Was vorbeigegangen ist und ein Stück von sich zurückgelassen hat. (Wurde dabei Blut vergossen?)
Was nicht hinaus muss, sich aber dennoch hinaus begibt, um zu spüren, ob es wirklich ist. Ob es auch draußen Bestand hat und sich nicht auflöst, erst in eine dünnhäutige Kugel Illusion, dann in Luft.
Und wenn es Bestand hat, ob es dann erkannt wird als das was es ist: eine Kugel aus purem Gold. Oder ob es seinen Glanz verliert und seinen Wert in einem umgekehrten alchemistischen Prozess.
Und wenn es sich auflöst, ob dann alles, was bisher war, was drinnen war, sich rückwärtig ebenfalls auflöst, in Luft, von der sich noch nicht einmal sagen lässt, ob sie atembar ist.
Was nicht hinaus muss, sich aber hinaus begibt, weil es auf der Suche ist nach etwas, das drinnen nicht existiert: ein sich darbietender Punkt, der winzig sein kann, aber an den sich anknüpfen lässt. Und weil diese Stelle der Berührung, der An- und Verknüpfung lebendiger pulsiert als alles Einsame, sei es noch so erhaben.
Wie es sich wieder zurückzieht, dabei das Mögliche im Auge behält.
Vor dem Fenster der Weg, beschritten vom Wechsel des Lichts und der Jahreszeiten, darunter der Herzschlag der Welt, ein warmes Pochen an ihren Fußsohlen, das trotz ihres hastigen Rückzugs haften bleibt.
Die Tür mit ihren zwei Seiten, an deren einer die Welt lehnt, eine unverbindliche Einladung in der Hand.
Sie, mit ihrer unvollständigen Sammlung von Abschieden, losen Fäden und Brüchen, der wiederkehrenden Melancholie, die eine gut Freundin ist, der Sehnsucht nach dem Meer und der Vorratspackung Paracetamol, all diesem ganz und gar schönwortig Banalen.
Was nicht hinaus muss - oder doch? - und sich zögernd hinaus begibt, einem eigenen Pulsschlag folgend.
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Montag, 30. September 2013
Donnerstag, 26. September 2013
Der Aufbruch 1 (nach dem Traum 22)
Als ich aufwache - weit über den nächsten Morgen hinaus, so fühlt es sich jedenfalls an - als ich also endlich aufwache, ist jede Faser meines Körpers so schlafsatt, als hätte ich einen ganzen Berg von Nächten verschlungen. Ich verspüre einen immensen Tatendrang.
Trotzdem springe ich nicht sofort auf, denn auch mein Geist ist blitzwach und rät mir, mich mit Bedacht in den neuen Tag hineinzutasten. Kann ich doch hinter meinen noch immer geschlossenen Lidern nicht wissen, wie die Welt um mich herum aussieht. Jetzt, nachdem ich offenbar endgültig erwacht bin aus dem Traum und dem daraus geborenen Geschehen.
Ich lausche aufmerksam, versuche auszumachen, ob sich der Klang meiner Umgebung verändert hat. Aber da ist das gewohnte Streichen des Windes, das Gluckern des Wassers im Flussbett, das leise Rascheln vereinzelt fallender Blätter. Da ertönt ein vertrauter Gesang.
Zögernd streiche ich mit den Händen über meinen warmen Leib unter der dicken Decke, taste weiter, streiche über mein Gesicht, durchs Haar, über den Rand der Lagerstatt hinaus durchs taufeuchte Gras. Alles fühlt sich vollkommen vertraut an.
Ich öffne die Augen und erblicke über mir die Plane, die wir an Regentagen verwendeten. Mir fällt wieder ein, dass ich sie trotz des wolkenlosen Himmels vorsorglich über mein Lager gespannt hatte, weil ich nicht wusste, wie die Spritze wirken würde. Ob ich vor dem zu erwartenden Erwachen zunächst in tiefen Schlaf sinken oder in irgendeiner anderen Weise schutzbedürftig sein könnte.
Mein Körper und mein nächster Umkreis scheinen unverändert.
Ich richte mich auf und wage einen Blick hinüber zu deinem Grab. Auch dort ist alles wie zuvor. Du bist nicht mehr bei mir. Aber du warst da, ich habe dich nicht bloß geträumt. Dein Grab ist da, umrundet von Kieseln, in der feuchten Erde der Abdruck meines Körpers, am Kopfende das Treibholz-Ypsilon, auf Brusthöhe der Herzstein.
Alles Sichtbare um mich her legt Zeugnis ab von unserer gemeinsamen Zeit.
Was aber hat sich dann verändert? Denn dass etwas anders ist, spüre ich überdeutlich.
