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Dienstag, 30. September 2014

Blindnis

Die Sehnsucht nach einer helleren Vergangenheit macht dich blind. Deine Sprache wird rau wie die eines Steins bei Nebel. Dein Fuß entfernt sich von dir. Der Weg ruft, du hörst ihn genau, stellst dich aber taub. Dein Fuß nicht, er gehorcht, folgt seiner Bestimmung. Auseinanderfallen ist das, was passiert, wenn du deine Mitte nicht fütterst. Dein Kern schmilzt nicht, er schrumpelt ein. 
Traurige, trostlose Worte. Wie sie dir manchmal aus Leib und Seele rinnen, wenn du deine Finger frei auf der Tastatur springen lässt.

Eben diese Bewegung deiner Finger erinnert dich an frühere Urlaube, als dein ganzes Glück darin bestand, deine Kinder zu beobachten: Mit sicherem Instinkt sprangen sie in den Bachläufen von Stein zu Stein, bewegten sich hüpfend und kletternd durch die Felsformationen an der Küste. Flinke, geschmeidige Gestalten auf einer überdimensionalen Tastatur. Du hattest etwas Vollkommenes geboren: Zwei ausgelassene Wesen, glücklich und sicher, ohne sich dessen bewusst zu sein. Auch ohne sich der Illusion bewusst zu sein.
Den Rest blendest du aus: die schwarzen Einschlüsse, das Dunkel am Rand ...

Was dem Ausblenden scheinbar widerspricht: deine wiederkehrende Furcht, plötzlich zu erblinden. In solchen Momenten reißt du die Augen weit auf und wagst nicht, sie wieder zu schließen. Und wenn du sie doch schließt, reflexhaft, öffnest du sie danach zögernd, voll ängstlicher Erwartung. Die unglaubliche Erleichterung im Anschluss! Jedesmal.
Und dennoch bist du dankbar für jeden blinden Fleck, der deine Erinnerung trübt. Dankbar dafür, dass das Licht sich lenken lässt, so dass es nur noch auf die ohnehin hellen Stellen fällt ...
Was du dir da erlaubst/verbietest! (könntest du dich fragen)

2 Kommentare:

  1. Verständlich, verständlich - aller Mütter Sorge und vor allem aller Leser und Leserinnen Sorge!
    Deine Worte sind besonders. Neue Gedankenwege werden möglich durch sie, ganz privat für mich. Das tut gut.
    Wie ist der technische Vorgang des Schreibens doch so leicht geworden...

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    1. Herzlichen Dank für diesen Kommentar, liebe Sonja, der mich aus irgendeinem Grund richtig wärmt.
      Ja, in technischer Hinsicht so leicht, dass es mir manchmal fast paradox scheint.

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