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Montag, 11. Februar 2013

Winter, kein Frühling in Sicht

Wie kann man denn aufrichtig schreiben, wenn manche Dinge nicht öffentlich werden sollen, wenn nicht jede Befindlichkeit zur Begutachtung vorgelegt werden will. Wenn aber doch jedes Wort, jeder Satz mitten durch einen hindurch muss, wenn da kein Weg dran vorbei führt. Wenn man sich selbst einfach nicht links liegen lassen, nicht umschiffen kann. Wie kann man dann schreiben? Zum Beispiel ein Frühlingsgedicht -


Es gibt kein helleres Lied (Frühlings-Pantun)

Verborgen unterm Eis
ein keimender Wille
es gibt kein helleres Lied
sing du mir von Aufbruch

ein keimender Wille
geschlossen und stumm
sing du mir von Aufbruch
deine Zunge ein Vogel

geschlossen und stumm
zu gebärende Wonne
deine Zunge ein Vogel 
lass sie frei

zu gebärende Wonne
verborgen unterm Eis
lass sie frei
es gibt kein helleres Lied


-, das einer adäquaten Stimmung entsprang, aber nicht fertig wurde und deshalb im Entwurfordner landete, und nun ist die Stimmung eine ganz andere, und man möchte dieses Gedicht überarbeiten, aber nichts passt. Aus Wonne wird Frösteln und aus sprießenden Keimen ein innerer Rückzug. Jedes erwachende Wort zieht sich Schürfwunden zu auf seinem Weg in die Tastatur. 
Soll ich den Papierkorb leeren und zeigen, was alles darin gelandet ist? Lieber nicht.

Ich finde das Gedicht weder schlecht noch gelungen. Es ist unfertig, ich merke deutlich, dass ihm etwas fehlt, wovon ich dachte, es seien die passenden Worte und Wörter. Die sind es auch, aber dass sie sich nicht einstellen wollen, liegt an meiner veränderten Stimmung. Ich kann diesen Text nicht (mehr) nachempfinden, ja, er klingt teilweise wie Spott in meinen Ohren. Helleres Lied, Aufbruch, Vogel, frei - pff!
Über Scherben könnte ich schreiben, über stillstehendes Blut, über eine im Kern tiefgefrostete Welt. (Sollte ich vielleicht tun.)

Vor drei Jahren habe ich schonmal ein Frühlings-Pantun geschrieben, damals gereimt. Es hatte etwas Fedrigleichtes, Beschwingtes, das mir noch heute gefällt.
Diesmal sollte (wollte) der Schwerpunkt auf der Kraft und der Unbändigkeit des sich Bahn brechenden Frühlings liegen, so jedenfalls entstand die Rohform vor zwei Wochen (die oben schon stark bearbeitet ist). Außerdem wollte ich keine Reime, die wären mir irgendwie zu lieblich.
Jedenfalls habe ich selbst diese Kraft in mir gespürt und wie sie heraus will. Und plötzlich ... Alles dahin ...

*seufz*

Tieftiefster Winter.
Und eine Kehrtwende mitten auf der Schwelle. Tür zu, Heizung an.

(Das ist kein Zustand? Doch, das ist es!)

4 Kommentare:

  1. Ich möchte die Hand ausstrecken und sagen: "Komm." "Wohin?" "Raus." Aber ach - ich weiß, wie´s ist, wenn sich die Vorhänge schließen und nicht aufziehen lassen. Irgendwo jedoch ist immer ein Spalt, durch den ein Lichtstrahl einfällt. Und manchmal hilft es, mit der Hand den dicken Stoff zu ergreifen, der alles verdunkelt. Denn er ist auch fest und warm und gelegentlich samtig. Stelle ich mir vor. Es ist immer anders. Bei andern.
    Vielleicht kannst du drinnen, wo der tiefe Winter kühlt, ein Feuer entzünden. Vielleicht glimmt es zu Anfang nur.

    Alles Liebe
    M.

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    1. Liebe Melusine,
      hab ganz herzlichen Dank für Deine einfühlsamen Worte. Du hast damit etwas in mir berührt. Danke!
      Iris

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  2. Wer spricht von Leeren- von Zeit zu Zeit etwas aus dem Papierkorb....kleine Perlen, wie dieses Gedicht!

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    1. Mein Entwurfordner quillt über, im Grunde ist er ein einziger Papierkorb. Manchmal passt etwas plötzlich nicht mehr und irgendwann doch wieder, evtl. leicht verändert, manches bleibt auf ewig Entwurf, vielleicht weil es zu sehr von meiner Wirklichkeit abweicht und eher eine - teils peinliche - Illusion beschreibt. Ich will aber aufrichtig sein im Schreiben, was nicht heißt, dass es immer um mich gehen muss.
      ...
      Hab Dank, liebe Sonja.

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