Ich horche in mich hinein. In meinen Körper scheint eine neue Lust nach Bewegung und Tätigkeit eingezogen zu sein. Meine Füße zappeln, als wollten sie auf der Stelle losmarschieren. Meine Hände lassen sich nicht stillhalten, sie wollen unbedingt zupacken. Mein Blick schweift in die Ferne, und ich erkenne, dass er über die Grenze des Gewohnten springen will.
Ich muss los, sage ich zu mir und, weil ich einen Zeugen wünsche, zur Nachtigall. Dann beginne ich, meine Sachen zu packen.
Fortsetzung folgt
Trotzdem springe ich nicht sofort auf, denn auch mein Geist ist blitzwach und rät mir, mich mit Bedacht in den neuen Tag hineinzutasten. Kann ich doch hinter meinen noch immer geschlossenen Lidern nicht wissen, wie die Welt um mich herum aussieht. Jetzt, nachdem ich offenbar endgültig erwacht bin aus dem Traum und dem daraus geborenen Geschehen.
Ich lausche aufmerksam, versuche auszumachen, ob sich der Klang meiner Umgebung verändert hat. Aber da ist das gewohnte Streichen des Windes, das Gluckern des Wassers im Flussbett, das leise Rascheln vereinzelt fallender Blätter. Da ertönt ein vertrauter Gesang.
Zögernd streiche ich mit den Händen über meinen warmen Leib unter der dicken Decke, taste weiter, streiche über mein Gesicht, durchs Haar, über den Rand der Lagerstatt hinaus durchs taufeuchte Gras. Alles fühlt sich vollkommen vertraut an.
Ich öffne die Augen und erblicke über mir die Plane, die wir an Regentagen verwendeten. Mir fällt wieder ein, dass ich sie trotz des wolkenlosen Himmels vorsorglich über mein Lager gespannt hatte, weil ich nicht wusste, wie die Spritze wirken würde. Ob ich vor dem zu erwartenden Erwachen zunächst in tiefen Schlaf sinken oder in irgendeiner anderen Weise schutzbedürftig sein könnte.
Mein Körper und mein nächster Umkreis scheinen unverändert.
Ich richte mich auf und wage einen Blick hinüber zu deinem Grab. Auch dort ist alles wie zuvor. Du bist nicht mehr bei mir. Aber du warst da, ich habe dich nicht bloß geträumt. Dein Grab ist da, umrundet von Kieseln, in der feuchten Erde der Abdruck meines Körpers, am Kopfende das Treibholz-Ypsilon, auf Brusthöhe der Herzstein.
Alles Sichtbare um mich her legt Zeugnis ab von unserer gemeinsamen Zeit.
Was aber hat sich dann verändert? Denn dass etwas anders ist, spüre ich überdeutlich.
Ich horche in mich hinein. In meinen Körper scheint eine neue Lust nach Bewegung und Tätigkeit eingezogen zu sein. Meine Füße zappeln, als wollten sie auf der Stelle losmarschieren. Meine Hände lassen sich nicht stillhalten, sie wollen unbedingt zupacken. Mein Blick schweift in die Ferne, und ich erkenne, dass er über die Grenze des Gewohnten springen will.
Ich muss los, sage ich zu mir und, weil ich einen Zeugen wünsche, zur Nachtigall. Dann beginne ich, meine Sachen zu packen.
Fortsetzung folgt
Montag, 23. September 2013
Das Erwachen 3 (nach dem Traum 21)
Welches Wort drückt einen Seufzer aus, so tief und lang, dass er Stunden, Tage und Nächte füllt? Welches Wort? Ich suche und finde es nicht. Es gibt keins. Soll ich eins erschaffen?
Manches will unbezeichnet bleiben, stelle ich mir vor, denn jede Bezeichnung wäre ein zu enger Raum, jeder einzelne Buchstabe ein scharfkantiger Stein.
Es gibt kein Wort für diesen langen, tiefen Seufzer, es gibt nur stummen Zwischenraum, bereit, gefüllt zu werden. Ich lernte von dir, dieses weite Gefäß zwischen den Zeilen zu lieben, das so geduldig und beharrlich alles aufnimmt.
Du fehlst! Ich lag in deiner Hand, sie war mir ein Hafen. Nie dachte ich, dass ich den Anker je wieder lichten und erneut aufbrechen würde. Nun hat der Hafen mich ausgestoßen, und ich treibe, einsam.
Und frage mich, welche Einsamkeit die größere ist: Die eine, hervorgerufen durch das Fehlen deiner Hand, oder die andere, verursacht durch die Nachtigall, die, nun endlich erwacht, meiner Hand nicht mehr bedarf.
