen, nein, über Dich selbst. Wie konntest Du nur jemals (aus freien Stücken (?)) aufs Denken verzichten?!
Wie alles nur ein Tasten ist, eine Annäherung. Wie alles immer nur vorläufig und dilettantisch ist. Wie das aber auch gut so ist, würden wir doch sonst gar nicht mehr loskommen vom Spiegel. Ertrinken würden wir darin.
...
Ich hefte mir einfach mal ein Eigenschaftswort an: tapfer. Wer schreibt, immer weiter schreibt, ist tapfer. Und wer liest auch. *
* Nachdem ich dies in die Tastatur getippt habe, fällt mir ein, dass ich etwas Sinngemäßes gestern früh beim Bücherblogger las. Er zitiert aus "Die Nöte des wahren Polizisten" von Roberto Bolaño. Diese Textstelle hat mich berührt, vor allem das mit der Tapferkeit, welche die wichtigste Lektion der Literatur sei, sowohl für den Schreibenden als auch für den Lesenden. Das schlägt sich hier in meinen Gedanken unbeabsichtigt nieder.
Was wissen wir denn schon, solange wir nicht wenigstens einmal gestorben sind?
Ich verliere mich an Himmelsrichtungen, reiße meine Aufmerksamkeit in Schnipsel, verstreue diese hierhin und dorthin und blicke ihnen nur selten länger nach. Wollte ich sie wieder einsammeln, ich wäre über den Rest meines Lebens hinaus beschäftigt.
(Aber stimmt das denn? Beschäftigen mich nicht einige Dinge schon mein Leben lang? Und sind es vielleicht deren überall verteilte Spuren, denen ich mich mäandernd zuwende, dabei aber eins bleibend und mir treu?)
Die bunten Kleider ablegen. Die Nacktheit nach innen stülpen und dort mit ihr Zwiesprache halten, in einem leisen, warmen Ton. Bedächtig. Dabei an kein Ende denken.
Liebe Deinen Kopf! Lerne, solange Du kannst! Wachse hoch hinaus! Nicht über die anderen, nein, über Dich selbst. Wie konntest Du nur jemals (aus freien Stücken (?)) aufs Denken verzichten?!
Wie alles nur ein Tasten ist, eine Annäherung. Wie alles immer nur vorläufig und dilettantisch ist. Wie das aber auch gut so ist, würden wir doch sonst gar nicht mehr loskommen vom Spiegel. Ertrinken würden wir darin.
...
Ich hefte mir einfach mal ein Eigenschaftswort an: tapfer. Wer schreibt, immer weiter schreibt, ist tapfer. Und wer liest auch. *
*
* Nachdem ich dies in die Tastatur getippt habe, fällt mir ein, dass ich etwas Sinngemäßes gestern früh beim Bücherblogger las. Er zitiert aus "Die Nöte des wahren Polizisten" von Roberto Bolaño. Diese Textstelle hat mich berührt, vor allem das mit der Tapferkeit, welche die wichtigste Lektion der Literatur sei, sowohl für den Schreibenden als auch für den Lesenden. Das schlägt sich hier in meinen Gedanken unbeabsichtigt nieder.
Montag, 11. März 2013
Fast
Fast wären wir davongesegelt, einfach so, angetrieben vom Wind.
Fast wären wir in eine andere Zeit geboren worden.
Fast wären wir glücklich gewesen, aber das fanden wir zuviel verlangt.
Fast wären wir vernünftig geworden und hätten uns beschieden mit alldem.
Fast wären wir verunglückt, als wir einmal hoch hinaus wollten.
Fast wären wir über uns hinausgewachsen, hätten wir nicht die Höhe gescheut.
Fast wären wir unseren Häuten und unseren Schatten entschlüpft, fast.
Fast hätten wir aufgegeben, da erblickten wir tief in uns ein Glimmen.
Fast hätten wir uns vor Freude verschluckt.
Fast hätten wir übersehen, dass es immer mindestens eine weitere Möglichkeit gibt.
Fast hätten wir abgestritten, dass man querfeldein laufen kann.
Fast hätten wir vergessen, die Nabelschnur zu durchtrennen.
Fast hätten wir nichts Neues mehr probiert.
Fast hätten wir geglaubt, dass nichts misslingen darf.
Fast wären wir in eine andere Zeit geboren worden.
Fast wären wir glücklich gewesen, aber das fanden wir zuviel verlangt.
Fast wären wir vernünftig geworden und hätten uns beschieden mit alldem.
Fast wären wir verunglückt, als wir einmal hoch hinaus wollten.
