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Road to Anywhere (Roadmovie)

für Peter, meinen besten Freund, damals ...  ("Twas in another lifetime ...")



1 Abzweigung

Ich nahm die Abzweigung vor der Ausfahrt, die auf der Karte markiert war. Warum? Keine Ahnung. Aus einer Laune heraus, aus Lust, aus Trotz, aus wasweißich. 
Die Straße endete dort, wo der weiße Rand der Karte begann. Der Pfeil dort sagte: Weiter auf S. 147, aber der Straßenatlas ging nur bis Seite 146. Ich stieg aus. 

"Hallo, Alice!", hörte ich jemanden rufen. Mit einer sehr piepsigen Stimme, so dass ich unwillkürlich auf den Boden sah, denn ich erwartete ein kleines Wesen als Besitzer dieser Stimme. 

Ich erblickte zwei Füße, schätzungsweise Schuhgröße 58, allerdings ohne Schuhe, sondern in, ich glaube natürlichem, Fellkleid. 
Ich ließ den Blick über noch mehr Fell, über wahnsinnig viel weißes, kuscheliges Fell hinaufwanden. In Augenhöhe ein paar große, runde Augen. 

"Awww!", machte mein innerer aufs Kindchenschema abfahrender Urmensch. 

"Hi, ich find's voll schön, dass du mal vorbeikommst", piepste mein Gegenüber. 

Ich wedelte mit der Karte: "Das hier ...", ich beschrieb einen weiten Bogen mit dem Arm, "... ist da drin...", ich tippte auf die Karte, "... nicht verzeichnet." 

"Schon klar, gibt's aber trotzdem.", sagte das Fellbündel, drängte sich an mir vorbei, öffnete die Beifahrertür meines Wagens und ließ sich auf den Sitz plumpsen.

"Was wird das denn jetzt?", fragte ich. 

Es drückte auf die Hupe, mehrmals, schloss die Tür, kurbelte das Fenster runter und sagte: "Drehen wir 'ne Runde? Och bittebittebitteeeeee! Mit Radiooo!!!!!"

Ich stieg ein und sagte: "Das Radio ist kaputt, aber ich habe ein Mixtape." 

Dann fuhren wir los.











2 The Time Has Come ...

"Ich bin übrigens Mario", sagte er. Der Fahrtwind blies ihm das Fell aus dem Gesicht und Tränentröpfchen aus den Augenwinkeln. Er hatte sich genüsslich im Sitz zurückgelehnt, streckte die Pfote aus dem Fenster, Wellenbewegungen im Rhythmus der Musik in die Luft schreibend.
Eine romantische Situation, wäre sie nicht so im tiefsten Sinne absurd.
"Hey, ich kann deine Gedanken lesen, pass besser auf!", rief Mario und grinste. Dann zog er eine Taschenuhr aus seinem Fell. "Keinen Moment zu früh", sagte er.
"Wofür zu früh? Was meinst du?", fragte ich. 
"Lalalalalala, wofür zu früh, das sag ich nü, was meinst denn du, frag doch den Schuh, lalalalalala", sang Mario albern vor sich hin. Dann lachte er, quiekend wie ein Meerschweinchen.
"Da vorne links abbiegen!", befahl er und ich folgte.
Wir durchquerten ein Tor, holperten etwa 200 Meter einen verschlungenen Feldweg entlang und hielten schließlich vor einem breiten, etwas schiefen Farmhaus. Eine Veranda zog sich um das Haus herum. In einem Schaukelstuhl saß ein Walross und rauchte Pfeife.
Mario war bereits aus dem Auto gehüpft. "Bleib sitzen, alter Freund!", rief er dem Walross zu, das aber sowieso keine Anstalten machte, sich zu erheben. Und zu mir gewandt meinte er: "The time has come to talk ..."

Tja, was soll ich sagen? Ich kletterte ebenfalls aus dem Wagen, stieg die Stufen zur Veranda empor und begrüßte das Walross. Dann nahm alles seinen Lauf. Wir erzählten und erzählten und erzählten ... of many things: Of shoes and ships and sealing-wax, of cabbages and kings and why the sea is boiling hot and whether pigs have wings *.

Es war .... uff .... es war dermaßen .... voll .... es war unglaublich, phantastisch .... es war total irre, was ich zu hören bekam und erst recht, was ich von mir gab, als Erinnerung ausgab! ... unfassbar gute Geschichten, die besten meines Lebens ..... es war einfach .... puh ....