Es ist früher Abend. Ich sitze auf unserer Lagerstatt, vor mir die Spritze und das Bilderbuch. Der Gedanke lässt mich nicht los, dass ich mich möglicherweise immer noch in einem Traum befinde. Also habe ich beschlossen, mir die Spritze zu verabreichen, das Serum, welches laut deiner Notiz ein Erwachen bewirken soll.
Ich löse die Schutzkappe von der Kanüle, halte sie senkrecht in die Höhe und drücke den Kolben, bis ein winziges, zähflüssiges Tröpfchen austritt. Ich werde weder unter die Haut noch in die Vene spritzen, ersteres erscheint mir zu unsicher bezüglich der Wirkung, zweiteres traue ich mir nicht zu. Mit der linken Hand fasse ich das Fleisch meines Oberschenkels, zähle bis drei und stoße die daumenlange Nadel in den Muskel. Dann schiebe ich langsam den Kolben bis zum Anschlag hinunter. Ein leichter Druck, ein Brennen, beides erträglich. Ich ziehe die Nadel heraus und presse ein Huflattichblatt auf die Einstichstelle, bis sie nicht mehr blutet.
Anschließend schlage ich das Pop-up-Bilderbuch auf mit seinen samtroten, hintereinander fallenden Vorhängen. Ich öffne einen nach dem anderen bis ich in der Buchmitte angekommen bin und wieder, wie damals in dem seltsamen Haus, den dunklen Spalt vor mir habe. Ich erinnere mich an den grenzenlosen Raum dahinter, in den wir mit unseren Armen vorgestoßen waren. Diesmal tauche ich mein Gesicht hinein und finde zunächst den tiefsten je geschlafenen Schlaf.
Fortsetzung folgt
Manches will unbezeichnet bleiben, stelle ich mir vor, denn jede Bezeichnung wäre ein zu enger Raum, jeder einzelne Buchstabe ein scharfkantiger Stein.
Es gibt kein Wort für diesen langen, tiefen Seufzer, es gibt nur stummen Zwischenraum, bereit, gefüllt zu werden. Ich lernte von dir, dieses weite Gefäß zwischen den Zeilen zu lieben, das so geduldig und beharrlich alles aufnimmt.
Du fehlst! Ich lag in deiner Hand, sie war mir ein Hafen. Nie dachte ich, dass ich den Anker je wieder lichten und erneut aufbrechen würde. Nun hat der Hafen mich ausgestoßen, und ich treibe, einsam.
Und frage mich, welche Einsamkeit die größere ist: Die eine, hervorgerufen durch das Fehlen deiner Hand, oder die andere, verursacht durch die Nachtigall, die, nun endlich erwacht, meiner Hand nicht mehr bedarf.
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Es ist früher Abend. Ich sitze auf unserer Lagerstatt, vor mir die Spritze und das Bilderbuch. Der Gedanke lässt mich nicht los, dass ich mich möglicherweise immer noch in einem Traum befinde. Also habe ich beschlossen, mir die Spritze zu verabreichen, das Serum, welches laut deiner Notiz ein Erwachen bewirken soll.
Ich löse die Schutzkappe von der Kanüle, halte sie senkrecht in die Höhe und drücke den Kolben, bis ein winziges, zähflüssiges Tröpfchen austritt. Ich werde weder unter die Haut noch in die Vene spritzen, ersteres erscheint mir zu unsicher bezüglich der Wirkung, zweiteres traue ich mir nicht zu. Mit der linken Hand fasse ich das Fleisch meines Oberschenkels, zähle bis drei und stoße die daumenlange Nadel in den Muskel. Dann schiebe ich langsam den Kolben bis zum Anschlag hinunter. Ein leichter Druck, ein Brennen, beides erträglich. Ich ziehe die Nadel heraus und presse ein Huflattichblatt auf die Einstichstelle, bis sie nicht mehr blutet.
Anschließend schlage ich das Pop-up-Bilderbuch auf mit seinen samtroten, hintereinander fallenden Vorhängen. Ich öffne einen nach dem anderen bis ich in der Buchmitte angekommen bin und wieder, wie damals in dem seltsamen Haus, den dunklen Spalt vor mir habe. Ich erinnere mich an den grenzenlosen Raum dahinter, in den wir mit unseren Armen vorgestoßen waren. Diesmal tauche ich mein Gesicht hinein und finde zunächst den tiefsten je geschlafenen Schlaf.
Fortsetzung folgt
Montag, 16. September 2013
Sichschlafenlegen
Den ersten Flügel anlegen. Bedächtig, und einen weiten Bogen beschreibend: über das sichtbare Land hinweg und die atembare Luft und die spürbare Abendkühle und das hörbare Sichschlafenlegen der Halbkugel. Auf der Zunge eine Erinnerung und die Ahnung einer möglichen Wiederholung. Den zweiten Flügel anlegen, sacht über das schüchtern springende Herz. Die Augen schließen. Schlafen.
