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Montag, 23. Januar 2012

Azur

Da drehen sie sich, eingemeißelt in ihre Abläufe. Zwischen dichten Brauen schnappen ihre Hirne nach Luft. Kommen sie vor einem Fenster zum Stehen, stürzen sich ihre Blicke hinaus, ins Azur. Dann schwappt das Meer in ihren Brand, dass es zischt und dampft. Bis sie in die Hände klatschen und die Ähnlichkeit eines Lachens durch die Gänge holpern lassen. 
Es ist kompliziert, hören wir sie stündlich sagen. Den Konjunktiv vermeiden sie, das wäre ja ... da könnte doch ... Trotzdem sind sie gegen alle Eventualitäten versichert. Nur nicht gegen das Azur vor den Fenstern. Und ihre Blicke lassen sich nicht halten. Und der Brand in ihnen schreit nach Meer. 
Des Nachts liegen sie lange wach in ihren Sälen und schicken ihre Augen zum Spazierengehen an die Decke. Da erlauben sie sich was. Da ereignet sich was. Da geschieht ein Aneinander und ein Ineinander. Da ...
Im letzten Augenblick stopfen sie die Finger in die Ohren, denn ihre Seufzer, die ertragen sie nicht. Und die fernwehen Füße wickeln sie fest in ihre Bettdecken, denn da war und wird kein Strand. Nie.
Dann schlafen sie und können sich nicht länger halten gegen die Farbe ihrer Träume, die immer dieselbe ist, und in die sich die ganze Welt stürzt und sie mittendrin.

7 Kommentare:

  1. Am besten gefallen mir die 3 letzten Absätze:Aneinander und Ineinander, fernwehe Füße. Nun kann ich mir meine eigenen Gedanken machen über Bürokraten, Spießer und Hasenfüße. Aber auf jeden Fall hast du mir gezeigt, dass man den richtigen Inhalt auch in die richtige Form packen kann.

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    1. Eine interessante Interpretation. Gefällt mir. Danke!

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  2. Das ist sehr schön. Erinnert mich ein wenig an Ilse Aichinger.

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    1. Inspiriert wurde ich durch das A in Ihrem Blog. Ich suchte nach Lieblingswörtern mit diesem Anfangsbuchstaben, blieb beim Azur hängen, und so ergab eins das andere.
      (A wie Aichinger? Hm...)

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  3. Das ist ja wunderbar. Darüber freue ich mich sehr.

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  4. Als lebten sie (wie wir?) in einem Sanatorium, aus dessen gesundgläubigen Sälen sie sich fortsehnten (wie wir?) in aufschäumende Träume (wie wir?). Denn sie, die anderen, das sind doch immer auch wir, gefangen in Abläufen, durch immergleiche Gänge gehend, wo die Eventualitäten rar und die Gefahren klein, die Luft lau und die Wände grau sind.
    ---Das ist schön: fernwehe Füße...
    laufen fort und fort...
    Wer sich nicht in die Welt fallen lassen will, in dessen Träume wird die Welt stürzen?

    Ein vielschichtiger Text, der weit vorträgt...Azur(n).

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    1. Liebe Melusine, so etwas Sanatoriumähnliches hatte ich tatsächlich vor Augen; und diese anderen, die wir da betrachten - könnte gut sein, dass wir, wenn wir näher herantreten, mit unseren Nasen ans Spiegelglas stoßen. Das wäre ein Schreck!
      Und so wird aus der Betrachtung eine (Selbst)Reflexion.
      Ja, ich glaube, dass unsere Träume uns eines Tages einholen, wenn wir sie nicht ernst nehmen; dass sie sich nicht auf Dauer kontrollieren lassen.
      Danke für Deinen Kommentar!

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