Danach fuhren wir weiter. "Yep!", rief Mario mit seiner piepsigen Stimme und klopfte sich auf die Schenkel. Dann: "Hey, machste mal die Musik wieder an."
Und der Fahrtwind nahm uns erneut in seine starken Arme.




* aus Through the Looking-Glass and What Alice Found There (1871) von Lewis Carroll



3 Der Carpainter

Von meinem Mixtape erklang Tim Hardin, die Woodstockfassung.




Mario sang lauthals mit: " If I were a carpainteeeer and you were a laaaadyyyy ...".

"Das heißt nicht carpainter sondern carpenter", korrigierte ich ihn.

"Quatsch", sagte er und sang weiter, um sich gleich darauf nochmal zu unterbrechen: "Garantiert kennste den sowieso nicht."

"Wen?" fragte ich.

"Na, den Carpainter", Mario rollte mit den braunen Kulleraugen, "den Freund vom Walross."

"Nö, den kenne ich tatsächlich nicht. Aber unabhängig davon: Im Song heißt es carpenter - Zimmermann und nicht carpainter - Automaler, so'n Blödsinn." Zur Bekräftigung drückte ich zweimal auf die Hupe.

"Da vorne dann rechts", meinte Mario trocken. "Gleich hinterm Schrottplatz und durch bis zu dem Schild, auf dem dreimal-darfste-raten-was steht. Na? Na??? Genau!" Er lehnte sich zufrieden zurück, ein freches Grinsen im Gesicht.

Nachdem wir ein Stück neben der Umzäunung des Schrottplatzes langgerumpelt waren. stießen wir tatsächlich auf einen Torbogen, in dessen Wölbung ein Pappschild baumelte. 
"C A R P A I N T E R" war in großen bunten Buchstaben daraufgemalt.
Wir rollten auf einen Hof und ich kam mit quietschenden Bremsen zu stehen.Fast wäre ich in einen Farbeimer gefahren.

"Hey, Kumpel!", kreischte Mario aus dem Autofenster. Ein Mann kam hinterm Haus hervor, barfuß und in Latzhose, in der einen Hand einen Farbtopf, in der anderen einen riesigen Pinsel. Mit dem winkte er uns zu und malte dabei einen Bogen aus tropfendem Sonnengelb in die Luft.

"Mario, alter Hase! Schön, dich zu sehn. Wen haste denn da mitgebracht?"

"Das ist Alice, sie ist neu hier in der Gegend, kennt sich noch nicht so aus. Wollte übrigens auch nicht glauben, dass du'n Carpainter bist."

Der Latzhosenmann wandte sich mir zu. "Ach, nee?" Ich bemerkte noch das Blitzen in seinen Augen, hob den Arm, machte den Mund auf, um etwas zu sagen, da hatte er bereits einen fetten gelben Tupfer auf die Motorhaube meines Wagens gemalt. "Kannst dir noch aussuchen, obs 'ne Sonne oder'n Spiegelei oder'n Gänseblümchen werden soll. Hab alles dafür da." Er grinste. Ich war erstmal sprachlos.

Hilfesuchend drehte ich mich zu Mario. Der beachtete mich gar nicht, sondern plauderte drauflos: "Schönen Gruß vom Walross. Da waren wir eben. Hatten 'ne tolle Erzählrunde. Weißt ja, wie das läuft. Und dann lief eben dieses Lied auf Alices Mixtape, dieses: If I where a carpainter ..., und da meint sie doch glatt, ich verstünde das falsch und es gäbe dich gar nicht. Naja, jetzt weiß sie Bescheid." Und wieder hatte er dieses freche Grinsen im Gesicht.

"Und?", fragte der Mann mit der Farbe, an mich gewandt.

"Was, und?", fragte ich zurück.

"Na, Sonne oder Spiegelei oder Gänseblümchen?"

Ich seufzte. Mario strich mir übers Haar: "Lass mal Musik laufen, dann ist alles gaaanz easy."

Das machte ich. Und das war es dann auch: Gaaanz easy. Der Carpainter holte Getränke und ging anschließend seiner Arbeit nach. Mario und ich lagen im Gras und sahen zu.

Drei Malzbier später und nachdem die Farbe einigermaßen getrocknet war, fuhren wir weiter. Auf der Motorhaube brutzelte ein überdimensionales Spiegelei (wenn schon, denn schon) im Abendrot. Für die Beifahrertür hatte Mario sich ein goldenes Herz mit rotem Pfeil durch gewünscht und auch bekommen.