Freitag, 13. September 2013
Mittwoch, 11. September 2013
Das Erwachen 2 (nach dem Traum 20)
In den darauffolgenden Tagen kümmere ich mich weiter um dein Grab. Es soll schön sein.
Ich ebne den aufgeworfenen Erdhügel. Er wird sich mit der Zeit weiter senken.
Ich umrunde es mit Kieseln, die ich aus dem Flussbett klaube.
Ich säe die Sonnenblumensamen aus und hoffe, dass sie den Winter überleben und im nächsten Sommer aufgehen werden. Auf dem Tütchen steht: Aussaat März bis Juni.
Ich nehme mir das Stück Treibholz vor und überlege, ob ich ein Kreuz daraus fertigen soll. Als ich es probehalber am einen Ende spalte, biegt es sich auf zu einem Ypsilon. Das gefällt mir. Viel besser als ein Kreuz. Eine nach oben sich weitende Öffnung. Es wird verwittern, aber das werde ich nicht mehr mitbekommen, also ist es in Ordnung für mich. Ich stecke das Ypsilon ans Kopfende deines Grabs und drücke als zusätzlichen Halt rundum ein paar faustgroße Kiesel in den Boden.
Ich suche stundenlang nach einem herzförmigen Stein und platziere diesen, nachdem ich ihn endlich gefunden habe, auf Höhe deiner Brust. Ich lege mich dazu, bis die Nacht hereinbricht.
Bei allen Verrichtungen schlägt mein Herz seltsam ruhig. Ich kümmere mich um dein Grab und um unseren Platz, beschaffe Nahrung, bade täglich im Fluss und wasche meine Kleider. Ich esse, trinke, schlafe, funktioniere.
Die Nachtigall unternimmt derweil kleine Ausflüge, von denen sie bisher noch jedesmal zurückkehrt. Sie singt. Für mich und von Liebe und Tod, bilde ich mir ein und lege unsere ganze Geschichte in ihr Lied. Irgendwann wird sie zuende gesungen, unsere Geschichte zuende erzählt haben und nicht mehr an diesen Platz zurückkehren. Dann werde auch ich aufbrechen müssen. Nur: Wohin?
Wie ich in allem nach Zeichen und Hinweisen suche. Wie ich allem eine höhere Bedeutung beimessen will.
Und doch kann dies nicht verhindern, dass die Tage kürzer und die Nächte kühler werden. Dass es häufiger regnet und die ersten Blätter fallen. Dass der Herbst kommt, um unseren Sommer endgültig abzulösen.
Manchmal beschäftigt mich die Frage, ob ich vielleicht noch immer träume.
Die Spritze fällt mir ein und deine Notiz, dass das Serum ein Erwachen bewirkt. Ich krame sie hervor, ebenso das Pop-up-Bilderbuch und lasse ein paar neue, ungewohnte Gedanken zu.
Fortsetzung folgt
Ich ebne den aufgeworfenen Erdhügel. Er wird sich mit der Zeit weiter senken.
Ich umrunde es mit Kieseln, die ich aus dem Flussbett klaube.
Ich säe die Sonnenblumensamen aus und hoffe, dass sie den Winter überleben und im nächsten Sommer aufgehen werden. Auf dem Tütchen steht: Aussaat März bis Juni.
Ich nehme mir das Stück Treibholz vor und überlege, ob ich ein Kreuz daraus fertigen soll. Als ich es probehalber am einen Ende spalte, biegt es sich auf zu einem Ypsilon. Das gefällt mir. Viel besser als ein Kreuz. Eine nach oben sich weitende Öffnung. Es wird verwittern, aber das werde ich nicht mehr mitbekommen, also ist es in Ordnung für mich. Ich stecke das Ypsilon ans Kopfende deines Grabs und drücke als zusätzlichen Halt rundum ein paar faustgroße Kiesel in den Boden.
Ich suche stundenlang nach einem herzförmigen Stein und platziere diesen, nachdem ich ihn endlich gefunden habe, auf Höhe deiner Brust. Ich lege mich dazu, bis die Nacht hereinbricht.
Bei allen Verrichtungen schlägt mein Herz seltsam ruhig. Ich kümmere mich um dein Grab und um unseren Platz, beschaffe Nahrung, bade täglich im Fluss und wasche meine Kleider. Ich esse, trinke, schlafe, funktioniere.
