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Sonntag, 4. August 2013

One

Wo ist sie, die Gärtnerin, zu finden, wenn nicht in ihrem Garten?

Die Welt liegt draußen vor dem Tor. Es gibt nur eine. Nicht deine, nicht meine. Nur eine.
Hinterm Tor liegt sie demzufolge also auch, untergräbt und übersteigt den Zaun in beide Richtungen als wäre da nichts.

Aber wo ist sie, die Gärtnerin, denn nun?

Man könnte sagen, sie befindet sich in Zerstreuung und Sammlung zugleich.

Der Garten liegt nicht verlassen, nur unbestellt. Da wachsen grüne Schatten über Wege, es wuchert und platzt und explodiert. 

Und die Gärtnerin wartet. Nicht auf etwas. Auch wartet sie nichts ab. Vielleicht ist warten auch gar nicht das richtige Wort für diesen Zustand, der trotz mangelnder Produktivität kein unbewegter ist. Etwas windet sich in ihr, rankt empor, als glitte eine feingliedrige Hand durch sie hindurch, zärtlich, besänftigend, deutend, weisend. So in etwa.

Will das überhaupt jemand wissen?
Als wenn das die Frage wäre!

Sie sucht die blaue Bank, rodet den Platz um sie herum und lässt sich nieder im Spiel der Licht- und Schattenflecke, dem Gemeinschaftswerk von Blätterdach, Sonne und Wind.

Sie kann sich nicht entziehen, weder dem Hunger, noch dem Überfluss, weder der Gewalt, noch dem Vogelgesang noch dem Schmetterlingsflügelschlag, weder den Schmerzensschreien der einen noch dem Lachen der anderen, weder der Schönheit noch der Hässlichkeit noch den Versuchen, Grenzen zu errichten, weder der Liebe noch dem Scheitern.

Sie besitzt einen Garten. Den Garten umschließt ein Zaun.
Es gibt nur eine Welt.


*






*


Vor einigen Wochen, genauer im Mai, es ist also schon ein Weilchen her, las ich drüben in Claudias Sammelmappe als Reaktion auf einen Artikel zu sexueller Gewalt von einer Kommentatorin, die Claudias Schilderungen nicht nachvollziehen konnte oder wollte, den Satz "Offenbar lebe ich in einer anderen Welt als du".
Dieser Satz beschäftigt mich seither latent. Jede kennt ihn vermutlich aus eigenem Hören und Sagen. Was wir nicht nachvollziehen können, ist nicht unsere Welt und ist mit dieser Formel treffend ausgedrückt. Es gibt aber auch Situationen, in denen zeigt man, wenn man diesen Satz gebraucht, eine schlimme Ignoranz, distanziert sich von Dingen, die einen vielleicht in die Mitverantwortung ziehen könnten, verlagert die Problematik in eine andere, von der eigenen klar abgegrenzte Welt. Schön bequem. Aber nicht allein das, manchmal geht die Aussage auch weiter, meint nicht nur, dass diese Dinge in einer anderen Welt geschehen, sondern sagt aus, dass sie quasi gar nicht geschehen, gar nicht existieren können, weil man sie in der eigenen Welt noch nicht wahrgenommen hat. Das ist schlimm. Richtig schlimm. Es ist verletzend wie eine tiefe Schnittwunde, wie eine mitten durchs Herz gepflügte Furche.
Und es geht ja nicht darum, sich um alles zu kümmern, alles zu verstehen, sich für alles zu interessieren, noch nicht einmal darum, alles zu sehen, aber es geht darum, das, was einem vor Augen geführt wird, wenigstens zu glauben und respektvoll zu der einen Welt gehörig zu erkennen. Das hat etwas mit Würdigung des anderen und seines Erlebens zu tun.
Aber ich hör schon auf, mag mich selbst nicht predigen hören. Nur manchmal wünschte ich mir, wir würden uns alle ein bisschen mehr Mühe geben. Wirklich wahr.

2 Kommentare:

  1. manchmal aber sind predigten notwendig. wirklich wahr. es geht um auseinandersetzung, statt herabsetzung, oder leugnung. ich fürchte, daran kann man nicht oft genug erinnern.

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    1. Genau das, die Herabsetzung und Leugnung, die in dem Kommentar steckten, empfand ich als das Schlimme. Ignoranz lässt einen manchmal so ohnmächtig zurück.
      (Trotzdem predige ich nicht gerne. ;-))

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