4 Dust in the Wind

Wir fuhren weiter und weiter, irgendwann hüllte uns die Dunkelheit ein mitsamt ihrer freundlichen Ruhe. Wir hatten schon ein Weilchen nichts mehr geredet, trieben einfach dahin im Soundtrack des Mixtapes und vorbei an nächtlich beleuchteten Flecken. Der hereinströmende Fahrtwind kühlte uns ab, irgendwann kurbelten wir die Fenster hoch.

"So langsam könnte ich ein Bett gebrauchen", unterbrach ich schließlich die Stille.

Mario gähnte. "Wir sind gleich da."

Und tatsächlich erkannte ich kurz darauf die Stelle wieder, an der ich am Morgen die Abzweigung genommen hatte. Aus einer Laune heraus, nichts ahnend. Und dann dieser Tag ...

Ich stellte den Wagen ab und Mario lud mich in seinen Bau ein. Gemütlich war's da, lauter Ecken, in denen sich gut rumlümmeln ließ. Alles wirkte so einladend, als habe er regelmäßig Gäste. 
Er führte mich in ein kleines Zimmerchen, da stand ein frisch bezogenes Bett. Es duftete nach Heu, auf dem Nachttisch lagen ein paar angeknabberte Möhrchen. "Tschuldigung", murmelte Mario, und räumte sie weg. "Das Bad ist gleich da vorne und durch die Küche sind wir reingekommen. Der Kühlschrank ist voll, falls du was brauchst. Und jetzt gute Nacht, ich bin echt müde." Er umarmte mich fest und drückte mir einen feuchten, fellkitzelnden Kuss auf die Wange. "Schlaf gut, Alice. Und merk dir deine Träume. Morgen will ich wieder Geschichten hören."

Ich ließ mich in die weichen Kissen sinken und fiel sofort in tiefen Schlaf. Nichts Bad, nichts Kühlschrank. Nur Schuhe aus und ab ins Bett, hinüber in die andere Welt.

Ich spazierte auf einer überdimensionalen Karte, irrte zwischen Häuserschluchten umher, lief im Kreis, blickte immer wieder auf die Uhr und suchte zunehmend verzweifelt nach dem Weg. Das Problem war: Ich hatte mein Ziel vergessen. Jedesmal, wenn es kurz wieder aufblitzte in meinem Kopf und ich einen Passanten befragen wollte, entwischte es mir noch während ich ein einleitendes "Entschuldigung, können Sie mir vielleicht sagen, wie ..." formulierte.
Plötzlich kamen Stimmen aus dem Off, erst eine, dann immer mehr, anschwellend zu einem Chor. Sie sangen: "Duhuhu, wohin willst duhuhu, frag deinen Schuhuhuh, der sagt's dir schubidu ..."
Ich war genervt, fühlte mich auf den Arm genommen, wäre viel lieber in den Arm genommen, musste schmunzeln angesichts dieses, wie ich fand gelungenen, Wortspiels, war dann sauer, weil ich schmunzeln musste, wie unangemessen in dieser ernsten Lage, wusste doch selbst nicht, ach, mir taten die Füße weh, alles war doof ...
Ich ließ mich zu Boden sinken, an eine Hauswand gelehnt und riss den nichtsnutzigen Ortsplan in tausend kleine Fetzen, streute diese hoch in die Luft. Sie regneten zu Boden und lockten mehrere Tauben an, die aber schnell enttäuscht wieder davonflatterten, genauso an der Nase herumgeführt wie ich.
Mich überkam eine unbändige Lust zu weinen. Ich taxierte kurz meine Umgebung, die vorbeihastenden Menschen und beschloss, meinen Tränen freien Lauf zu lassen ...

Ich erwachte, weil ich niesen musste. Etwas kitzelte mich in der Nase, klebte an meinem tränennassen Gesicht. Ich schlug die Augen auf und blickte in dichtes weißes Fell. Mario hielt mich im Arm und wiegte mich sacht. "Ich dachte mir schon sowas", flüsterte er mir, so sanft er es mit seiner piepsigen Stimme vermochte, ins Ohr. "Lass laufen, Liebes." Und ich ließ laufen ...







5 Wartet denn jemand auf dich?


(Tja, Alice, wie kommst du jetzt wieder raus aus der Geschichte, hm?)

*

Irgendwann schlief ich wieder ein und wachte erst auf, als die Sonne bereits hoch am Himmel stand. Meine Zimmertür öffnete sich einen Spalt und Mario steckte die Nase herein. Als er sah, dass ich die Augen offen hatte, stieß er die Tür weit auf und kam mit einem Tablett herein.