Die Nachtigall unternimmt derweil kleine Ausflüge, von denen sie bisher noch jedesmal zurückkehrt. Sie singt. Für mich und von Liebe und Tod, bilde ich mir ein und lege unsere ganze Geschichte in ihr Lied. Irgendwann wird sie zuende gesungen, unsere Geschichte zuende erzählt haben und nicht mehr an diesen Platz zurückkehren. Dann werde auch ich aufbrechen müssen. Nur: Wohin?
Wie ich in allem nach Zeichen und Hinweisen suche. Wie ich allem eine höhere Bedeutung beimessen will.
Und doch kann dies nicht verhindern, dass die Tage kürzer und die Nächte kühler werden. Dass es häufiger regnet und die ersten Blätter fallen. Dass der Herbst kommt, um unseren Sommer endgültig abzulösen.
Manchmal beschäftigt mich die Frage, ob ich vielleicht noch immer träume.
Die Spritze fällt mir ein und deine Notiz, dass das Serum ein Erwachen bewirkt. Ich krame sie hervor, ebenso das Pop-up-Bilderbuch und lasse ein paar neue, ungewohnte Gedanken zu.
Fortsetzung folgt
Dienstag, 10. September 2013
Frage und Antwort
Er fragt sie
was sie liebe
und wen
Sie sagt ihm
dass sie liebe
und sich nicht frage
was
und wen
Wie das denn gehe
fragt er sie
Dass sie nicht wisse
sondern übe
sagt sie ihm
Darf meine Frage bleiben? (Er)
Und meine Antwort auch? (Sie)
was sie liebe
und wen
Sie sagt ihm
dass sie liebe
und sich nicht frage
was
und wen
Wie das denn gehe
fragt er sie
Dass sie nicht wisse
sondern übe
sagt sie ihm
Darf meine Frage bleiben? (Er)
Und meine Antwort auch? (Sie)
Sonntag, 8. September 2013
Das Erwachen 1 (nach dem Traum 19)
Ich schlafe unruhig in dieser Nacht nach deinem Begräbnis. Im Traum durchlebe ich wieder und wieder Szenen unserer gemeinsamen Zeit.
Die Flucht aus dem seltsamen Haus, nach der ich dich zunächst verloren glaubte.
Die Wiederbegegnung mit dir im Fluss, das Errichten unseres Lagers, das Erkunden der Umgebung. Das Verschwundensein des seltsamen Hauses.
Wie wir essbare Pflanzen sammelten, Fische fingen. Uns liebten. Am Tag und in der Nacht. Im Fluss, im Gras, auf der Sandbank.
Das gegenseitige Erforschen unserer Körper, unsere schier unersättliche Neugier.
Die Beschäftigung mit den Fundstücken aus dem Haus. Das Hüten und Versorgen der Nachtigall.
Unsere Zwiegespräche. Deine für mich oft rätselhaften Aussagen über Sinn und Zweck dessen, was uns geschieht und dessen, was wir tun. Über Liebe, Freiheit und Schönheit.
Deine stille Gelassenheit, mein berstendes Glück. Deine Geduld, meine Ungeduld. Deine Zugewandtheit, meine allmähliche Gesundung.
Unsere Verbindung, von der ich gehofft hatte, sie würde ewig dauern.
Dein plötzlicher Tod.
-
Kurz vor Einsetzen der Dämmerung reißen mich ungewohnte Laute aus meinen Träumen, ein nie zuvor gehörter Gesang.
Die Nachtigall ist aus ihrem Schlaf erwacht.
Fortsetzung folgt
Die Flucht aus dem seltsamen Haus, nach der ich dich zunächst verloren glaubte.
Die Wiederbegegnung mit dir im Fluss, das Errichten unseres Lagers, das Erkunden der Umgebung. Das Verschwundensein des seltsamen Hauses.
Wie wir essbare Pflanzen sammelten, Fische fingen. Uns liebten. Am Tag und in der Nacht. Im Fluss, im Gras, auf der Sandbank.
Das gegenseitige Erforschen unserer Körper, unsere schier unersättliche Neugier.
Die Beschäftigung mit den Fundstücken aus dem Haus. Das Hüten und Versorgen der Nachtigall.
Unsere Zwiegespräche. Deine für mich oft rätselhaften Aussagen über Sinn und Zweck dessen, was uns geschieht und dessen, was wir tun. Über Liebe, Freiheit und Schönheit.
Deine stille Gelassenheit, mein berstendes Glück. Deine Geduld, meine Ungeduld. Deine Zugewandtheit, meine allmähliche Gesundung.
Unsere Verbindung, von der ich gehofft hatte, sie würde ewig dauern.
Dein plötzlicher Tod.
-
Kurz vor Einsetzen der Dämmerung reißen mich ungewohnte Laute aus meinen Träumen, ein nie zuvor gehörter Gesang.