Fast wären wir über uns hinausgewachsen, hätten wir nicht die Höhe gescheut.
Fast wären wir unseren Häuten und unseren Schatten entschlüpft, fast.
Fast hätten wir aufgegeben, da erblickten wir tief in uns ein Glimmen.
Fast hätten wir uns vor Freude verschluckt.
Fast hätten wir übersehen, dass es immer mindestens eine weitere Möglichkeit gibt.
Fast hätten wir abgestritten, dass man querfeldein laufen kann.
Fast hätten wir vergessen, die Nabelschnur zu durchtrennen.
Fast hätten wir nichts Neues mehr probiert.
Fast hätten wir geglaubt, dass nichts misslingen darf.
Mittwoch, 6. März 2013
Ausflug
Heute wird der Koffer gepackt, morgen fliege ich aus (mit dem Zug). Vier Tage die Tochter in Hamburg besuchen. Vermutlich werden mehr als vier Tage draus, denn eine neue Kältefront ist vorhergesagt, die mit Minustemperaturen und Schnee von Skandinavien zu uns herüberziehen soll. Wir werden eingeschneit werden, der Zugverkehr wird lahmgelegt sein, nichts wird mehr gehen auf den Straßen. Wir werden uns notgedrungen in warme Decken gehüllt vor der Heizung aneinanderkuscheln, heiße Schokolade trinken und uns Geschichten erzählen. Aus unseren seit knapp einem halben Jahr räumlich getrennt verlaufenden Leben und aus unserer Fantasie. Erst wenn wir satt sind, wird es draußen tauen, der Koffer wieder gepackt, die Rückreise angetreten werden. Vermutlich. Vielleicht kommt es auch anders. Wir werden sehen. Jedenfalls FREUE ICH MICH! Sehr, sehr, sehr.
Und das Internet packe ich nicht mit ein, das muss zuhause bleiben und vier Tage lang ohne mich auskommen.
Und das Internet packe ich nicht mit ein, das muss zuhause bleiben und vier Tage lang ohne mich auskommen.
Montag, 4. März 2013
Raum
Das in Streifen geschnittene Licht.
Wenn sie die Augen zusammenkniff, flossen die Leuchtflächen ineinander und bildeten eine einzige milchig strahlende Fläche. Wie ein vom Mond beschienener Teich. Kopfüber tauchte sie hinein und - brach sich sämtliche Knochen. Wie hatte sie Tiefe vermuten können in der Welt hinter den Stäben?
Im Gipsbett blieb ihr nichts anderes als die Gegenrichtung einzuschlagen Dort gab es kein Licht, aber auch kein Ende. Sie heftete den Anfang eines Fadens an die Innenseite der Gipshaut und ließ sich hinab. Es war ein nachwachsender Faden, sie würde sich nicht verloren gehen. Ganz schön weit, dachte sie, und meinte damit nicht den Weg, den sie vor sich hatte, sondern den Raum.
Aus welchem Material der Faden gemacht ist? Oh, das lässt sich unmöglich feststellen. Es könnte sich um alles handeln - Zeit vielleicht - und um nichts. Es könnte ein Murmeln sein aus unendlich vielen Geschichten. So etwas in der Art.
Da ist ein Hall, wenn wir nach ihr rufen. Und ein Sog. Wir fassen uns an den Händen und zählen bis zehn. Dann springen wir.
Wenn sie die Augen zusammenkniff, flossen die Leuchtflächen ineinander und bildeten eine einzige milchig strahlende Fläche. Wie ein vom Mond beschienener Teich. Kopfüber tauchte sie hinein und - brach sich sämtliche Knochen. Wie hatte sie Tiefe vermuten können in der Welt hinter den Stäben?
Im Gipsbett blieb ihr nichts anderes als die Gegenrichtung einzuschlagen Dort gab es kein Licht, aber auch kein Ende. Sie heftete den Anfang eines Fadens an die Innenseite der Gipshaut und ließ sich hinab. Es war ein nachwachsender Faden, sie würde sich nicht verloren gehen. Ganz schön weit, dachte sie, und meinte damit nicht den Weg, den sie vor sich hatte, sondern den Raum.
Aus welchem Material der Faden gemacht ist? Oh, das lässt sich unmöglich feststellen. Es könnte sich um alles handeln - Zeit vielleicht - und um nichts. Es könnte ein Murmeln sein aus unendlich vielen Geschichten. So etwas in der Art.
Da ist ein Hall, wenn wir nach ihr rufen. Und ein Sog. Wir fassen uns an den Händen und zählen bis zehn. Dann springen wir.