"Tadaaaa!", rief er und servierte mir ein opulentes Frühstück aus frisch gebrühtem Kaffee, noch warmen, duftenden Brötchen und jeder Menge Obst und Gemüse. Bis auf den Kohlkopf verputzte ich alles, ich hatte einen Bärenhunger.

"Danke, Mario, wirklich: Vielen, vielen Dank. Für alles." Ich drückte seine Pfote und er strahlte mich an.

"Schon gut, Alice", meinte er. Dann räusperte er sich. "Duhu, wollen wir vielleicht gleich noch 'ne kleine Spritztour machen? War doch schön gestern, oder?"

"Oh ja, das war es!" Die Erinnerung ließ mich schmunzeln. "Aber ich weiß nicht, eigentlich müsste ich weiter. Oder zurück. Oder zumindest ein paar Leuten Bescheid geben, damit sie sich keine Sorgen machen."

"Wartet denn jemand auf dich?"

Ich sah ihm in die Augen. "Ja, schon. Das heißt, ich hoffe es. Oder nein, ich wünschte es, aber ... Ach was, nein, ehrlich gesagt, hm ... Nein, es wartet niemand auf mich. Leider." Ich zuckte mit den Schultern.

"Dann bist du also frei?"

"Tja, so kann man's auch nennen." Ich musste irgendwie verzweifelt geguckt haben, denn Mario wollte mich schon wieder tröstend in die Arme nehmen. "Lass mal", wehrte ich ihn ab, "Ist schon okay. Weißt du was? Ja!"

"Was, ja?"

"Ja, lass uns 'ne Spritztour machen. Du bist zuständig für die Route und ich für die Musik. In Ordnung?"

"Jippieh! In Ordnung!" Mario sprang auf und hüpfte im Zimmer herum. "In Ordnung, in Ordnigung, in Ordnilidelingelung. Juppdiduuuuh!"

Ich holte meine Tasche aus dem Auto, putzte mir die Zähne und zog ein paar frische Klamotten an. Als ich vor die Haustür trat, saß Mario bereits auf dem Beifahrersitz, hatte das Fenster runtergekurbelt und tätschelte das goldene Herz  auf der Tür. "Ist es nicht wunderschön?" Er hüpfte auf dem Sitz rum. "Jetzt komm endlich!", rief er.

"Jaja ... ". Ich stieg ein. "Für heute reicht die Tankfüllung noch", stellte ich fest und startete den Motor. "Welche Richtung?"

Mario deutete auf den Weg, der an seinem Bau vorbei in ein grünes Tal führte. "Erstmal da lang, alles weitere ergibt sich von selbst."









6 Ball der einsamen Herzen

"Fällt dir übrigens was auf?", fragte Mario. 
Wir fuhren auf einer sanft geschwungenen Landstraße.  Alles um uns herum war grün und bunt. Die Luft flimmerte und wehte warm zu den Fenstern herein. 

"Was soll mir auffallen?", fragte ich zurück und musterte ihn von oben bis unten.

"Da draußen, meine ich. Sieh mal genau hin."

Ich hielt am Straßenrand und ließ meinen Blick über die Wiesen schweifen, die uns von allen Seiten umgaben. Das hohe Gras  machte rhythmische Wellenbewegungen,  Schmetterlinge flatterten synchron von Halm zu Halm, als folgten sie einer Choreografie, Vögel trafen sich zu einer kunstvollen Flugformation. 
"Alles tanzt", sagte ich,

"Yep!" Mario klatschte in die Hände. "Willkommen zum Ball der einsamen Herzen!"

"Was? Wieso Ball der einsamen Herzen? Sieht nicht so aus, als wäre hier irgendjemand allein."

"Ich sprach nicht von allein", sagte Mario, "sondern von einsam. Das ist ein Unterschied."

"Ich weiß", murmelte ich, "ich weiß." 
Aber Mario war schon ausgestiegen und hörte mich nicht mehr. Dann beugte er sich nochmal zu mir herein. "Hast du 'nen passenden Song auf deinem Mixtape?"

"Den habe ich allerdings." Ich spulte das Band ein wenig vor, drehte die Boxen voll auf und stieg ebenfalls aus.

"Komm, wir tanzen mit!", forderte Mario mich auf. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. 