Die Nachtigall ist aus ihrem Schlaf erwacht.
Fortsetzung folgt
Samstag, 7. September 2013
Ende und Anfang 3 (nach dem Traum 18)
Ich benötige zwei volle Tage, um ein Loch auszuheben, das lang und breit und tief genug ist. Du hattest genau diese Verwendungsmöglichkeit für unseren Klappspaten notiert. Ich war darauf gestoßen, als ich einmal heimlich in deinen Notizen geblättert hatte und wünschte nun, ich hätte unsere letzten gemeinsamen Tage frei von der Last dieses Wissens genießen können.
Mein Rücken und meine Arme schmerzen, meine Hände sind voller Blasen, aber jeder körperliche Schmerz ist besser als der andere, tiefere.
Zwischendurch lege ich Pausen ein, unter anderem, um dich zu waschen, dir frische Kleider anzuziehen und dich in Decken zu hüllen, auch dein Gesicht, was mich einige Überwindung kostet, aber notwendig ist, um dich vor den Fliegen zu schützen. Später, in der dunklen Erde, wird du gänzlich ausgesetzt sein, aber hier, im Licht, an der Luft, will ich es noch verhindern.
Mit Hilfe der Decken ziehe ich dich schließlich bis an den Rand deines Grabes. Ich würde dich gerne langsam hinablassen, aber dafür bist du mir zu schwer. Keinesfalls will ich dich hineinrollen, zu groß ist die Gefahr, dass du mit dem Gesicht nach unten zu liegen kämest. Nicht auszudenken!
Schließlich steige ich selbst in die Grube und ziehe dich herunter. Das funktioniert. Stück für Stück rutschst du hinab, gehalten von meinen Beinen auf der einen und der Erdwand auf der anderen Seite. Nachdem es geschafft ist, stemme ich mich wieder hinauf, hocke mich an die Kante oberhalb deiner Füße und betrachte ein letztes Mal dein Gesicht und die Konturen deiner Gestalt unter der Decke. Kaum dass ich dich noch darin finde.
Also bedecke ich dich endlich mit Blättern, zuerst das Gesicht, die Lider, dann den Rest und streue anschließend einen Teppich aus Blüten und Gräsern über dich. Ein paar besonders schöne Steine und Hölzer, die wir im Laufe der Zeit gesammelt hatten, füge ich hinzu. Und bevor ich die Erde aufschütte, beuge ich mich noch einmal hinab, um einen Schmetterling zu befreien, der sich auf einer der Blüten niedergelassen hat.
Es dunkelt bereits, als ich die letzte Schicht Erde auftrage. Ich nehme ein kurzes kühles Bad im Fluss und krieche erschöpft zwischen meine Decken. Hier in der warmen Geborgenheit unseres Nachtlagers, mit dem sanften Abendwind auf meinem Gesicht und dem Sternendach über mir, weine ich zum ersten Mal, seit ich dich auf der Sandbank gefunden habe. Die Tränen rinnen erst leise über meine Wangen, aber als meiner Brust ein tiefer Schluchzer entfährt, kann ich mich nicht mehr halten.
Du fehlst mir so. Was soll nun werden?
Fortsetzung folgt
Mein Rücken und meine Arme schmerzen, meine Hände sind voller Blasen, aber jeder körperliche Schmerz ist besser als der andere, tiefere.
Zwischendurch lege ich Pausen ein, unter anderem, um dich zu waschen, dir frische Kleider anzuziehen und dich in Decken zu hüllen, auch dein Gesicht, was mich einige Überwindung kostet, aber notwendig ist, um dich vor den Fliegen zu schützen. Später, in der dunklen Erde, wird du gänzlich ausgesetzt sein, aber hier, im Licht, an der Luft, will ich es noch verhindern.
Mit Hilfe der Decken ziehe ich dich schließlich bis an den Rand deines Grabes. Ich würde dich gerne langsam hinablassen, aber dafür bist du mir zu schwer. Keinesfalls will ich dich hineinrollen, zu groß ist die Gefahr, dass du mit dem Gesicht nach unten zu liegen kämest. Nicht auszudenken!
Schließlich steige ich selbst in die Grube und ziehe dich herunter. Das funktioniert. Stück für Stück rutschst du hinab, gehalten von meinen Beinen auf der einen und der Erdwand auf der anderen Seite. Nachdem es geschafft ist, stemme ich mich wieder hinauf, hocke mich an die Kante oberhalb deiner Füße und betrachte ein letztes Mal dein Gesicht und die Konturen deiner Gestalt unter der Decke. Kaum dass ich dich noch darin finde.
