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Freitag, 22. März 2013

Immer noch // Ohne mich

Bei denen mit den Stilbruchoutfits steht sie
in ein zu enges Kleid gepresst,
das zehnte oder hundertste,
das sie dem Schrank entriss.
Nichts passt.
Entwirf dir doch was Eigenes!
Ach, wär'n da nicht die Muster,
gestochen scharf und immer noch
ganz tief in ihrem Kopf,
in ihrem ganzen Leib,
die dunklen Nähte,
Schnittmuster ihres Geists,
ein Spinnennetz.
Die Schere her! Die große
mit den breiten Klingen,
in Nabelhöhe angesetzt,
ein Kreuz zu schneiden
tief ins Fleisch,
das andre Kreuz 
mitsamt dem schwarzen Garn
herauszuziehn,
dann eine grobe Naht,
Erinnerung,
denn lieber Narbenwuchs
und drunter Leere
als unversehrte Haut,
das Innere jedoch
fremdgewebt.

Der Schmerz, der Schmerz!

Und später sieht man sie entleert.
Und frei.
Sieht sie in Ketten (Was, in Ketten?!):
Glaube, Liebe, Hoffnung,
diese drei.
Vergaß sie die?
Die hat sie selbst und neu geschmiedet,
hat sie aus freien Stücken angelegt,
um sich zu halten
unter all den Bravo!-Rufern,
die ihre Selbstbefreiung feiern
und die mit Klebefäden
- so gutgemeinten! - 
nach ihr werfen,
sie in das große weite Netz
der Stilbruchfreiheit
einzuweben.

Es wiederholt sich, denkt sie,
aber ohne mich.

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