- Liebe Leser_innen, jetzt Video* gucken! Und dazu tanzen. Oder auch nicht. -






"Puh ..." Völlig außer Puste ließ ich mich ins Gras fallen. Mario breitete sich neben mir aus und schnaufte. "Uff, lang nicht mehr so wild abgedanced." Ich lachte und knuffte ihn in die Seite. "Hat echt Spaß gemacht, mein Lieber."

Wir lagen eine ganze Weile einfach nur da, sahen in den Himmel und hingen unseren Gedanken nach. Ich überlegte, wann ich mich das letzte Mal so frei und unbeschwert gefühlt hatte. Es musste ewig her sein. War ich überhaupt noch die, an die ich mich erinnerte? Und war ich jetzt die, die ich mir damals vorgestellt hatte?

"Alice, wollen wir mal weiter?", unterbrach Mario meine Gedankengänge. "Ich krieg langsam Hunger und wüsste da jemanden ... Aber wenn du ..." 

"Nein, schon gut." Ich richtete mich auf. "Du, Mario, warst du eigentlich auch mal jung?"

"Aber natürlich, Alice! Was soll die Frage?"

"Ja, natürlich. Eine dumme Frage, entschuldige!" Ich konnte nicht in Worte fassen, worum es mir eigentlich ging, deshalb stand ich auf, fegte ein paar Grashalme von meinen Kleidern und stieg ins Auto. "Ich bin auch hungrig, und wenn du da jemanden weißt ... Lass uns weiterfahren!"


*


* Hiermit danke ich @Stadtneurotik, die gestern auf Twitter das Video postete, für den Flashback und die daraus entstandene Idee für eine weitere Folge meines Roadmovies. :-)




7 More Than A Feeling

„Wo geht’s lang?"

Wir waren wieder startklar. Mario streckte die Pfote aus: „Einfach weiter geradeaus."

Ich drückte aufs Gas. Wir fuhren ein paar Kilometer schweigend durch die hügelige Landschaft. Das Mixtape lief auch nicht, ich hatte gerade keine Lust auf Musik. 
Keine Ahnung, woher mein plötzlicher Stimmungsumschwung kam. Das eben Erlebte hing mir nach. Auch der gestrige Tag. Ich bewegte mich so selbstverständlich in Marios Welt. Dabei war ich erst gestern früh aus meiner Welt in seine katapultiert worden. Meine Welt, tja, die hing mir auch nach.

„Du, Alice ..."

„Lass mich“, fiel ich ihm ins Wort. Als ich seinen erschrockenen Blick sah, legte ich meine Hand auf sein Knie und versuchte, ihn zu beschwichtigen: „Das ist hier alles so neu für mich. So viel. So ganz anders als alles, was ich bisher kannte. Unser Trip gestern. Deine Freunde. Die Nacht, Ich ...“

„Pst." Diesmal unterbrach Mario mich. „Pst, Liebes. Wir fahren einfach noch ein Stück, okay? Dann essen wir was. Und dann sehen wir weiter, ja?"

„Ja." Ich nickte zur Bekräftigung.

„Wäre Musik okay?"

„Musik wäre okay", sagte ich und schaltete das Mixtape ein.




Fünf Minuten und einen Song später unterbrach ich erneut unser Schweigen: „Mario?"

„Ja?"

„Wie kommt es, dass das Gras hier soviel grüner ist?"

„Grüner als wo?"

„Als in der realen Welt."

Ich spürte Marios Blick auf meinem Gesicht. Er räusperte sich. Ich erwartete eine seiner typischen Marioerklärungen. Als nichts kam, sah ich zu ihm rüber. Seine Kulleraugen schwammen in Tränen.
Ich trat auf die Bremse. „Mario! Was ist los?"

„Du, du ...", er schniefte. "Du glaubst mich nicht."

„Du glaubst MIR nicht", verbesserte ich ihn reflexartig, aber er schüttelte so heftig den Kopf, dass seine langen Ohren um ihn herumflogen.

„Nein, du glaubst MICH nicht und alles um uns herum. Du bist wie die anderen."

„Welche anderen, Mario?"

„Na, die anderen Besucher. Die meisten glauben, sie träumen und wollen sehr bald wieder aufwachen. Keiner hält das hier " – er beschrieb einen großen Kreis mit seiner Pfote – "keiner hält das hier für real."

„Aber ... aber ist es das denn? Ist es denn real, Mario?"

Wieder sah er mich mit seinen tränennassen Augen an. Sah mich lange einfach nur an.

„Mario! Sag endlich: Ist das hier real?"

Er zog die Nase hoch. „Ich hoffe es, Alice. Ich hoffe es sehr."




- to be continued -

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