Also bedecke ich dich endlich mit Blättern, zuerst das Gesicht, die Lider, dann den Rest und streue anschließend einen Teppich aus Blüten und Gräsern über dich. Ein paar besonders schöne Steine und Hölzer, die wir im Laufe der Zeit gesammelt hatten, füge ich hinzu. Und bevor ich die Erde aufschütte, beuge ich mich noch einmal hinab, um einen Schmetterling zu befreien, der sich auf einer der Blüten niedergelassen hat.
Es dunkelt bereits, als ich die letzte Schicht Erde auftrage. Ich nehme ein kurzes kühles Bad im Fluss und krieche erschöpft zwischen meine Decken. Hier in der warmen Geborgenheit unseres Nachtlagers, mit dem sanften Abendwind auf meinem Gesicht und dem Sternendach über mir, weine ich zum ersten Mal, seit ich dich auf der Sandbank gefunden habe. Die Tränen rinnen erst leise über meine Wangen, aber als meiner Brust ein tiefer Schluchzer entfährt, kann ich mich nicht mehr halten.
Du fehlst mir so. Was soll nun werden?
Fortsetzung folgt
Freitag, 6. September 2013
(in Klammern)
(Wann und warum habe ich mich in diese* Klammern gesetzt?)
(Habe ich es noch zeitig genug bemerkt, um ...?)
(*(Wann und warum habe ich angefangen, für Leser zu schreiben?))
(12:16 Uhr, Nachtrag: Woraus bestehen eigentlich diese Klammern?)
(Habe ich es noch zeitig genug bemerkt, um ...?)
(*(Wann und warum habe ich angefangen, für Leser zu schreiben?))
*
(12:16 Uhr, Nachtrag: Woraus bestehen eigentlich diese Klammern?)
Donnerstag, 5. September 2013
Ende und Anfang 2 (nach dem Traum 17)
Der rot gefärbte Stein dein ins Nirgends gerichteter Blick dein Kopf der unnatürlich weit nach hinten fällt als ich dich an den Schultern hochziehe dein schlaffer Leib dein ungeheures Gewicht der weite Weg zurück zum Schlafplatz die Schleifspur die wir hinterlassen die Taubheit meiner Arme der Fluss die Wiese die Sonne der Baum die Nachtigall die Fundstücke unsere Dinge unser Platz die Nacht lange vor Einbruch der Dunkelheit dieser Tag dieser nicht enden wollende Traum
Fortsetzung folgt
Fortsetzung folgt
Mittwoch, 4. September 2013
Ende und Anfang 1 (nach dem Traum 16)
Als ich am Morgen aufwache, liegst du nicht neben mir. Das ist nicht ungewöhnlich. Seit die hungrige Hitze unserer ersten Wochen nachgelassen hat, unternimmst du fast täglich Spaziergänge im frühen Dämmerlicht. Um diese Tageszeit liegt ein besonderer Schimmer auf dem Fluss, sagst du, ein Funkenspiel, das deine Seele berührt und von etwas kündet. Von was, möchte ich lieber nicht wissen, deshalb frage ich nicht, und du erzählst mir nicht unaufgefordert davon.
Obwohl ich also den leeren morgendlichen Platz an meiner Seite kenne, lässt er heute mein Herz den Takt wechseln. Das muss daran liegen, dass ich mich nach der recht kühlen Nacht gerne ein wenig an deiner Haut gewärmt hätte. Ja natürlich, nur daran liegt es, Herz, sei ruhig.
Ich schlage die Decken zurück und richte mich auf, lasse meinen Blick bis zur nahen Flussbiegung schweifen. Du bist nicht zu sehen. Ein Blick auf die Nachtigall, sie schläft noch immer, nichts anderes habe ich erwartet.
Ich recke und dehne meine Glieder, schlüpfe in die Schuhe und schlendere am Ufer entlang, streiche mit den Fingern durch die hohen, taubenetzten Gräser, lausche dem Vogelsang. Irgendwann wird unsere Nachtigall das schönste Lied von allen anstimmen, davon bin ich überzeugt.
Ich lasse mir Zeit, beuge mich hin und wieder hinab, um einen flachen Stein aufzuheben und ihn übers Wasser springen zu lassen. Es will mir heute nicht gelingen, jedesmal versinken sie nach dem ersten Auftreffen.
Dann entdecke ich dich.
Natürlich hast du diese Stelle aufgesucht! Handelt es sich doch um einen unserer Lieblingsplätze im Fluss. Der ist hier ganz seicht, man sieht bis auf den Grund und kann die Stichlinge beim Herumflitzen beobachten. Sein Lauf beschleunigt sich um eine Sandbank herum, auf der wir uns häufig sonnen, das Gurgeln des Wassers und das Sirren der Luft im Ohr.
Du liegst ausgebreitet auf dem Rücken, die beschuhten Füße im Wasser, den Kopf auf einen Stein gebettet. Wie unbequem, denke ich, bevor mein Herz erneut den Takt wechselt und ich in die Knie gehe, weil mich eine plötzliche Schwäche erfasst.
Die Welt hält kurz inne, zu kurz, schon muss ich wieder in die Höhe und einen Fuß vom Ufer hinüber auf die Sandbank setzen, den zweiten folgen lassen, neben dir erneut in die Knie gehen.
Wie schön du bist, fährt es mir durchs Herz.
Fortsetzung folgt
Obwohl ich also den leeren morgendlichen Platz an meiner Seite kenne, lässt er heute mein Herz den Takt wechseln. Das muss daran liegen, dass ich mich nach der recht kühlen Nacht gerne ein wenig an deiner Haut gewärmt hätte. Ja natürlich, nur daran liegt es, Herz, sei ruhig.
Ich schlage die Decken zurück und richte mich auf, lasse meinen Blick bis zur nahen Flussbiegung schweifen. Du bist nicht zu sehen. Ein Blick auf die Nachtigall, sie schläft noch immer, nichts anderes habe ich erwartet.
Ich recke und dehne meine Glieder, schlüpfe in die Schuhe und schlendere am Ufer entlang, streiche mit den Fingern durch die hohen, taubenetzten Gräser, lausche dem Vogelsang. Irgendwann wird unsere Nachtigall das schönste Lied von allen anstimmen, davon bin ich überzeugt.
Ich lasse mir Zeit, beuge mich hin und wieder hinab, um einen flachen Stein aufzuheben und ihn übers Wasser springen zu lassen. Es will mir heute nicht gelingen, jedesmal versinken sie nach dem ersten Auftreffen.
Dann entdecke ich dich.
Natürlich hast du diese Stelle aufgesucht! Handelt es sich doch um einen unserer Lieblingsplätze im Fluss. Der ist hier ganz seicht, man sieht bis auf den Grund und kann die Stichlinge beim Herumflitzen beobachten. Sein Lauf beschleunigt sich um eine Sandbank herum, auf der wir uns häufig sonnen, das Gurgeln des Wassers und das Sirren der Luft im Ohr.
Du liegst ausgebreitet auf dem Rücken, die beschuhten Füße im Wasser, den Kopf auf einen Stein gebettet. Wie unbequem, denke ich, bevor mein Herz erneut den Takt wechselt und ich in die Knie gehe, weil mich eine plötzliche Schwäche erfasst.
Die Welt hält kurz inne, zu kurz, schon muss ich wieder in die Höhe und einen Fuß vom Ufer hinüber auf die Sandbank setzen, den zweiten folgen lassen, neben dir erneut in die Knie gehen.
Wie schön du bist, fährt es mir durchs Herz.
Fortsetzung folgt
Montag, 2. September 2013
Etwas regt sich ...
Da ist einer, der wird sich schlafen legen. Für die längstmögliche Zeit.
Da sind zwei, die werden aufwachen. Die eine wird singen, die andere staunen.
Da ist eine Welt, die wird sich weiterdrehen. Man könnte ihr Ungerührtheit attribuieren, würde damit aber nur zeigen, dass man nichts begriffen hat.
Da ist eine Geschichte, die will zuende geschrieben sein, inklusive aller notwendigen Verschweigungen.
Da sind Zeilen, zwischen denen befindet sich ein unerschöpflicher Vorrat an Atemluft.
Da ist eine Schreiberin, die erfährt gerade ein leises privates Glück (und erwähnt das natürlich nur am Rande, da sie sehr auf die Trennung von Persönlichem und Privaten bedacht ist.)
Da ist, wie oben schon gesagt, eine Welt, die ...
Etwas regt sich ...
Da sind zwei, die werden aufwachen. Die eine wird singen, die andere staunen.
Da ist eine Welt, die wird sich weiterdrehen. Man könnte ihr Ungerührtheit attribuieren, würde damit aber nur zeigen, dass man nichts begriffen hat.
Da ist eine Geschichte, die will zuende geschrieben sein, inklusive aller notwendigen Verschweigungen.
Da sind Zeilen, zwischen denen befindet sich ein unerschöpflicher Vorrat an Atemluft.
Da ist eine Schreiberin, die erfährt gerade ein leises privates Glück (und erwähnt das natürlich nur am Rande, da sie sehr auf die Trennung von Persönlichem und Privaten bedacht ist.)
Da ist, wie oben schon gesagt, eine Welt, die ...
*
Etwas regt sich ...